Schüler disktuieren über Hitler-Satire:Zwiespältige Gefühle

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Was er denn eigentlich von Hitler hält, will eine Schülerin von Timur Vermes wissen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Neuntklässler der Mittelschule Puchheim schauen gemeinsam "Er ist wieder da". Anschließend dürfen sie mitdem Autor des Romans, Timur Vermes, über die erschreckende Geschichte diskutieren

Von Julia Kiemer, Gröbenzell

Er ist schon ein beängstendes Szenario, das der Roman "Er ist wieder da" und seine Verfilmung skizzieren: Adolf Hitler wacht im 21. Jahrhundert auf und wird TV-Star, weil ihn alle für einen politisch nicht ganz korrekten Comedian halten. Und das, obwohl er sich weder äußerlich noch innerlich verändert hat. Statt dem erwarteten Hass erntet er Begeisterung und zieht die Menschen erneut in seinen Bann. Ein Mann würde sogar für Hitler sterben, wie er selbst sagt, und in einer anderen Szene laufen Jugendliche begeistert auf ihn zu und zeigen den Hitlergruß.

Im Rahmen der bayerischen Schulkino-Woche durften die Schüler der Mittelschule Puchheim und des Christoph-Probst-Gymnasium Gilching in den Gröbenlichtspielen nun zuerst den Film ansehen und dann mit dem Autor Timur Vermes das Gesehene diskutieren und Fragen stellen. Die Schulkino-Woche ist eine Veranstaltungsreihe des bayerischen Kultusministeriums, die die Film- und Medienkompetenz von Schülern fördern soll. Durch begleitete Kinoseminare und die Präsentationen von künstlerisch bedeutsamen Filmen sollen die Kinder und Jugendlichen in die Sprache und Thematik des Films eingeführt werden.

"Was hat euch an dem Film erschreckt oder am meisten schockiert?", fragt Moderator Florian Geierstanger dann die rund 90 mehr oder weniger schockierten Neuntklässler. Geschockt sind die Jugendlichen vor allem von den Dokumentarszenen. "Ich hätte nicht gedacht, dass dieses Denken so wirklich noch da ist", sagt einer. Und trotzdem sorgt der Film, der eine Mischung aus Komödie und Dokumentation ist, bei den meisten Schülern zumindest zu Beginn immer wieder für Lacher. Im Gespräch mit Vermes sind sie sich dann aber einig, dass die Thematik eigentlich gar nicht so lustig ist. "Ich finde den Film gut, weil er die Leute zum Nachdenken bringt", sagt ein Mädchen. Er habe ihr die Augen geöffnet und gezeigt, wie einfach Menschen zu manipulieren seien.

"Am Anfang habe ich noch gelacht, aber dann ist mir bewusst geworden, dass Hitler alle nur täuscht", fügt sie hinzu. Genau das sei gewollt, erklärt der Bestseller-Autor. "Anfangs sollte man sich als Leser oder auch im Film denken, was der schon erreichen könnte oder wen er schon manipulieren könnte." Dann aber stelle man fest, dass sich Hitler noch nicht mal verstellen müsse, um die Menschen erneut zu begeistern. Aber es gibt auch andere Schülermeinungen. Ein Junge ist nach dem Film sichtlich empört: "Der Film war voll gegen Ausländer und total die Hetze."

Für "Er ist wieder da" hat sich Vermes die Stimme von Adolf Hitler angeeignet und die Geschichte aus seinen Augen erzählt. "Aber was halten Sie denn dann eigentlich von Hitler?", fragt einer der Schüler. Darauf schmunzelt Vermes kurz: "Meine Meinung zu Hitler sollte ja eigentlich im Buch herauskommen." Ohnehin gehe es gar nicht so sehr um die Person, sondern viel mehr um die Mechanik, die jemand nutze und damit dasselbe anrichten könne. "Das muss man sich bei dem Gedanken an das Nie-Wieder erst einmal klar machen", gibt er den Schülern zu denken. Ob sich das Buch nun gelohnt hätte, will eine Schülerin wissen. "Also wirtschaftlich auf jeden Fall", meint der Autor. Inhaltlich sei er sich da nicht so sicher. Man könne nicht erwarten, dass die Leute sofort vernünftig seien, nur weil sie ein Buch gelesen haben. "Aber man kann sie dazu bringen, einen Moment darüber nachzudenken." Mehr als das erreiche man nicht.

Obwohl es den Schülern teilweise schwer fällt, die komplette Thematik des Buchs zu begreifen, was möglicherweise am Alter liegt, zeigen sie sich im Gespräch mit dem Autor sehr interessiert und stellen viele Fragen. "Ich fand's cool, mal die Meinung vom Autor zu hören", meint eine Schülerin. Und am Ende darf Vermes dann noch Autogramme schreiben, schließlich bekommt man einen Bestsellerautor auch nicht jeden Tag zu Gesicht.

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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