Schöngeising:Gemeinde schrumpft

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Obwohl der Landkreis ständig wächst, nimmt die Einwohnerzahl in der Ampergemeinde um 2,5 Prozent ab

Von Manfred Amann, Schöngeising

Die Auswirkungen des demografischen Wandels in Schöngeising stellen die Ortspolitiker vor neue Aufgaben. Besonders problematisch erscheint, dass viele Jugendliche im Alter zwischen 18 und 29 Jahren der Ampergemeinde wegen ihres Studiums, der Ausbildung oder dem Beruf den Rücken kehren und auch Rentner den Ort verlassen, weil es kaum seniorengerechten Wohnraum gibt und ihnen altersbedingt ihre Häuser und Gärten zu groß sind. Und da Zuzüge junger Familien zumindest aktuell die Abwanderungen nicht ausgleichen, schrumpft die Zahl der Einwohner. Laut Bürgermeister Thomas Totzauer (FW) beträgt in Bayern das Wachstum der Bevölkerung durchschnittlich drei Prozent, im Landkreis aufgrund des Zuwanderungsdrucks auf die Metropolregion München sogar 6,9 Prozent, während in Schöngeising die Zahl der Einwohner um 2,5 Prozent abgenommen hat. "Wir sind das absolute Schlusslicht der 23 Kreisgemeinden", sagte der Gemeindechef am Freitag auf der Bürgerversammlung und kündigte Maßnahmen zur Gegensteuerung an.

Der Gemeinderat habe sich in einer Klausur darauf verständigt, nicht nur wie bisher Bauland für Einheimische zu schaffen, sondern auch kleinere Wohnungen für junge Leute und altersgerechte für Senioren. Da die Gemeinde wegen ihrer Einbettung in Landschaftsschutzgebiete kaum Entwicklungsmöglichkeiten habe, bliebe wohl nur, höhere Gebäude zu bauen, befand dazu Klaus Herx in der Diskussion. Dem Ortsbild wären höhere Bauwerke kaum zuträglich, wandte daraufhin der Rathauschef ein, Erhöhungen bestehender Gebäude um ein Stockwerk wären aber sicher möglich. Man denke eher daran zum Beispiel in Verlängerung der Keltenstraße dem Bedarf entsprechend Baurecht zu schaffen und für den Bau von altersgerechten Wohnungen einen Investor zu finden. "Es wird eine der wichtigsten Aufgaben der nächsten Jahre", so Totzauer.

Etliche der etwa 60 Besucher interessierte, welche Betriebe sich im neuen Gewerbegebiet an der Bundesstraße 471 ansiedeln, nachdem der Gemeindechef im Jahresbericht angeführt hatte, dass alle Grundstücke verkauft seien und die Gemeinde daraus einen Gewinn von drei Millionen gezogen habe. Überwiegend seien ortsansässige Unternehmer zum Zug gekommen, zum Beispiel die Stumbaum GmbH, die Gärtnerei, ein Dachdecker und eine Elektrofirma. Überdies würden sich eine Stickerei und ein Hausmeisterservice niederlassen. "Wir wären auch doppelt so viel Gewerbegrund los geworden", erklärte der Rathauschef, mit dem Vorteil, dass man sich habe aussuchen können, wer den Zuschlag bekommt.

Der ehemalige Gemeinderat Herbert Huber wunderte sich, dass sich der Gemeinderat gegen die Errichtung eines 40 Meter hohen Funkturms in der Nähe des Bahnhofs durch die Telekom ausgesprochen habe, obwohl dieser nur den bisherigen ersetzen solle und auch gebraucht werde. Als wesentlich Gründe dafür nannte Totzauer, dass sich die Gemeinde die Ortsentwicklung in Richtung Bahnhof nicht verbauen wolle, die Notwendigkeit des Turms nicht plausibel erklärt worden sei und sich der Gemeinderat übergangen gefühlt habe. "Unsere Aufgabe ist es, an unseren Ort und seine Bürger zu denken", erklärte er, und dass die gewählten Volksvertreter nicht gewillt seien, nur zu unterschreiben, was vorgelegt wird, ohne es zu hinterfragen. Für dieses Statement gab's Applaus.

Nachgefragt wurde auch, was nach der Schließung der Sparkassen-Filiale noch bleibt. Er habe darauf gedrängt, dass im Gebäude weiterhin wenigstens ein Geld- und ein Überweisungsautomat zur Verfügung stehen, sagte Totzauer. Dies hänge auch davon ab, ob auch die Filiale der Raiffeisenbank schließe. Möglich wäre auch, Automaten in einem Geschäft, etwa im Dorfladen, aufzustellen. Das Wort Dorfladen war zum Schluss das Stichwort für ein Lehrstück über Selbstverständnis und Zusammenhalt der Schöngeisinger. Ein Bürger hatte im Internet verbreitet, dass die "Brezen aus Teiglingen" im Dorfladen besser seien als die vom örtlichen Bäcker. "So etwas macht man nicht in einem Dorf" schimpfte ein Bürger, ein anderer sprach von Geschmackssache und ein dritter von Geschäftsschädigung, die dazu führen könnte, dass auch der einzige Bäckerladen schließe. Als sich der Verbreiter der Schmähmeldung outete und sich damit rechtfertigte, dass er den Bäcker nur dazu habe bringen wollen, dass er sich mehr anstrenge, hagelte es Vorwürfe und Schelte von allen Seiten.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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