Schützenverein Olching:Schießen als Sport

Lesezeit: 4 min

Mit einem hochmodernen Schießstand ist das neue Heim des Olchinger Schützenvereins "Gemütlichkeit" ausgestattet. (Foto: Günther Reger)

Der Olchinger Schützenverein hat sein neues Heim bezogen. Dem Standort waren einige heftige Debatten im Stadtrat vorausgegangen. Denn das Gebäude ist an der neuen Mittelschule angebaut. Doch die Skeptiker scheinen inzwischen beruhigt zu sein

Von Karl-Wilhelm Götte, Olching

Die elf Schießstände sind am Trainingsabend des Schützenvereins "Gemütlichkeit" alle belegt. Die Sportschützen legen mit dem Luftgewehr und der Luftpistole an und immer fällt hier und da ein Schuss auf die zehn Meter entfernten Scheiben. Es wird nicht wie auf dem Volksfest geballert, sondern jeder Schütze konzentriert sich lange bei seiner 40-Schuss-Serie. Im Wettkampf müssen die 40 Schuss in 50 Minuten erfolgen. 400 Ringe sind dann das erreichbare Maximum. Bei 397 Ringen steht der Hausrekord von Gabriele Wörmann. Das bedeutet rechnerisch 37 Mal eine zehn und dreimal eine neun. Damit ist die Vorsitzende des Vereins ein Vorbild für viele junge Schützen im Verein.

Das neue Vereinsheim ist der Stolz des Schützenvereins, der viele Jahrzehnte ziemlich heimatlos durch Olching herumirrte. Zuletzt schoss man viele Jahre im Bräustüberl Aschenwald in der Nöscherstraße. Seit März nun ist das schmucke Vereinsheim in der Georgenstraße nach einjähriger Bauzeit bezugsfertig geworden. "Das ist einfach sensationell, was wir jetzt hier haben", schwärmt Wörmann von dem neuen Zuhause und der "wunderbaren Atmosphäre". Sie ist die erste Frau als Vorsitzende des 129 Jahre alten Vereins. Die erste Vorsitzende heißt offiziell 1. Schützenmeisterin. "Ich bin in den Verein hineingeboren worden", erzählt die 50-Jährige. "Mein Vater war auch schon Schützenmeister bei der Gemütlichkeit." Im neuen Vereinsheim treffen sich jetzt auch die älteren Schützen wieder zum Kartenspielen. Wörmann begeistert: "Es sind alle da: die Kinder, die Jugendlichen und die Senioren."

Bis das Vereinsheim der Schützen endgültig durch den Stadtrat war, gab es die einige heftige Debatten um den Standort. Es ist an die Mehrzweckhalle der neuen Mittelschule angebaut worden. Zu erreichen ist es nur über einen separaten Eingang. Doch so dicht an der Schule mit Waffen, die im Schützenheim lagern, das gefiel besonders den Grünen nicht. War es doch damals 2009/2010 gerade die Zeit, als der Amoklauf an der Schule in Winnenden aufwühlte. Wörmann und ihr Vorgänger Hermann Schoberer versuchten den Kritikern - häufig erfolglos - zu vermitteln, dass ihre Schützen nicht mit großkalibrigen Waffen schießen, sondern als Sportschützen mit Luftgewehr und Luftpistole; zwei Disziplinen, die auch olympisch sind.

Die Munition besteht aus einem winzigen Diabolo mit 4,5 Millimetern Durchmesser. Die Luftgewehre nehmen die Vereinsschützen auch nicht mit nach Hause, sondern sie werden in der Waffenkammer in Schränke und Metallspinde eingeschlossen. Dieser Waffenraum ist verschlossen und die Eingangstür sowieso, so dass kein Unbefugter an die Sportwaffen gelangt.

Die Kritik am Standort ist nicht mehr vernehmbar. Nach der offiziellen Einweihungsfeier am 11. Juni wird einen Tag später ein "Tag der offenen Tür" stattfinden, zu dem Schützenmeisterin Wörmann auch alle damaligen Skeptiker einlädt. Die 40 aktiven Schützen haben jedoch schon längst ihr Heim in Besitz genommen. Früher schossen sie auf Papierscheiben, die von Hand zurückgekurbelt werden mussten oder von einem kleinen Motor angetrieben zur Auswertung zurückkamen. Jetzt gibt es elf elektronische Schießstände. Nach jedem Schuss sieht der Schütze auf einem Bildschirm vor sich, ob er die Zehn getroffen hat oder nur eine neun oder acht. 3000 Euro pro Stand musste der Verein für diesen technischen Fortschritt berappen. "Optische Sensoren messen, wo das Blei durchfliegt", erklärt Sportschütze Andreas Ziegler, der zur Bayernligamannschaft gehört.

Überwacht werden alle Schießstände an diesem Tag durch Thomas Kunz, dem sportlichen Leiter. Er sitzt in einem Raum hinter den elf Schießständen mit Glaswand und hat alles im Blick. Auf seinem Computerbildschirm werden alle Ergebnisse der Schützen erfasst und ausgewertet.

Kinder bis zehn Jahre dürfen nur mit Laser- oder Lichtgewehren schießen. Ab zehn Jahren ist Bleikugelmunition erlaubt. Thomas Wagner ist schon 16 Jahre alt und ist der amtierende Gaumeister in der Junioren-B-Klasse. Er kam über seinem Vater zum Sportschießen, auch sein Bruder Michael ist dabei. Thomas schießt mit dem Luftgewehr, sein Bruder mit der Luftpistole. Er hat auch mal Fußball gespielt, "aber Schießen macht mir mehr Spaß". Da sei er für sich selbst verantwortlich, das gefalle ihm. "Da mache ich den Fehler und kann mich nicht hinter einer Mannschaft verstecken", so Thomas Wagner. Entscheidend sei die Konzentration, aber auch Ausdauer und Kraft werden benötigt. Wiege doch das Gewehr immerhin fünf Kilo. Zweimal in der Woche trainiert der Nachwuchsschütze, am Wochenende gibt es zudem häufig einen Wettkampf. "Mein Ziel ist es, in die Bayernligamannschaft zu kommen", sagt Thomas Wagner und hält mit seinem Ehrgeiz nicht hinter dem Berg. Bei 384 Ringen steht sein persönlicher Rekord. Für die Bayernligamannschaft, die aus fünf Schützen besteht, muss er sich noch steigern. Er kann das Schießen nur anderen Jugendlichen empfehlen. Im Sommer-Ferienprogramm der Stadt betreut er Kinder-Schnuppergruppen im Vereinsheim.

Schützenmeisterin Gabriele Wörmann empfiehlt Tischtennis, um die schnelle Reaktion zu fördern. Die ist notwendig, wenn auf dem Zielpunkt der Finger schnell reagieren und abdrücken muss. Wörmann kennt sich aus, ist sie trotz vieler Organisationsarbeit immer noch aktiv und gehört zur amtierenden Deutschen Mannschaftsmeistermannschaft in der Altersklasse.

Um den Nachwuchs muss sich der Verein nicht sorgen. Die Jugendleiterin betreut an diesem Abend zwei zehnjährige Buben. "Die sind etwas übermotiviert", sagt Kunz. Besonders das Nachhalten des Gewehres mache ihnen Mühe. "Kaum haben sie geschossen, schauen sie bereits auf den Bildschirm das Ergebnis an", sagt Kunz, die bereits zwölf Jahre als Jugendleiterin tätig ist. Sie hat den Jungs jetzt aufgegeben, ihr Lieblingstier aufzusagen, ehe sie das Gewehr absetzen. "Wir sind jetzt beim sibirischen Schneeleoparden angelangt", erzählt Kunz und lacht, dafür bräuchten die Kinder mindestens zwei Sekunden. "Die Kinder sind zappeliger geworden", sagt sie, wenn sie zurückblickt. Ob das am digitalen Zeitalter liegt? Handy und SMS-Schreiben könne man nicht verbieten. Kunz ist aber auch zuversichtlich: "Die Kinder fangen nach dem Schießen auch wieder an, Karten zu spielen."

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: