Shoppen in Fürstenfeldbruck:Einkaufsbummel mit Hürden

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Der erforderliche Corona-Schnelltest ist zwar zügig absolviert. Das rechte Shoppingerlebnis mag in den Läden aber nicht aufkommen. Ein Rundgang durch Fürstenfeldbruck führt zu Kunden und Geschäftsleuten, die die Pandemie gemeinsam durchstehen wollen

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Der Hagebaumarkt hat einen kurzen Draht zu einem in diesen Tagen wichtigen Zelt, das sich aber mitnichten im Sortiment des Geschäfts befindet. Ein Kunde erkennt das am Freitagnachmittag erst, als ihn die Mitarbeiterin am Eingang bremst. Sie steht an einer Art Tresen. "Haben Sie einen Corona-Schnelltest?", fragt sie freundlich. "Braucht man so was denn jetzt?", brummelt der Kunde. Ja, man braucht ihn, denn die Siebentage-Inzidenz liegt seit Tagen jenseits der Hundertermarke. Der Kunde aber profitiert davon, dass eines der Schnelltestzentren nur ein paar Meter entfernt auf dem Parkplatz des Baumarkts steht.

Ein Rundgang durch Fürstenfeldbruck zeigt, dass viele Kunden nicht mehr durchblicken angesichts der Regeln, die sich immer wieder ändern. Und dass die Geschäftsleute zwar froh sind, dass überhaupt noch jemand den Laden betreten darf - dass von einem großen Run aber nicht die Rede sein kann.

Ein solcher Rundgang beginnt auch für den Reporter in dem weißen Zelt des Technischen Hilfswerks. Davor hat sich eine Traube von Menschen gebildet. Denn der obligatorische Rachenabstrich ist zwar nach ein paar Sekunden erledigt. Aber es dauert eine Viertelstunde, bis das Ergebnis vorliegt und einem als 24-Stunden-Ticket in die Hand gedrückt wird. "Ist ja fast wie in der Schule", scherzt einer. Denn die Wartenden werden, einer nach dem anderen, namentlich aufgerufen. Gut 170 Menschen haben sich bis kurz vor 14 Uhr testen lassen. So auch Susi Mader aus Puchheim. Sie braucht das Ticket für ein Elektronikgeschäft. Vielleicht schaut sie auch noch beim Baumarkt rein - da bleibe ja auch noch der Samstagvormittag. Recht unkompliziert sei das alles. Nächste Woche muss sie sich erneut testen lassen. Dann werden am Auto die Sommerreifen montiert. Und ohne Testat müsste sie draußen vor der Werkstatt warten.

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Andrea Schuchhardt vom Modegeschäft An&An.

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Julia Zinke, Mitarbeiterin des Schnelltestzentrums.

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Die Schwestern Heidemarie Ruthmann und Ute Lindstädt.

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Schmuckverkäuferin Martina Quirin vom Schmuckland.

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Am frühen Freitagnachmittag warten vor dem Zelt auf dem Parkplatz am Hagebaumarkt viele Bürger auf ihr Testergebnis.

Verständnis haben auch Heidemarie Ruthmann und Ute Lindstädt, die gleich rein zum Baumarkt schauen wollen. Die beiden Schwestern haben kein Handy und können also auch nicht den aushängenden QR-Code einscannen, mit dessen Hilfe die Anmeldung etwas schneller geht. Aber die ganze Prozedur diene halt der Sicherheit, sagen sie. "Ich empfinde das gewiss nicht als Gängelung", so Ruthmann. Dass "Click-and-Meet", also das Betreten der Geschäfte erst nach dem Testen erlaubt ist, das sei verschmerzbar: "Wir müssen halt alle aufeinander aufpassen." Ruthmann hat schon die erste Impfung hinter sich, ihre Schwester hat nächste Woche einen Termin. "Land in Sicht", sagt sie.

So recht will da Manfred Kutter, der Chef des Hagebaumarkts, nicht einstimmen. Er steht im Eingangsbereich. Auf einem Bildschirm wird die Maximalzahl der erlaubten Besucher angezeigt: 297. Und darunter die Zahl der Kunden, die sich gerade im Geschäft aufhalten: 26. Viele Kunden bleiben unter diesen Bedingungen gleich zu Hause, stellt Kutter fest. Es bleibt bei "50 bis 60 Prozent Umsatzeinbruch". Eine Viertelstunde vor der Tür aufs Testergebnis warten - wer will das schon? Aber es hilft ja nichts - man müsse halt das Beste draus machen. Kutter hofft, dass nicht noch die 200er-Marke bei der Inzidenz gerissen wir. Denn dann dürfte gar kein Kunde mehr den Markt betreten.

Bei Andrea Schuchhardt sieht es so aus, als sei schon am Freitag diese Marke gerissen worden. Sie nutzt die Zeit in ihrem Handwerkskunstgeschäft "An&An" in der Pucher Straße zum Staubsaugen. "In den letzten zwei Tagen war es ganz schlecht, heute Vormittag überraschenderweise dann wieder gut." Schuchhardt kontrolliert sehr genau, ob das Testergebnis des Besuchers auch wirklich gültig ist. Immer nur ein Kunde darf den kleinen Laden betreten. Sonst drohen bis zu 5000 Euro, und solche Strafen kann sich zurzeit niemand leisten. Andrea Schuchhardt nimmt es eigentlich recht entspannt. Man kann ja eh nichts dran ändern. Viel Zeit verbringe sie am Telefon, vor allem gibt es großen Erklärungsbedarf über die aktuell geltende Regelung - "die Leute blicken da nicht mehr durch". Immerhin ist ihr Sortiment einigermaßen krisenfest: Geschenke braucht man immer mal wieder. Trotzdem sei es "ziemlich mühsam", die Pandemie als Selbständige durchstehen zu müssen - da ändert auch die erlaubte Öffnung unter Auflagen nichts. "Man verliert halt etwas den Spaß, das nagt an der Motivation." Gleichwohl ist eines klar: "Ich mache trotzdem weiter". Etwas später steht schon wieder eine Kundin vor der Tür.

Die Friseurin im "Hair-Store 7" nebenan hat es besser. Und alle Hände voll zu tun. Das Schild an der Tür weist zwar auf die Hygieneregeln hin, einen Corona-Schnelltest müssen ihre Kunden aber nicht vorlegen. Noch viel mehr Schilder weisen am Jeans Corner schräg gegenüber auf die Lage hin: auf "Call-and-Collect oder Click-and-Collect", auf den kostenlosen Lieferservice, auf den einzuhaltenden Abstand. Und drinnen hängt auf Augenhöhe an einem Kleiderständer der Hinweis, dass hier Mund-Nase-Schutz zu tragen und die Hände zu desinfizieren sind. "Click-and-Meet", das habe noch funktioniert, sagt die Verkäuferin vor dem leeren Laden. Aber seit auch das nur noch mit Test möglich sei, ist der Wurm drin. Deshalb aufgeben? Nein. Augen zu und durch. Aber Spaß macht das nicht.

Sehr ähnlich sieht das die Schmuckfachverkäuferin Martina Quirin. Das ganze "Schmuckland" an der Hauptstraße hat sie gemeinsam mit der Kollegin für sich. Vor allem für die älteren Kunden sei so ein Schnelltest eine hohe Hürde. "Da schimpfen schon einige." Aber wer keinen Test vorweisen kann, der darf nicht rein. Manche schauen sich die Auslagen an und lassen sich ein Schmuckstück nach draußen reichen, aber das ist die Ausnahme. Eheringe kann man natürlich trotzdem abholen, dann aber eben ohne Beratung. Vielleicht wäre ein kurzer, harter Lockdown ja doch die bessere Lösung, sofern anschließend wieder ohne Test geöffnet werden dürfte? Martina Quirin hat auch keine Musterlösung parat. Eines immerhin macht ihr Mut: "Unsere Kunden halten zu uns, die wollen uns unterstützen und eine persönliche Beratung. Deshalb müsse man das jetzt eben "gemeinsam durchstehen".

© SZ vom 17.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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