Schöngeising:Auf Leben und Tod

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Eine neue Ausstellung im Jexhof widmet sich der Amper und ihrer Geschichte

Von Peter Bierl, Schöngeising

Mitten im Fluss scheint der Besucher der neuen Jexhof-Ausstellung über die Geschichte der Amper zu stehen. Der Eindruck kommt dadurch zustande, dass 100-fach vergrößerte Fotos der Amper an konkav geformten, mannshohen Stellwänden aufgezogen sind. Die Bilder hat Ruth Strähhuber Mitte April aufgenommen, auf Höhe des Zellhofes bei Schöngeising im eisigen Fluss stehend. Sie hat die Ausstellung mit einfachen Mitteln ansprechend gestaltet. Solche Inszenierungen spielen eine wichtige Rolle, weil nur wenige Objekte gezeigt werden können.

Die Ausstellung ist Teil eines gemeinsamen Konzepts der Landpartie, einem Verbund von Museen und Galerien rund um München, das sich heuer um das Thema Wasser dreht. Das Museum Fürstenfeldbruck widmet sich den Steinzeitmenschen am Haspelsee, der Jexhof befasst sich mit der Geschichte der Amper vom Ammersee bis Olching. Gezeigt werden bauchige Krüge, sogenannte Kegelhalsgefäße, aus einem Grab der keltischen Hallstattzeit bei Stegen, ein Nachbau der römischen Brücke über die Amper bei Schöngeising und in Vitrinen finden sich Modelle der "Marie Therese", einem Dampfschiff, das im späten 19. Jahrhundert Sommerfrischler zwischen Stegen und Grafrath beförderte, und der "Olching", einem Lastdampfer, der etwa zur gleichen Zeit zwischen den beiden Papiermühlen des Ortes pendelte.

Die Rohrdommel ist als Amperbewohner leider bereits ausgestorben. (Foto: Carmen Voxbrunner)

An der Rückseite hängen Gemälde von der Amper von heimischen Malern des frühen 20. Jahrhunderts. Einmal mehr wird deutlich, dass Hendrik Moor und Max Landschreiber unter ihnen sicher die Bedeutendsten waren, weil sie die gegenständliche Malerei in einen modernen Stil überführten. Bei Franz Gräßel haben die Ausstellungsmacher darauf Wert gelegt, eines der wenigen Bilder ohne seine berüchtigten Enten auszuwählen.

Gezeigt werden eine Reihe von Videofilmen, etwa über den Ursprung des Flusses als Ammer im Gebirge. Zu den Inszenierungen, die Strähhuber entwickelt hat, gehört eine Kabine, in der Besuchern ein Gefühl davon vermittelt wird, wie sich ein Ertrinkender fühlen muss. An der Decke sieht man die Wasseroberfläche, aus dem Kopfhörer ertönen die erstickten Schreie eines Menschen. Denn die Amper ist zwar Lebensraum und Lebensspender und war früher ein wichtiger Transportweg, wurde aber Menschen immer wieder auch zum Verhängnis, bei Hochwassern und Überschwemmungen oder Unfällen.

Eine ganz wichtige Rolle spielte die Amper seit dem Mittelalter als Energielieferant, der Mühlen antrieb. Die Müller legten Kanäle samt Wehren und Staumauern an, um die Wasserkraft zu nutzen, ebenso wie die Mönche von Fürstenfeld, die einen Kanal durch ihren prachtvollen barocken Garten zogen. Für jede Mühle war eine maximale Stauhöhe festgelegt, die wiederum die nutzbare Wasserkraft bestimmte und damit den Wert der Anlage.

Dennoch mäanderte die Amper wie alle Flüsse in vorindustriellen Zeiten noch weitgehend ungehindert durch das Land. Das zeigt eine Landkarte von Adrian von Riedl von 1790 sehr schön, die im Original zu sehen ist. Es ist die erste maßstabsgerechte Darstellung des Flusses, die am "Amper-See" beginnt, durch das Gebiet der damaligen "Churfürstlichen Pfleggericht Starnberg" führte, weil Bruck noch keine eigene administrative Einheit war, und bei Dachau endet.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Ruth Strähhuber hat die Ausstellung im Jexhof konzipiert.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Den Biber findet man auch heute noch an der Amper.

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(Foto: Carmen Voxbrunner)

Die Kegelhalsgefäße stammen aus einem keltischen Grab.

Im 19. Jahrhundert wurde der Fluss an vielen Stellen begradigt, bei Esting erfolgte ein Durchstich, die Amper wurde allmählich in ein festes Bett gezwungen. Auf einer Skizze ist mit ein paar Bleistiftstrichen sogar die Idee angedeutet, die Amper komplett umzuleiten und direkt bei München in die Isar münden zu lassen. Die nächste Welle von Eingriffen folgte mit dem Aufkommen der Elektrizität. Wasserkraftwerke lösten die Mühlen schließlich ab. Die meisten wurden von der "Amper Elektrizitäts" AG übernommen, einem Vorläufer von Eon, oder den Brucker Stadtwerken.

Deren Turbinen benötigten breitere Kanäle, ein Foto zeigt, wie der Kanal an der Obermühle in Fürstenfeldbruck 1948/49 ausgeweitet wurde. Während des Zweiten Weltkrieges wollte das Oberkommando der Marine in der Hartlmühle bei Wildenroth neue Unterwasserfahrzeuge testen lassen, was zu allerlei Gerüchten über Wunderwaffen führte. Diese Nutzung und Regulierung der Amper war ständig Anlass für Auseinandersetzungen, etwa der jahrzehntelange Streit um das Ampermoos, um Trockenlegung und Wiedervernässung, die in unseren Tagen wieder aufflammte.

Die Jexhof-Ausstellung "Die Amper: Geschichte(n) eines Flusses - Vom Ammersee bis Olching" ist bis zum 31. Oktober zu sehen. Das Museum ist von Dienstag bis Samstag von 13 bis 17 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von 11 bis 18 Uhr geöffnet. In Kürze erscheint zur Ausstellung ein umfangreicher Katalog.

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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