Situation der Lehrer:Notstand und Überfluss

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Zu Gast beim Liberalen Gesprächskreis der FDP ist Christian Franke, Kreisvorsitzender des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes. (Foto: Carmen Voxbrunner)

BLLV-Kreisvorsitzender erläutert Personallage an den Schulen

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

An den Grund- und Mittelschulen fehlen auch im Landkreis Lehrer. "Der Markt ist wie leergefegt", berichtete Christian Franke, der Kreisvorsitzende des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes (BLLV), beim Gesprächskreis der FDP in Puchheim. Dagegen werden an den bayerischen Gymnasien fast keine Lehrer mehr mit der Fächerkombination Deutsch/Englisch mit Nebenfach eingestellt. "Die Staatsnote liegt bei 1,1", so Franke. "Das sind vielleicht 40 Lehrer für ganz Bayern." Dagegen herrsche bei Mathe/Physik Volleinstellung und auch für die Flüchtlingsübergangsklassen an den Grund- und Mittelschulen werden Lehrer gesucht.

Die Übergangsklassen, inklusive der Berufsschulanfängerklassen, haben sich 2016 in Bayern auf 1100 verzehnfacht. "Jeder Lehrerstudent bis zu einer Note von 3,5 im ersten Examen wird dort angestellt", erklärte Franke, dem 13 FDP-Mitglieder lauschten. In den Anfängerklassen an den Berufsschulen werde in 28 von 30 Wochenstunden Deutsch gelernt. An den Mittel- und Berufsschulen würden die arbeitslosen Gymnasiallehrer gebraucht. Doch denen verlangt das Kultusministerium ein zweites Referendariat bis zu zwei Jahren Dauer ab, wozu kaum einer zu bewegen wäre. Der Lehrermangel an den Grund- und Mittelschulen führt zur dramatischen Ausweitung des fachfremden Unterrichts. Franke: "Im Bereich Werken/Technik beträgt der Unterricht, den fachfremde Personen erteilen, 80 Prozent."

Der Lehrermangel an den Grund- und Mittelschulen hat in diesem Jahr dazu geführt, dass in Oberbayern "60 bis 80 Klassen keinen Klassenlehrer haben", so Franke. An der Wittelsbacher Mittelschule in Germering sei kein Schulleiter zu finden, weil dieser Posten wenig attraktiv sei. "Dreimal hat man dort die Stelle schon ausgeschrieben. Gemeldet hat sich niemand." Ähnliches berichtete Franke von der Puchheimer Mittelschule. Die Misere ziehe sich durch die 45 Grund- und Mittelschulen im Landkreis. Da die Staatsregierung bei den Schulräten einspare, müssten jetzt die Schulleiter auch noch die Beurteilungen ihrer Lehrer für eine mögliche Beförderung verfassen. Der BLLV-Kreisvorsitzende monierte auch die Überlastung der Grundschullehrerinnen. Zweiseitige schriftliche Übertrittzeugnisse und dazu immer ein Elterngespräch bezeichnete er als "enormen Lehrerdruck".

Franke kritisierte auch die Umsetzung der Inklusion, also den gemeinsamen Unterricht für behinderte und nichtbehinderte Kinder, in den Schulen sehr heftig: "Wie beim G8 hat die Regierung wieder schnell, schnell irgendwas gemacht." Alles solle möglichst kostengünstig ohne zusätzliche Mittel ablaufen. Auch sind die Lehrer nicht für den inklusiven Unterricht ausgebildet. "Das gehört in die Grundausbildung der Lehrer mit rein", forderte Franke. Er forderte besonders auch für die Inklusion eine zweite pädagogische Fachkraft im Unterricht. Franke plädierte auch für die Beibehaltung der Förderschulen: "Das ist zwingend erforderlich, denn nicht jedes Kind kann im Rahmen der Inklusion unterrichtet werden."

Beim Thema G8 verteidigte der Redner beim FDP-Gesprächskreis das BLLV-Konzept zum Modullernen in der Mittelstufe. Der BLLV macht sich aber dafür stark, dass die Schüler die Mittelstufe von der siebten bis zur zehnten Klasse wahlweise in vier, fünf oder sechs Jahren absolvieren können. In der zehnten Klasse bekäme jeder Schüler automatisch die Mittlere Reife verliehen.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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