Schwierige Musikprüfung in Zeiten von Corona:Ein Cello im Wartestand

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Um seine Abiturprüfung im Fach Musik ablegen zu können, braucht Philipp Kuhl ein Kammerorchester als Begleitung. Ob gemeinsam geprobt werden darf, ist lange unklar. Erst eine neue Entscheidung der Staatsregierung schafft Klarheit

Von Florian J. Haamann, Gröbenzell

Ein Cellokonzert ohne Orchester zu spielen, ist eine schwierige Sache. Besonders ärgerlich wird es, wenn dieses Vorspiel Teil des Abiturs ist, wegen der Corona-Maßnahmen aber behindert wird. So geht es aktuell dem 19-jährigen Philipp Kuhl, der seinen Abschluss an der Gröbenzeller Rudolf-Steiner-Schule ablegt. Wegen der Schulschließungen wurde sein Abitur, wie das der anderen auch, bereits nach hinten verlegt. Erlaubt ist nun, dass er die Prüfung mit einem kleinen Kammerorchester spielen darf. Ein Problem bleibt aber weiterhin bestehen: Um eine gute Leistung abliefern zu können, müsste er vorab mindestens noch einmal mit seinem fünfköpfigen Orchester zusammen proben.

Lange war unklar, ob das klappen wird. Nach einigem Hin und Her nun die Erleichterung: Am kommenden Mittwoch können Kuhl und seine Begleiter im Puchheimer Kulturzentrum gemeinsam proben. Die Veranstaltung wird sogar aufgezeichnet und später veröffentlicht. Dabei hatte am Donnerstagnachmittag alles danach ausgehen, als ob die Probe nicht erlaubt wird. Weil die aktuelle Infektionsschutzverordnung Zusammenkünfte von Laienmusikern untersagt, hat die Kreismusikschule - Kuhl und die Begleitmusiker sind alle Teil der Bluestrings - eine Sondergenehmigung beantragt. Diese wurde am Donnerstagnachmittag erst einmal abgelehnt. Auf Nachfrage hieß es im Landratsamt dann, man verstehe die Problematik und werde noch einmal überlegen, ob es nicht doch einen Weg gibt.

Philipp Kuhl ist Mitglied der Bluestrings und spielt auf seinem Cello normalerweise vor allem jazzige Melodien. Für die Abiturprüfung hat er sich allerdings ein Cello-Konzert von Joseph Haydn ausgesucht. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Während im Landratsamt also überlegt wurde, ging dort am Abend ein Schreiben aus dem Gesundheitsministerium ein. Inhalt: Von Montag, 8. Juni, an dürfen Laienmusiker unter bestimmten Bedingungen wieder gemeinsam proben. Damit war eine Ausnahmegenehmigung aus dem Landratsamt nicht mehr nötig.

Für den Abiturienten Philipp Kuhl ist diese Entscheidung natürlich eine Erleichterung. Schon lange vor den Corona-Einschränkungen hat er sich dafür entschieden, sich von einem Kammerorchester in der Prüfung begleiten zu lassen, es gab bereits die ersten gemeinsamen Proben. Der ursprüngliche Prüfungstag war für die Woche nach den Osterferien geplant, nun ist der Termin am 16. Juni. "Normalerweise kann man sich auch von einem Klavier begleiten lassen. Aber ich habe mir gedacht, wenn ich eh junge Musiker kenne, wäre es schön, wenn wir auch zusammen spielen können. Zumal ich mit einem Orchester noch einmal eine Qualität zeigen kann", erzählt der 19-Jährige.

Den Großteil der Prüfungen hat er bereits hinter sich. Die Waldorf-Schüler machen ein externes Abitur, jeweils in Zusammenarbeit mit einem Gymnasium im Landkreis, heuer ist es Olching. Dabei legen sie Prüfungen in acht Fächern ab, vier davon mit den staatlichen Prüfungen, vier als Nebenfächer an ihrer Schule. Neben dem Vorspiel hat Kuhl noch seine Französisch- und Englischprüfung vor sich. "Wie es gelaufen ist, kann ich nicht so gut einschätzen. Bei einigen könnte es ganz gut gelaufen sein, glaube ich", sagt Kuhl. Gestresst habe ihn das ganze Hin und Her durch die Corona-Maßnahmen nicht. "Das liegt aber auch daran, dass ich mich generell nicht so stressen lasse. Ich habe kein NC-Ziel, das ich erreichen muss und dass dann ein großer Traum kaputt geht, wenn ich das nicht schaffe", sagt er. "Aber was schon nervig war: dass man den Stoff so lange vor sich hintragen und halten musste, damit man nicht vor der Prüfung noch mal von vorne anfangen muss. Also musst du die ganze Zeit üben, üben, üben".

Die Pandemie hat allerdings nicht nur seine Prüfungen durcheinander gebracht, sondern auch die Pläne für die Zeit danach. "Eigentlich hatte ich vor, in ein Surfcamp zu gehen und dort zu arbeiten. Das liegt jetzt auf Eis, weil alle wegen Corona nicht arbeiten und auch keine Pläne machen." Also heißt es für ihn, erst einmal den Sommer abwarten, vielleicht ein wenig reisen. Und dann? "Einerseits finde ich es cool irgendwie kreativ zu sein oder eine Strandbar aufzumachen. Andererseits glaube ich, dass das langfristig nichts ist." Deswegen überlegt er, ein ganz handfestes Studium zu machen. Umwelttechnik wäre etwas, das ihn interessiert. Cello spielen will er auch weiterhin, allerdings eher als Hobby.

© SZ vom 06.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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