Sport:Böse Bescherung

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Fürstenfeldbrucks Handballer spielen schon wieder eine "Saison ihres Lebens" und träumen von der zweiten Bundesliga. Dann spricht der Verband eine Strafe aus. Zum Jahreswechsel finden sie sich deshalb plötzlich auf einem Abstiegsplatz wieder

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck/Gröbenzell

Die Bescherung fand vier Tage vor Weihnachten statt. Fürstenfeldbrucks Handballer waren vorbereitet gewesen, gewünscht hatten sie sich gleichwohl nicht, dass ihnen 13 der 22 in der laufenden Drittliga-Saison erspielten Punkte nachträglich wieder weggenommen werden - vom eigenen Verband, dem Deutschen Handball-Bund (DHB). Mittlerweile ist auch die Tabelle korrigiert, von Platz vier - nur einen Punkt hinter dem Spitzenreiter - stürzten die Brucker Panther, wie sie sich nennen, zur Halbzeit der Saison per Funktionärserlass auf Platz 14 ab - einen Abstiegsrang.

Die Bilanz eines sportlich unglaublich erfolgreichen Jahres 2016 nimmt damit eine ebenso unerwartete wie tragische Wendung. Weil ihr Nachwuchsspieler Alexander Leindl laut DHB "kein originäres Erwachsenenspielrecht für den TuS" besaß, sondern lediglich ein an seinen damaligen Verein SC Unterpfaffenhofen gebundenes Doppelspielrecht als A-Jugendlicher (das ihm bis zum 30. Juni 2016 erlaubt hatte, auch für Fürstenfeldbruck eingesetzt zu werden), wurden alle Partien mit dem gerade 19-Jährigen bis 17. November (damals fiel die Sache auf) nun als verloren gewertet. Damit wird für den Rest der Saison aus dem Aufstiegs- ein Abstiegsrennen.

Der Fall ist knifflig, weil er sich auch anders auslegen lässt. Die Frage ist deshalb, wie viel Strafe er verdient? Ist er schwerwiegend genug, um dem Verein die in acht Spielen erzielten Punkte für sechs Siege und ein Unentschieden wieder abzuziehen? Hat das nur sporadisch eingesetzte Nachwuchstalent die Partien tatsächlich maßgeblich beeinflusst? Hat der Verband nicht eine Mitverantwortung, weil ihm die Sache nicht früher aufgefallen ist in Zeiten, in denen Spielberechtigungen computergestützt erfasst sind? "Pointgate" nennen sie die Angelegenheit jetzt beim TuS Fürstenfeldbruck, ein Jurist ist eingeschaltet, das letzte Wort mithin noch nicht gesprochen.

Freunde der Sportart nicht nur im unmittelbaren Umfeld sind aufgebracht. Eine Mannschaft werde "wegen einer unbedeutenden Lappalie massiv geschädigt und um den sportlich fair eingebrachten Lohn gebracht", schreibt der ehemalige TuS-Spieler Christian Wallnitz auf Facebook. "Hier wird ein aufstrebender Verein aus dem Süden durch unprofessionelles Verhalten der Verbandsgremien ausgebremst", schimpft Sponsor Jens Reiche.

Fürstenfeldbrucks Handballer waren gerade dabei, ihre schon im Spieljahr zuvor erlebte "Saison ihres Lebens" noch einmal zu toppen. Anfang Mai waren sie überraschend Drittliga-Zweiter geworden, verzichteten dann aber aus finanziellen Gründen auf die Aufstiegsmöglichkeit. Die Handballerinnen vom benachbarten und befreundeten HCD Gröbenzell wollten die sich ihnen bietende Aufstiegschance indes wahr nehmen. Auch sie hatten ihre Drittliga-Saison im Frühjahr als Zweite beendet, scheiterten dann aber in den Aufstiegsspielen am Konkurrenten aus Kamp-Lintfort. Aber auch in der aktuellen Spielzeit ist für die Gröbenzellerinnen noch alles drin: Sie sind Dritte, nach Minuspunkten sogar punktgleich mit dem Tabellenführer.

Brucks Korbinian Lex beim Einlaufen. (Foto: Günther Reger)

Beide Klubs, TuS und HCD, haben Handball in den vergangenen Jahren im Landkreis zur populärsten Sportart gemacht. Mehr als 10 000 Zuschauer wollten in der Vorjahressaison die Brucker Handballer spielen sehen - Rekord. Auch in diesem Jahr ist die Wittelsbacher Halle regelmäßig rappelvoll. Das Publikum schätzt die Rasanz der Sportart, die vielen Tore, dieZweikämpfe. Selbst das Betreten der Spielfläche wird inszeniert, die Protagonisten laufen bei Kunstnebel und Spotlicht ein, nach jedem Brucker Tor wummert die Musik. Zwischenzeitlich standen Brucks Handballer sogar an der Tabellenspitze. Ob die Euphorie bleibt, wenn es gegen den Abstieg geht? Am 14. Januar geht die Drittliga-Spielzeit für beide Landkreisteams weiter - unter anderen Vorzeichen.

© SZ vom 30.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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