Sorge um die Partnerschaften:Dornröschenschlaf

Die Beziehungen von Eichenau zu Scharfenberg leben vom Engagement der Feuerwehrleute. Die Verbindungen zu Budrio und Wischgorod sind abgekühlt und eine Städte-Ehe mit Les Pavillon kommt nicht recht in Gang

Von Erich C. Setzwein

Sorge um die Partnerschaften: Zum Fest anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Partnerschaft mit Budrio richtet Eichenau in der Aula der Starzelbachschule ein Fest aus. Bürgermeister Hubert Jung überreicht Vertretern aus Scharfenstein, Budrio und Wyschgorod Geschenke.

Zum Fest anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Partnerschaft mit Budrio richtet Eichenau in der Aula der Starzelbachschule ein Fest aus. Bürgermeister Hubert Jung überreicht Vertretern aus Scharfenstein, Budrio und Wyschgorod Geschenke.

(Foto: Johannes Simon)

Partnerschaften halten immer nur so lange, wie sich beide Partner auch umeinander kümmern. Das gilt in Ehen, Beziehungen oder anderen Verhältnissen wie in den Partnerschaften von Städten und Gemeinden. So lange es also Menschen gibt, die an Menschen in den anderen Kommunen interessiert sind, sich mit ihnen austauschen, deren Lebensumstände kennen lernen wollen und die Geschichte und Kultur der Gegend als Teil Europas auf- und annehmen, so lange wird eine Städtepartnerschaft aktiv bleiben. Bestehen diese nachbarschaftlichen Beziehungen aber nur noch auf dem Papier, werden gegenseitige Besuche nur noch als Pflichtprogramm abgehakt, haucht eine Städtepartnerschaft bald ihr Leben aus. In Eichenau gibt es Menschen, die sich genau diese Gedanken machen, die Sorge haben um den Fortbestand der einmal eingegangenen Städtepartnerschaften mit dem ukrainischen Wischgorod, dem italienischen Budrio und dem sächsischen Scharfenstein, und die eine lockere Partnerschaft mit dem französischen Les Pavillon-sous-Bois offiziell machen möchten.

Der Gemeinderat hat mit Claus Guttenthaler (CSU) zwar einen eigenen Referenten und einen Jahresetat von 15 000 Euro. Aber den Gedanken der Städtepartnerschaften tragen im Wesentlichen drei Vereine. Dass sie untereinander aber kaum Kontakt haben, dass die Arbeit der anderen kaum bekannt ist, das zeigte sich kürzlich bei einem gemeinsamen Treffen, zu dem die örtliche SPD eingeladen hatte. Zum ersten Mal trafen dabei diejenigen aufeinander, die seit Jahrzehnten jeweils für sich den Austausch mit den Partnerstädten pflegen, die auf eigene Kosten dorthin reisen und Gäste bei sich aufnehmen, wenn diese nach Eichenau kommen. Doch die Aktiven werden älter, junge Leute interessieren sich wenig für die Kulturarbeit, die mit einer solchen Städtepartnerschaft geleistet wird. Als Hauptursache dafür gilt, dass Eichenau selbst nicht über eine weiterführende Schule verfügt, in der ein internationaler Schüleraustausch angeboten werden könnte. Nachbargemeinden wie Puchheim, Gröbenzell, Olching oder Fürstenfeldbruck haben es da leichter.

Pasta und Okarina

Auch wenn nach außen alles so weit in Ordnung zu sein scheint, so richtig glücklich sind die Amici d'Italia, die Italienfreunde um Wolfgang Wind, nicht über die Beziehungen zu Budrio. Die für seine Okarina-Orchester bekannte Stadt, südlich von Bologna gelegen, ist Eichenaus erste Partnerin. In Eichenau ist eine Sporthalle und eine Allee nach dem italienischen Ort benannt. Seit 1991 begegnen sich Deutsche und Italiener, teils bei offiziellen Anlässen, teils bei privaten Besuchen, gerne auch bei Pasta-Essen. Doch die Regelmäßigkeit, in der die Treffen einmal stattfanden, sind laut Wind vorbei: "Es läuft zu wenig." Es sei kein Jugendaustausch zustande gekommen, es gebe "nur Ankündigungen und Absichtserklärungen". Die Hoffnung von einst, eine lebendige Partnerschaft zu pflegen, den Italienern mehr von der oberbayerischen Kultur näher zu bringen als nur den Pflichtausflug nach München, und gleichzeitig mehr über die Gegend um Budrio zu lernen, sei dahin. "Die meisten Kontakte sind nicht geblieben", konstatiert der Vorsitzende des deutsch-italienischen Freundeskreises. Als größtes Problem wurde ausgemacht, dass es in Budrio keinerlei Aktivitäten gibt, die Deutschland betreffen. Auch wenn sich diejenigen, die schon einmal in Eichenau gewesen seien, gerne daran erinnerten, wenn sie darauf angesprochen würden, so Wind, so sei darüber hinaus kein größeres Interesse erkennbar. Doch anderen Kommunen gehe es nicht anders, wusste Wind bei dem ersten Koordinierungstreffen zu berichten: "Germering, Schöngeising, Gilching - es ist mühsam."

Am Dnjepr-Strand

Zu den Ukrainern in Wischgorod unterhält die Gemeinde Eichenau seit 1992 offizielle Beziehungen. Allerdings ist es im Grunde nicht die Stadt Wischgorod, sondern der Rayon, der Landkreis, der an die 30-Kilometer-Sicherheitszone von Tschernobyl angrenzt. Der Kreis hat mehr als 70 000 Einwohner, die Kreisstadt liegt am Dnjepr und hat etwa 27 000 Einwohner. Im Mittelpunkt stand am Anfang die humanitäre Hilfe für die Kinder. 2002 wurde mit Eichenauer Hilfe ein Kinderhaus gebaut. 20 Jahre nach dem Beginn der Freundschaft "ist die erste Phase nun zu Ende", sagte Dieter Berg vom Freundeskreis Partnerschaft Wischgorod. Jetzt beginne langsam der Austausch.

Für sein allerwichtigstes Anliegen hält es der Freundeskreis, die Deutschkenntnisse der Kinder zu fördern. Das gelingt nach Auskunft von Berg recht gut. Denn Deutsch zu können, bedeute in der Ukraine Aufstiegschancen zu haben. Weil deutsche Firmen in der Ukraine investieren, seien für junge Leute mit Deutschkenntnissen gute Jobs in Aussicht. Die Beziehungen seien mehr oder weniger intensiv, es gibt in Wischgorod einen Park der Städtepartnerschaft mit einem Denkmal mit Eichenauer Wappen. Eichenau hat der Partnerschaft einen Wischgorod-Weg gewidmet. Erst kürzlich hat eine Delegation aus Eichenau die Gastfreundschaft der Ukrainer erfahren, wie Claus Guttenthaler berichtete. Im kommenden Jahr soll eine Studentin aus Wischgorod in der Gemeindeverwaltung ein Praktikum machen. "Gelebte Partnerschaft" sei dies, sagte SPD-Gemeinderätin Gertrud Merkert.

Feuerwehrfreunde

Wie aus Hilfsbereitschaft und Geselligkeit Freundschaft wird, macht seit 1993 die Eichenauer Feuerwehr vor. In Scharfenstein in der Gemeinde Drebach sind die Eichenauer Feuerwehrler schon kurz nach der Wende aktiv geworden, als sie den Kameraden im Erzgebirge ein Tanklöschfahrzeug überließen. Ein solches gab es bis dahin nicht in dem kleinen Ort. Die Eichenauer leisteten "Aufbauhilfe", wie Kommandant Achim Schweigstetter, sagte. Mittlerweile haben die Scharfensteiner Feuerwehrleute derart aufgerüstet, dass sie das alte TLF gar nicht mehr brauchen. "Es sind tiefe Freundschaften und persönliche Beziehungen", die laut Schweigstetter die Partnerschaft ausmachen. Wann immer die Feuerwehrleute zusammenkommen, ob im Erzgebirge oder in Oberbayern, stehen gemeinsame Ausflüge auf dem Programm. Sind die Scharfensteiner in Eichenau, geht es nach München zum Stadtbummel, sind die Eichenauer in Scharfenstein, geht es mit der Eisenbahn durchs Erzgebirge. In den jeweiligen Organisationen gebe es einen "Riesen-Rückhalt", alles sei privat organisiert, "wir brauchen keine finanziellen Mittel".

Boule im Park

Noch weit davon entfernt, ein Trägerverein für eine Städtepartnerschaft zu sein, ist der Deutsch-Französische Freundschaftsverein Eichenau (DFFE). Seit 19 Jahren vertiefen die Freunde unter sich ihre Kenntnisse über das Nachbarland. Sie organisieren Vorträge, verfeinern die Sprachkenntnisse und spielen gemeinsam das Französischte aller Spiele - Boule. In Kontakt stehen sie dabei auch mit Freunden in der Stadt Les Pavillon-sous-Bois. Die Nachbarstadt der Fürstenfeldbrucker Partnerstadt Livry Gargan liegt unweit der Hauptstadt Paris, es gebe "aktive Verbindungen" dorthin, wie Helma Karsch berichtete. Leider bis jetzt keine offiziellen, weshalb alle Aktivitäten privat erfolgen und bezahlt werden müssen. "Es sind die Menschen, die die Verträge mit Leben erfüllen", sagte Karsch und bezog sich auf eine Anerkennung dieser inoffiziellen Partnerschaft.

Gertrud Merkert konnte Karsch und die Mitglieder des Freundschaftsvereins nur ermuntern, im kommenden Jahr, wenn der neue Gemeinderat gewählt sei, einen neuen Antrag zu stellen. Gemeinderätin Gabriele Riehl (SPD), die Stellvertreterin von Bürgermeister Hubert Jung (CSU), erteilte einem solchen Ansinnen allerdings schon jetzt eine Absage: "Ich sehe keinen Sinn darin, sich eine weitere Partnerschaft ans Bein zu binden."

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