Schöngeising:Gut und Böse brauchen sich

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Annemarie Strähhuber erzählt im Bauernhofmuseum Jexhof Gruseliges über Winterdämonen und Lichtheilige

Von Johanna Pfaffenzeller, Schöngeising

Dunkelheit, sagt Annemarie Strähhuber, kenne heute dank elektrischem Licht niemand mehr. Früher aber, als den Menschen abends im Haus nur der Ofen Licht spendete, sei das das anders gewesen. Deswegen, sagt die 75-Jährige bei ihrem Vortrag im Bauernhofmuseum Jexhof, glaubten die Menschen auch an viele düstere und angsteinflößende Gestalten, die bei Nacht ihr Unwesen trieben. Über diese Geister und über Heilige und Lichtbringende, die man zum Schutz vor ihnen angebetet hat, berichtete die Gernlindnerin und hatte für die historischen Fakten, sowie für die Gedichten und Erzählungen aufmerksame Zuhörer.

In der Gaststube haben sich gut 30 Gäste eingefunden, die, mit einer Tasse Glühwein in der Hand, gespannt den Geistergeschichten lauschen. Im flackerndem Kerzenschein schein funkeln die Augen der ausgestopften Tiere an der Wand, und durch die Fenster kriecht langsam die Kälte herein. Strähhuber hat sich an einem der großen Holztische niedergelassen und erzählt.

Seit gut 25 Jahren organisiert sie schon Vorleseabende über lokale Mythen und Sagen. Dieses Mal hat sie das Thema Winterdämonen und Lichtheilige gewählt. Sie redet die Heiligen Andreas, Barbara, Thomas und Luzia, über deren Leben und Taten und vor welchem Grauen sie beschützen. Und auch die Dämonen wie der Teufel und der Krampus kommen vor.

"Es gibt immer das Böse und das Gute", erklärt die Erzählerin. "Das eine kann nicht ohne das andere sein." Das wurde besonders durch die Gegenüberstellungen der Lichtbringer und der Geister deutlich. Neben Jesus Christus gibt es auch den Teufel und der freundliche und hilfsbereite Nikolaus geht mit Knecht Ruprecht einher. Dabei bekämpfen sie sich nicht, sondern arbeiten sogar zusammen. Das, so Strähhuber hat eine erzieherische Funktion, denn Kindern sollte beigebracht werden, dass ihnen bei Ungehorsam Strafe droht. Der Nikolaus hingegen belohnt sie für gute Taten.

Manche Mythengestalten repräsentieren sogar beide Seiten. Die heilige Luzia beispielsweise, ist auf der einen Seite Lichtgestalt und Helferin im Hochwasserunglück. Andererseits erzählt Strähhuber von dem Glauben, dass sie eine Hexe sei, die in der Nacht ins Haus eindringt und Kinder ermordet. Das, so erklärt die Erzählerin, sei sinnbildlich für das Gute und das Böse, das jeder Mensch in sich trägt. Aber gegen jeden Bösewicht konnten sich die Leute damals auch schützen, deswegen erläuterte sie verschiedene Rituale und Methoden dafür. Luzia konnte man beispielsweise mit Milch, Nudeln und Gebeten besänftigen, sodass sie das Haus verschonte.

Zwischen jeder Geistergeschichte spielen Strähhubers Ehemann Alfons Strähhuber mit der Gitarre und Karl Grassi an der Zither von der Gernlindner Volksmusik, passend zur Stimmung traditionelle Musik. Grassi hatte sogar speziell für diesen Abend zwei Lieder komponiert.

Für den Vortrag hat sich die Erzählerin jahrelang aus Büchern Informationen und Lyrik gesammelt. Diese Arbeit habe sich aber auch ausgezahlt, meint sie. Vom Publikum erhielt sie allerlei positive Rückmeldung. "Ich war begeistert, die Frau sollte ein Buch schreiben", ruft eine Besucherin am Ende. Einige Leute fragten zu bestimmten Themen noch nach.

"Den Leuten gefällt dieses angenehme Gruselgefühl, das sie dann bekommen", erklärt Annemarie Strähhuber den Effekt. "Sie wollen sich fürchten." Sie selbst kennt das auch noch aus ihrer Kindheit. Ihre Großmutter hat ihr viele der grausamen Volksgeschichten erzählt und als Kind hat sie sich durchaus gefürchtet. "Ich kriege das Gefühl sofort wieder, wenn ich daran denke", berichtet sie. "Da war ich auch immer froh, nicht draußen in der Dunkelheit zu sein."

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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