Schöngeising:Wie im Film

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Bei der Eröffnung der neuen Sonderausstellung "Lichtspiele" überkommt die etwa 80 Besucher eine nostalgische Stimmung

Von Florian J. Haamann, Schöngeising

"Sie können sich ja mal fragen, was Ihr erster Kinofilm war", begrüßt Jexhof-Leiter Reinhard Jakob die Besucher bei der Eröffnung der Ausstellung "Lichtspiele". Sofort geht ein Raunen und Kichern durch die Reihen der etwa 80 Besucher, die auf den mit ausreichend Abstand aufgestellten Bänken im Biergarten des Bauernhofmuseums sitzen. Auch Jakobs erinnert sich noch an seinen ersten Kinobesuch: "Bei mir waren es die Vandalen in Rom. Danach kann man sich eigentlich nur in zwei Richtungen entwickeln: Historiker mit Leidenschaft für das alte Rom oder Hooligan von Lazio Rom". Offensichtlich hat er sich für den Weg des Historikers entschieden.

Ganz in Schwarz gehalten ist das Design der Ausstellung. (Foto: Florian Haamann/oh)

Die Ausstellung hat das Potenzial, bei den Besuchern die ganz großen nostalgischen Gefühle zu wecken. Denn sie beschäftigt sich mit der Geschichte des Films von seinen Ursprüngen bis hin in die goldene Zeit des Kinos in den Sechzigerjahren. Der Schwerpunkt liegt dabei, wie man es von Ausstellungen am Jexhof gewohnt ist, auf der lokalen Geschichte.

Vorgestellt werden viele der unzähligen Lichtspielhäuser und Vorführräume im Landkreis, vom heute noch bestehenden Brucker Lichtspielhaus in der Maisacher Straße über das Capitol, das 1957 als viertes Kino in der Kreisstadt eröffnet wurde, bis hin zu den Wirtshauskinos in den kleineren Gemeinden, in denen oft große Teile des Orts am Abend zu den Vorführungen zusammen kamen. Illustriert wird das alles durch historische Fotos, alte Eintrittskarten und Baupläne. Es gibt also viel zu sehen, zu entdecken und zu erinnern. Dazu kommen historische Vorführgeräte aus verschiedenen Jahrzehnten.

Zu sehen sind viele historische Fotos, Baupläne und alte Eintrittskarten. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Im Zentrum der Ausstellung haben Jakob und sein Team, zu dem unter anderem Ruth Strähhuber und Elisabeth Lang gehören, ein echtes Stummfilm-Kino aufgebaut. Dort laufen in Dauerschleife kurze Ausschnitte aus großen Klassikern dieses Genres. Auch am Eröffnungsarbeit wird der kleine Vorführungssaal mit den schweren, schwarzen Vorhängen schnell zum Besuchermagnet. Um die Hygieneauflagen einhalten zu können, dürfen jeweils nur 22 Besucher gleichzeitig die Ausstellung entdecken. Das gute Wetter, das zu Gesprächen einlädt, und die Jexhof-Gastronomie schaffen aber sowieso Entzerrung, so dass es zu keiner Zeit zu größeren Staus und Wartezeiten kommt.

In seiner Eröffnungsrede entführt Museumsleiter Reinhard Jakob die Besucher in ihre Jugend. (Foto: Florian Haamann/oh)

Die Besucher erfahren aber nicht nur etwas über die Kinokultur im Landkreis, sondern auch die über Menschen aus der Region vor und hinter der Kamera. Die Emmeringerin Renate Müller etwa, die nach einer Erfolgreicher Theaterkarriere 1929 im Film "Peter, der Matrose" erstmals vor der Kamera steht und schnell von der Ufa entdeckt wird. Mit ihr entwickelt eich auch ein neuer Typ Frau im Film: jung, klug, selbstbewusst, mit dem Herz am rechten Fleck. Später sind die nationalsozialtischen Machthaber begeistert von der jungen Blondine, Müllers Begeisterung für das Regime dagegen ist überschaubar. Zwar dreht sie weiter, die Konflikte werden aber immer größer. Auch ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich zunehmend, schließlich stirbt sie am 7. Oktober 1937 mit nur 31 Jahren.

Erzählt wird auch die Geschichte des Gröbenzellers Fritz Umgelter, der als einer der Pioniere des Films in der Bundesrepublik gilt. Er hat in mehr als hundert Fernsehproduktionen Regie geführt und immer wieder Drehorte im Landkreis gefunden, für seinen Mehrteiler "Am grünen Strand der Spree" über die Massenvernichtung der Juden im Osten beispielsweise hat er am Olchinger See gedreht.

Die Ausstellung bietet also spannende Geschichten und interessante Exponate, sowohl für Cineasten als auch nur gelegentliche Kinogänger, ganz egal ob jung oder schon etwas älter.

Ausstellung "Lichtspiele. Kino und Film im Brucker Land von den Anfängen bis zum Siegeszug des Fernsehens", Bauernhofmuseum Jexhof, zu sehen bis zum 31. Oktober. Geöffnet Dienstag bis Samstag von 13 bis 17 Uhr und sonn- und feiertags von 11 bis 18 Uhr

© SZ vom 19.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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