Die von der SPD propagierte Gemeinschaftsschule stößt im Landkreis auch bei anderen Parteien auf Interesse. In Mammendorf sieht Bürgermeister Hans Thurner (Freie Wähler) eine Chance für das Modell der SPD. Ebenso sei ein anderes zweigliedriges Schulsystem vorstellbar, sagte Thurner bei einer Veranstaltung der SPD-Kreistagsfraktion in Mammendorf. Auch Maisachs Bürgermeister Hans Seidl (CSU) beteiligte sich an der Diskussion mit dem Titel "Die Zukunft der regionalen Schulstandorte". In beiden Gemeinden stellt sich derzeit genau diese Frage, die Gründung eines Mittelschulverbundes wurde bereits zum zweiten Mal verschoben.
Während es Thurner darum geht, "Ruhe in die Diskussion zu bringen und Entscheidungen herbeizuführen", forderte sein Maisacher Kollege Seidl ein Umdenken bei Eltern und Lehrern: "Wir müssen in deren Köpfen etwas bewegen." Und Peter Braun (SPD), stellvertretender Landrat, assistierte: "Die Eltern müssen Vertrauen haben, dass der bestmögliche Abschluss angestrebt wird."
Das will die SPD mit dem Modell einer Gemeinschaftsschule schaffen. Sie hält die Idee einer attraktiven und zukunftsfähigen Schulform mit mittlerem Bildungsabschluss für hilfreich, wenn es darum geht, Kinder besser zu fördern und gleichzeitig die Schulstandorte im westlichen Landkreis sichern zu helfen. Bei der gut besuchten Veranstaltung in Mammendorf erläuterte der SPD-Landtagsabgeordnete Martin Güll, was hinter der vom bayerischen Kultusminister Ludwig Spaenle als "Einheitsschule" geschmähten Idee steckt.
Die Gemeinschaftsschule ist keine Erfindung des früheren Markt Indersdorfer Hauptschulrektors Güll, sondern ein in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erfolgreich erprobtes und eingeführtes Mittelschulmodell. Auch in Österreich und Südtirol gibt es solche Schulen - nach allen Erfahrungsberichten scheinen die meisten Pädagogen und Eltern davon begeistert zu sein. Die Vorteile liegen auch für Güll auf der Hand: Die Kinder bleiben lange in einer Schule zusammen, es gibt keinen Wettlauf ums Weiterkommen aufs Gymnasium, die Lehrer haben Zeit, die individuellen Potenziale zu entdecken und die Schüler entsprechend zu fördern.
Es wird nach dem gymnasialen Lehrplan unterrichtet, der jedoch für jeden Schüler angepasst wird. So können alle theoretisch den Realschulabschluss erlangen. Wer das nicht schafft, kann auch den Quali machen, wer leistungsstärker ist, unmittelbar ans Gymnasium wechseln. Wohnortnahe Schulversorgung bedeutet aber auch, dass die Konzepte jeweils regional unterschiedlich sein können und dass der Schülertourismus quer durch den Landkreis vermieden wird.
Die Zuhörer am Montagabend in Mammendorf nahmen die Idee teils mit Wohlwollen, teils mit Skepsis auf. Denn ausprobiert hat das Modell in Bayern bislang noch niemand. Doch die SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Kathrin Sonnenholzner, ist sich sicher, dass es im Wahljahr 2013 die ersten Entscheidungen und das Geld für die neue Schulform geben wird.
Bis dahin dürften die Gemeinden Denkendorf und das benachbarte Kipfenberg am weitesten in der Planung sein. Beide Kommunen führt Güll als Beispiele an, dass sich bayerische Bürger gegen die Verödung der Schullandschaft wehren.
Für SPD-Kreisrat Peter Falk hat die Gemeinschaftsschule Charme, weil sie durch die längere und intensivere Begleitung der Kinder und Jugendlichen "Ressourcen frei legt". Konkret nennt Falk die Jugendhilfe, deren großer Posten den Kreishaushalt bestimmt. Nicht zuletzt aber soll die Gemeinschaftsschule die Schulstandorte auf dem Land sichern. Mit einem entsprechenden Antrag will die SPD im Kreistag erreichen, dass dem Gedanken an eine neue Schulform näher getreten und ein Modellversuch im Landkreis gestartet wird.