Schulden:Tief im Minus

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Mehr als 500 Menschen haben im vergangenen Jahr die Schuldnerberatung der Caritas aufgesucht, etwa ein Drittel von ihnen ist erwerbstätig. Ein großes Problem sind die steigenden Mieten

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Verschuldung und Überschuldung von Menschen haben viele Ursachen. Es gibt aber auch immer wieder typische Abläufe: Arbeitslosigkeit, Krankheit, Trennung und Scheidung, gescheiterte Selbständigkeit oder ein nicht mehr zu kontrollierendes, weil suchthaftes Konsumverhalten, treiben das Konto so ins Minus, so dass professionelle Hilfe notwendig wird. 2017 haben 569 Menschen die Schuldnerberatung der Caritas in Fürstenfeldbruck und Germering aufgesucht. "Im Landkreis Fürstenfeldbruck steigt der Anteil der Personen, die wirklich überschuldet sind, ebenso in den Nachbarlandkreisen", resümiert Nicole Egle von der Caritas-Beratungsstelle in Germering.

Die Beratung werde dabei immer komplexer. Es gehe nicht nur um die Schulden, sondern auch "um die Wohnung und drohende Obdachlosigkeit, die Arbeitsfähigkeit oder die psychische Verfassung der Klienten", so Egle, die zusammen mit Renate Koemm in Germering Schuldner berät, aber auch in Puchheim und Alling. "Der Wohnungsmarkt ist krank", formuliert sie drastisch, weil ihre Erfahrungen so sind. Hartz IV-Empfänger und kinderreiche Familien hätten da kaum noch eine Chance. So weiß Egle von zwei Familien, die zu sechst in einem Eineinhalb-Zimmerappartement wohnen, weil sie nichts Größeres finden.

Die Verschuldung ist dabei nicht ans Geschlecht gebunden. Von den 569 betreuten Personen waren 51 Prozent Männer. Eine Trennung treffe jedoch häufiger die Frauen, die in der Regel auch die gemeinsamen Kinder betreuen. Die alleinerziehenden Frauen müssten häufig um die Unterhaltszahlungen des ehemaligen Partners kämpfen. Der sei aber oft nicht imstande die Beträge aufzubringen, weil er bereits mit einer neuen Partnerin zusammenlebt und dafür ebenfalls Geld braucht.

Die Schuldnerberatung bei der Caritas in der Fürstenfeldbrucker Hauptstraße, die auch Menschen aus Olching, Eichenau, Gröbenzell und dem westlichen Landkreis betreut, ist kostenlos. Ebenso die Beratung bei der Caritas in Germering in der Otto-Wagner-Straße. Erstaunlich ist, dass fast 35 Prozent, die größte Gruppe der Ratsuchenden, erwerbstätig sind. Viele von ihnen sind sogenannte "Billiglöhner", die zum Beispiel rapide steigende Mietpreise besonders treffen.

388 (68 Prozent) der Ratsuchenden haben die deutsche Staatsbürgerschaft. Signifikant heben sich von den Nichtdeutschen 26 türkische, 15 italienische, 14 rumänische und zwölf bulgarische Mitbürger ab. Insgesamt 32 Ratsuchende kommen aus den "Balkanstaaten", so die Statistik der Schuldnerberatung. Weitere 82 Menschen hatten verschiedenste Staatsangehörigkeiten. "58 Personen erwirtschaften durch ihr Erwerbseinkommen, ihr Arbeitslosengeld I, ihre Rente oder ihr Krankengeld nur zehn Prozent über den Sozialhilfesatz", fasst Egle zusammen. Die zweitgrößte Gruppe (27 Prozent), die die Beratung aufsuchte, waren Arbeitslosengeld II- oder Hartz IV-Empfänger. Auch Kinder sind häufig von der Verschuldung der Erwachsenen betroffen. Die Caritas-Statistik besagt, dass im vergangenen Jahr in 269 Schuldnerhaushalten mindestens ein Kind unter 18 Jahren lebte.

Die Höhe der Verschuldung und die Einteilung der Ratsuchenden in die "Verschuldungsklassen" sind laut Caritas konstant geblieben. So gab es 106 Kleinschuldner (18,6 Prozent) mit Außenständen bis zu 5000 Euro. Etwa 38 Prozent der Menschen, die sich der Beratung anvertrauten, waren 2017 bis zu 10 000 Euro verschuldet. 11 Prozent oder 64 Personen mussten Schulden zwischen 50 000 und 100 000 Euro bewältigen. 36 Personen oder sechs Prozent waren mit über 100 000 Euro verschuldet. 238 Menschen, das sind fast 35 Prozent, hatten ein Erwerbseinkommen.

"Die Menschen kommen mehrmals zu uns", erzählt Egle. Sie ist Sozialpädagogin wie alle ihre Beraterkolleginnen. Egle ist wie Sandra Dierksheide seit zehn Jahren in dieser Funktion bei der Caritas, Renate Koemm bereits seit 30 Jahren. Zehn ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter betreuen in der Regel Ratsuchende vor Ort. "Da kommen schon mal zwölf Besuche zustande, bis alle Belege gefunden sind, eine Gläubigerliste erstellt und eine Strategie zusammen festgelegt wird, um aus der Verschuldung herauszukommen", erläutert Egle den regelmäßig wiederkehrenden Ablauf.

© SZ vom 19.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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