Schöngeising:Sensible Triebe

Lesezeit: 2 min

Einen solchen Maronenröhrling heuer zu finden, ist gar nicht so leicht, wie viele Schwammerlsucher feststellen müssen. (Foto: Günther Reger)

Die diesjährige Pilzernte fällt wegen der Witterung eher schmal aus. Dennoch kann sich ein Waldspaziergang mit einem Kenner lohnen

Von Manfred Amann, Schöngeising

Schwammerlsucher finden in dieser Saison eher weniger Pilze. "Heuer sieht es leider nicht gut aus", sagt Edmund Garnweidner. Grund dafür dürften die andauernden frühherbstlichen Temperaturen in einem zu nassen Spätsommer sein, die für das Wachstum von Pilzen keine günstigen Voraussetzungen sind. Mit solch vorwarnenden Worten startet der 79 Jahre alte Pilzkenner, der ein Vierteljahrhundert Leiter des Pilzkundevereins München war und seit 20 Jahren Pilzberatungen organisiert, am Samstag vom Jexhof aus mit 25 Interessierten zu einer Exkursion. Und tatsächlich bleiben die Körbchen fast leer, die manche in Erwartung guter Plätze und eines guten Sammelergebnisses mitgebracht haben.

Gefunden wird dennoch eine Vielzahl von Pilzen, von deren Genuss Garnweidner allerdings abrät oder ganz deutlich sagt: "Finger weg!" Die Gefahr, durch ungenießbare oder gar giftige Schwammerl Übelkeit und Verdauungsstörungen oder Organschäden zu erleiden oder gar zu sterben, sollte fahrlässig nicht unterschätzt werden. Enttäuscht darüber, kaum unbedenklich essbare Schwammerl wie den wohlschmeckenden Milchbrätling zu finden, ist dennoch niemand. Der Pilzexperte versteht es nämlich, auch anhand von Pilzen mit Lamellen oder Röhren unter der Kappe, die nicht in die Küche sollten oder dürfen, kurzweilig und spannend zu erklären und zu zeigen, welche Merkmale unbedingt vorhanden sein müssen, um genießbare oder ungenießbare zu unterscheiden. "Die Sicherheit geht vor, und wenn Sie sich nicht ganz sicher sind, weg damit", appelliert Garnweidner immer wieder. Diana Ulbricht hat sich mit ihrer Tante Renate Hendler in Erinnerung an so manche erfolgreiche Schwammerlsuche mit ihrem Opa der Pilz-Pirsch angeschlossen. "Kenntnisse auffrischen und Neues über die Pilzwelt zu erfahren", wollen die beiden, was bei der Lehrwanderung mit dem Pilzkenner "voll aufgeht". Gleich nach dem Start findet Sigurd Ehringer aus den Nachbarlandkreis Landsberg einen Pilz mit hellgelber Kappe. "Das ist ein Röhrenpilz und heißt Erlengrübling", bestimmt der Pilzkundler und zeigt auf Erlenbäume, mit denen diese Pilze eine Symbiose eingehen. Viele Pilze finde man nur unter ihren Wirtsbäumen, wie zum Beispiel auch den Birkenpilz oder den Fichten-Steinpilz, andere wiederum seien oft verstreut, da der eigentliche Pilz, das Mycel-Geflecht, im Boden in großen netzartigen Trieben wachse. "Der Pilz selbst ist nur der Fruchtstand, der die Sporen ausbildet, die sich dann als Samen weiterverbreiten", erklärte Garnweidner, der auch Bücher für die Pilzbestimmung herausgegeben hat. Näher betrachtet werden unter anderem der "sehr scharfe Pfefferrübling". Angelika Störger aus Maisach findet einen Ritterling, der aussieht wie ein Pfifferling, aber leider keiner ist. Auf einem morschen Baumstumpf wachsen Dachpilze, im Unterholz werden ein Polyporus, einige Korallenartige, wie der klebrige Schönhorn sowie verschiedene Reizger, Täublinge, Milchlinge und Schleierlinge entdeckt. Fast zwei Stunden dauert es, bis ein Birkenpilz in ein Körbchen wandert. Und kurz darauf freute sich Vally Zacherl aus Mammendorf, endlich den "König der Speisepilze" präsentieren zu können. "Das ist hundertprozentig ein Steinpilz", sagt sie. Auch wenn die Kappe des Herrenpilzes von Schnecken angeknabbert ist, macht der Boletus edulis, wie ihn Botaniker nennen, noch etwas her. "Man sollte vor Ort den Stil des Pilzes anschneiden, denn wenn der Wurm drin ist, wie es oft der Fall ist, braucht man ihn auch nicht mitnehmen", rät Garnweidner.

"Kein Wurm" stellt die Finderin fest und legt die kleine Ausbeute behutsam ins Körbchen.

© SZ vom 31.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: