Serienstart:Fundament für den wirtschaftlichen Erfolg

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Mehr als 1500 Menschen im Landkreis haben sich 2018 selbständig gemacht. Das hat nach Expertenmeinung mit dem gründerfreundlichen Umfeld zu tun. Die neue SZ-Serie "Start-up" stellt junge Unternehmen vor, die sich mit neuen Ideen durchsetzen wollen

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Die Wirtschaft folgt oft einer eigenen Logik. So sind gerade Boomjahre trotz einer steigenden Nachfrage nach Leistungen von Unternehmen schlechte Zeiten für die Neugründung von Firmen. Entsprechend dieser Erfahrung sank im Jahr 2018 laut der Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern (IHK) im Landkreis Fürstenfeldbruck die Zahl der sogenannten Existenzgründungen im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozentpunkte auf 1583. Als Grund für diese Entwicklung nennt die IHK vor allem die gute Konjunktur.

Das klingt paradox, steigen doch mit einer guten Wirtschaftsentwicklung auch die Chancen von neuen Unternehmen, sich auf dem Markt zu behaupten. Michael Steinbauer, Vorsitzender des IHK-Regionalausschusses Fürstenfeldbruck, kann diesen Widerspruch auflösen. "Der Arbeitsmarkt in der Region bietet nahezu Vollbeschäftigung. Damit sinkt erfahrungsgemäß das Interesse an einer unternehmerischen Selbständigkeit", lautet seine Begründung für die Umkehr des Aufwärtstrends der Vorjahre.

Ähnlich beurteilt auch Barbara Magg die Zahlen, die auf Daten des Landesamts für Statistik beruhen. "Ist die Lage am Arbeitsmarkt gut, ist der Druck, sich selbständig zu machen, nicht mehr so stark", sagt sie. Sie verweist darauf, dass der Landkreis nach der Zahl der Unternehmensgründungen in Oberbayern trotz des kleinen Minus seit Längerem eine Spitzenposition einnimmt.

Neue Firmen stehen ebenso wie Start-up-Unternehmen für Innovationen und die wirtschaftliche Dynamik eines Landkreises, da sie das Fundament für dessen künftige wirtschaftliche Erfolge legen können. Dafür ist letztlich ausschlaggebend, wie viele der neuen Firmen überleben, also die meist entbehrungsreichen ersten Jahre durchhalten. Laut Magg geben nämlich 70 Prozent derjenigen wieder auf, die den Traum verwirklichen wollten, ihr eigner Chef zu sein. Erfolg hat also nicht einmal jeder Dritte.

Felix Wilhelm (links) und Sebastian Weber sind die Gründer der Bayerischen Busmanufaktur. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Das Risiko zu scheitern, lässt sich jedoch begrenzen. Je besser der Schritt in die Selbständigkeit vorbereitet wird, umso größer sind die Chancen, dass das Unternehmen nach fünf Jahren noch existiert und sogar erste Arbeitsplätze schafft. Laut Magg sind nämlich 80 Prozent derjenigen nach vier oder fünf Jahren mit ihrem Betrieb noch auf dem Markt präsent, die sich Hilfe bei der Gründung suchen. Der Landratsamt bietet regelmäßig Existenzgründerseminare an. Wirtschaftsförderer, die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammer und Banken und Sparkassen bieten Beratungen an, helfen beim Erstellen eines Businessplans erstellen oder coachen die Gründer.

Frauen bereiten besonders akribisch vor. Sie melden in der Region München inzwischen fast so viele neue Unternehmen an wie Männer. Frauen hätten in den vergangenen Jahren stark aufgeholt, stellt Harald Hof von der IHK fest. Ihr Anteil unter den Gründern lag 2017 bei etwa 46 Prozent, in München sogar bei 49 Prozent. Hof berät Existenzgründer in ganz Oberbayern. In dieser Funktion er seit 18 Jahren auch im Landkreis Fürstenfeldbruck tätig.

Hof hat beobachtet, dass Frauen sich auf den Schritt in die Selbständigkeit nicht nur besser vorbereiten als Männer. Sie gehen dabei in der Regel auch vorsichtiger vor, wägen öfter ab, lassen sich aber auch leichter von ihrem Vorhaben abbringen.

Diese Herangehensweise wirkt sich positiv auf die Businesspläne aus. Von Frauen entwickelte Konzepte beschreibt der IHK-Berater als griffiger, besser ausgearbeitet und meist auch nachvollziehbarer. Gründerinnen machten sich zudem schon vorher Gedanken darüber, was zu tun sei, wenn ihr Betrieb nicht rund laufe. Auch das erhöht die Erfolgschancen. Zeichnet doch einen erfolgreichen Unternehmer dessen Geschick aus, sich neuen Situationen anzupassen.

Frauen engagieren sich laut Hof noch immer eher im Dienstleistungsbereich, auch, weil solche Gründungen mit relativ wenig Kapital schnell umzusetzen sind. Allerdings sind für den IHK-Berater die Zeiten vorbei, als ein klassischer Frauenbetrieb ein Nagel-Designstudio war. Frauen sind inzwischen ebenso selbstverständlich in ehemaligen Männerdomänen wie dem Autohandel oder dem Autohandwerk zu finden, sie gründen Handwerksbetriebe oder betätigen sich in technischen Branchen. Laut Hof steigen vor allem die Nebenerwerbsgründungen von Frauen, was es ihnen erleichtere, Familie und Beruf zu vereinbaren.

Einmütig bezeichnen Wirtschaftsförderin Barbara Magg wie IHK-Berater Harald Hof das Netzwerken als das A und O eines erfolgreichen Unternehmensstarts. Magg charakterisiert die Frauen unter den Gründern als sehr hilfsbereit. Sie suchten den Austausch, seien bereit, aus sich herauszugehen, weniger dem Hoheitsdenken verhaftet und engagierten sich stark in Gründernetzwerken.

Zu erfolgreichen Jungunternehmen gehört für Hof neben authentischen Inhabern mit einem breiten Fach- und kaufmännischen Wissen auch ein gründerfreundliches Umfeld. Letzteres ist laut Hof im Landkreis Fürstenfeldbruck musterhaft. Als Beispiele hierfür erwähnt er die Aktivsenioren, ehemalige Unternehmer und Manager, die Existenzgründern beistehen, ein breites Beratungsnetzwerk und den Gründerstammtisch zum Erfahrungsaustausch. Als deutschlandweit einzigartig und nachahmenswert lobt er ausdrücklich die Jungunternehmermesse, bei der sich Ende April im Landratsamt 50 neue Firmen präsentierten.

© SZ vom 30.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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