Schutz mit Verzögerung:Corona-Fälle nach der Impfung

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Im Laurentiushaus der Diakonie ist es nach der ersten Impfung der Altenheimbewohner zu einem Corona-Ausbruch gekommen. Auch Pflegekräfte wurden positiv getestet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Zwischen der ersten und der zweiten Immunisierung gegen Covid-19 sind etliche Heimbewohner positiv auf das Virus getestet worden. Sie könnten sich bei infizierten Pflegekräfte angesteckt haben

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Kaum hatten die Teams in Alten- und Seniorenheimen geimpft, gab es in einigen Einrichtungen positive Corona-Tests. "Wir waren coronafrei, bis geimpft wurde", sagt Petra Dieckmann Verbundleitung des Fachbereiches Altenhilfe bei der Diakonie Oberbayern West. Im Olchinger Laurentiushaus wurden nach der zweiten Impfung 18 Bewohner und sechs Mitarbeiter positiv getestet. "Zum Glück sind die Bewohner überwiegend symptomfrei", sagt Dieckmann. Erklären könne sie sich das Geschehen nicht.

Impfarzt Matthias Skrzypczak hat durchaus Erklärungen. Der Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin organisiert die Impfungen im Landkreis, ist mit seinem Team in den Heimen unterwegs und nimmt dort die Impfungen vor. "Teilweise sind die Abstriche am Tag vor der Impfung gemacht worden", sagt er. Die positiven Ergebnisse kamen aber eben erst nach der Impfung. In anderen Heimen sei kurz nach der Impfung getestet worden, dann sei die Infektion höchstwahrscheinlich noch vor der Impfung geschehen. Offenbar zeige die erste Impfdosis bei älteren Menschen nicht ausreichend Wirkung, das erkläre positive Tests zwischen erster und zweiter Impfung. "Erst etwa zwei Wochen nach der zweiten Impfung besteht ein sicherer Schutz", sagt Skrzypczak.

"Wir sind bedrückt von den Zahlen", sagt der Arzt. Mit den Impfungen selbst hätten die positiven Test aber nichts zu tun, da ist er sich sicher. Denn alle Mitglieder des Impfteams würden täglich getestet und beachteten selbstverständlich sämtliche Hygienevorschriften, trügen FFP2-Masken. Er hat beobachtet, dass die Infektionen meist von Pflegepersonal stammten, das sich um Weihnachten herum selbst angesteckt und dann die Infektion in die Heime getragen habe. Glücklicherweise gebe es keine Probleme, wenn infizierte Menschen geimpft würden. Und wer nach einer Impfung positiv sei, erkranke zudem meist nicht schwer, bestätigt er.

Solange noch nicht flächendeckend geimpft wurde, kommen immer noch schwere Verläufe vor. Doch längst nicht alle Covid-19-Patienten kämen aus dem Pflegeheimen in die Kliniken, sagt Skrzypczak. Die meisten hätten ohnehin eine Patientenverfügung, die das ausschließe. Sie würden, wenn keine Aussicht auf Genesung besteht, palliativ so betreut, dass sie keine Luftnot, keine Schmerzen und keine Angst hätten. "Das ist, so blöd das klingt, ein gutes und angenehmes Sterben", sagt Skrzypczak. Die Angehörigen könnten nach dem Infektionsschutzgesetz am Lebensende bei ihnen sein, es liege aber an den einzelnen Einrichtungen, das umzusetzen.

Unter den Senioren sei die Impfbereitschaft sehr hoch. "Sie liegt in jedem Heim bei über 90 Prozent", sagt Skrzypczak. Das kommt seiner Überzeugung nach daher, dass im Vorfeld viel Zeit in die intensive Aufklärung nicht nur der Bewohner, sondern auch der Angehörigen, Betreuer und Hausärzte in den Heimen investiert worden sei.

Die Bereitschaft der Pflegekräfte, sich impfen zu lassen, kann Skrzypczak nur schätzen. Sie liege in jedem Heim über 50 Prozent und hänge auch von der Einstellung der Heimleitung ab, sagt er. "Es hilft, auf die Stationen zu gehen und mit den Leuten zu reden. Man muss sich Zeit nehmen und sie informieren, dann entscheiden sich die meisten für die Impfung." Das gelte auch für die Reinigungskräfte. Einige hätten sich nach der ersten Impfung gemeldet, um in der zweiten Runde dran zu kommen, nachdem sie gemerkt hätten, dass die anderen die Impfung vertragen hätten. Laut Skrzypczak haben jüngere Leute mit einem fitten Immunsystem stärkere Reaktionen als Ältere. Vor allem nach der zweiten Dosis "schmerzt der Arm gemein". Das sei bei ihm auch so gewesen. Skrzypczak ist 39. Manche hätten auch einen Tag lang Kopfschmerzen und Fieber, "aber nichts Dramatisches".

Skrzypczak hat eine hoffnungsvolle Auskunft. Er denkt, dass alle Impfwilligen noch in diesem Jahr den Piks auch erhalten werden. Für das zweite Quartal seien weitere Lieferungen von Impfseren angekündigt, und dann könnten die Teams richtig loslegen. "Die müssen uns nur den Impfstoff geben, dann kriegen wir das auch verimpft", sagt er.

© SZ vom 04.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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