Serie "O du Fröhliche":Madonna auf Wanderschaft

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Das Frauentragen gehört in vielen bayerischen Kommunen zur Brauchtumspflege. In Schöngeising kümmert sich ein eigener Verein darum. Am 1. Advent ist die hölzerne Marienstatue für ein paar Tage von der Kirche ins Wohnzimmer von Irmgard Hefter umgezogen

Von Johanna Pfaffenzeller, Schöngeising

In der guten Stube von Irmgard Hefter logiert gerade eine hochrangige Persönlichkeit: Die Mutter Gottes. Seit Sonntag thront eine Figur der hochschwangeren Maria im Wohnzimmer der 60-Jährigen. Die Schöngeisingerin ist dieses Jahr die erste aus einer Reihe von Familien, die die Madonna bei sich aufnehmen darf. Zu dieser Ehre kommt sie durch die Tradition des Frauentragens. Dabei wird eine Marienfigur in der Adventszeit von Familie zu Familie weitergegeben und jeweils für ein paar Tage beherbergt.

Organisiert wird das vom Marienverein, der sich um bayerische Bräuche und Traditionen kümmert. Hefter ist Vorsitzende des Vereins und betreut die teilnehmenden Familien. Im Laufe der Adventszeit werden zehn verschiedene Schöngeisinger Familien die Figur beherbergen. Hefter freut sich über dieses "große Interesse".

Jedes Jahr wird die Madonna am ersten Advent, während des Gottesdienstes, der ersten Familie übergeben, dieses Jahr beginnt Hefter. Der Brauch soll daran erinnern, wie die Jungfrau Maria in Jesus Geburtsnacht nach einer Unterkunft gesucht hat. Die hochschwangere Frau wurde von allen Herbergsbesitzern abgewiesen, bis ein Wirt ihr für die Nacht einen Stall zur Verfügung gestellt hat. Jetzt sollen die Menschen in Schöngeising Gastfreundschaft beweisen und der Muttergottes symbolisch zur Seite stehen.

Ganz anders als die Herbergssuche der Maria ist so eine Madonnenübergabe ein sehr geselliges Unterfangen. Es werden Nachbarn, Freunde und Verwandte eingeladen und die Madonna wird auf einen weihnachtliche geschmückten, Platz gebracht. Neben Glühwein, Punsch und Plätzchen gibt es auch Gebete und manchmal werden zusammen Weihnachtslieder gesungen und musiziert.

Hefter kannte das in ihrer Jugend noch nicht. "Den Brauch habe ich erst kennen gelernt, als ich nach Schöngeising gekommen bin. Da wurde ich mal von meinem Nachbarn zur Madonnenübergabe eingeladen", erzählt die 60-Jährige. Erst seit sie im Marienverein ist, nimmt sie aktiv am Marientragen teil. Ihre Kinder, so sagt sie, fanden das immer toll. Sie sind mit dem Brauch aufgewachsen und wissen die geselligen Vorweihnachtsabende, die er mit sich bringt, zu schätzen. Jetzt ist ihre Tochter auch Mitglied im Marienverein und unterstützt ihre Mutter. "Ohne die Zustimmung und Unterstützung meiner Familie könnte ich gar nicht Vorsitzende sein", erklärt Hefter. "Ich bin auf sie angewiesen."

Begeisterung für die Tradition im Advent findet man in mehreren Städten und Dörfern im Landkreis. Neben Schöngeising wird der Brauch unter anderem auch in Maisach und Gröbenzell ausgeübt. Für Hefter hat das auch seinen Grund. "Wir sind hier in Bayern und in Bayern wird die Maria verehrt", erklärt sie. Jede Gemeinde hat auch ihre eigene Marienstatue. Die circa 60 Zentimeter große, hölzerne Madonnenfigur aus Schöngeising wird normalerweise im Pfarrheim aufbewahrt und nur zu besonderen Anlässen an die frische Luft geholt. Zu Rosenkränzen bekommt sie Ausgang und auch bei Maiandachten hat sie einen Ehrenplatz in der Kirche.

Am Heiligen Abend wird die Muttergottes während der Kindermesse ihren Weg zurück in die Kirche finden, wo sie noch einmal bestaunt werden kann. Ihre letzte Herberge findet sie dann, um den Kreis zu schließen, im Pfarrheim der Gemeinde.

© SZ vom 29.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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