Schädlinge:Borkenkäferalarm für den Landkreis

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Das Forstamt warnt vor einer weiteren Ausbreitung des Schädlings und befürchtet eine bisher ungeahnte Zerstörung von Fichtenbeständen. Die warmen Temperaturen begünstigen die Vermehrung

Von Manfred Amann, Fürstenfeldbruck

Wenn es weiter so warm bleibt und sich die Borkenkäfer weiter vermehren und ausbreiten können, befürchten Forstexperten im Landkreis eine bislang ungeahnte, großflächige Zerstörung der Fichtenbestände. Das Amt für Landwirtschaft, Forsten und Ernährung hat jetzt für die gesamte Region "Käferalarm" mit der höchsten Warnstufe ausgerufen.

Der Herbst vergangenes Jahr war schön, der Winter eher mild und auch die aktuellen Temperaturen tragen dazu bei, dass sich die Borkenkäfer optimal entwickeln können. Vor allem im südlichen Landkreis sind die von dem Schädling bevorzugten Fichten in Gefahr. Die Bestände sind bereits geschädigt und leiden noch unter den Folgen des Orkans "Niklas" von vor fünf Jahren. Zwar ist der nördliche Landkreis weniger betroffen, "aber Handeln ist überall gleich dringlich", mahnt Försterin Anita Ottmann.

In der Regel schwärmen die Käfer zwei Mal im Jahr. Da die erste und die zweite Ausbreitung aufgrund der optimalen Witterungsbedingungen jeweils aber um zwei Wochen früher als üblich erfolgt sei, müsse man heuer sogar mit einer dritten Welle rechnen, erklärt die Försterin bei einem Pressegespräch in einem Privatwald bei Puch. Ab 17 Grad Wärme könnten die Käfer schwärmen, 23 Grad und mehr wie in diesen Tagen bildeten die ideale Grundlage. Wichtig, unabdingbar und alternativlos sei jetzt, dass alle Waldbauern so schnell wie möglich befallene Bäume abholzen und entrinden, damit sich die Larven möglichst nicht mehr zu Käfern entwickeln können.

"Es ist kaum zu glauben, mit welcher Geschwindigkeit sich Borkenkäfer ausbreiten und sich vermehren", erzählt die Leiterin des Fürstenfeldbrucker Forstreviers. Um die Schäden zu zeigen, schabt sie mit einem Beil etwas Rinde von einer befallenen Fichte ab, unter der von einem Muttergang aus schon Dutzende quer verlaufende Larvengänge abgehen. Der Baum hat keine Chance mehr, weil durch den Querfraß unter der Rinde der Wasser- und somit der Nahrungstransport unterbunden ist. Er muss wie viele andere schleunigst raus aus dem vielleicht noch gesunden Bestand, um eine weitere Vermehrung zu unterbinden.

Der "Harvester", ein sogenannter Vollholzernter, der von einem Maschinisten bedient wird und der Fällen, Entasten, Entrinden und in Stücke sägen in einem Arbeitsgang erledigt, sei in diesem Fall bereits unterwegs. In anderen Waldstücken hätten Eigentümer den Befall noch gar nicht bemerkt. Das könne letztlich zum Absterben des gesamten Bestandes führen, warnt Ottmann. Am besten zwei Mal pro Woche sollten Waldbesitzer jetzt ihre Fichtenbestände genauestens prüfen, um rechtzeitig zu erkennen, ob der Käfer wüte und wenn ja, so schnell wie möglich handeln. Die Försterin hat noch eine weitere Bitte: Waldnachbarn sollten auch die Bäume nebenan im Blick haben und sich gegenseitig unterrichten oder im Forstamt anrufen, wenn sie einen Befall vermuten.

Meist ist die als "Buchdrucker" bezeichnete Käferart anzutreffen, die sich im unteren bis mittleren Stammbereich festsetzt, seltener der "Kupferstecher", der den oberen Stamm bis in den Kronenbereich vorzieht. Befallene Bäume erkennt man recht gut an dem feinen Bohrmehl, der auf Rindenborken und Pflanzenblättern rund um den Baumstamm zu finden ist und aussieht wie Schnupftabak oder Kaffeepulver. Später dann, wenn die Fichte abstirbt, werden Geäst und Nadeln braun und die Rinde blättert ab. So weit dürfe es aber niemals kommen, da man sonst dem Käfer nicht beikommen könne, mahnt Ottmann. "Man merkt jeden Tag, wenn der Käfer wütet", erklärt Forstreferendar Simon Springer und zeigt auf einen Baum, der "vor zwei Tagen noch ganz gesund" aussah. Als Ottmann das Beil ansetzt, wird erkennbar, dass schon ein Muttergang vorhanden ist, in den ein Käferweibchen etwa 50 Eier legt. Geschlechtsreife Buchdrucker-Käfer sind braun und vier bis fünf Millimeter klein. Die Fichten werden zuerst von einigen Käfermännchen befallen, die sich durch die Rinde bohren und mit Duftstoffen Weibchen anlocken. Nach der Paarung legen die Weibchen ihre Eier ab, aus den geschlüpften Larven wächst dann in nicht einmal sechs Wochen eine neue Generation heran. Überdies können Buchdrucker-Weibchen nach kurzer Regenerationszeit erneut Eier legen. Rechnet man laut Ottmann die Vermehrung über zwei Generationen einschließlich der so genannten Geschwisterbruten hoch, kommen allein auf ein Käferweibchen im Jahr circa 100 000 Nachkommen.

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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