Sagen und Mythen:Die verlorene Wette des Teufels

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Malerisch: die Kapelle Sankt Georg in Roggenstein. (Foto: privat)

Um das Kirchlein bei Gut Roggenstein ranken sich viele Geschichten. Im Inneren birgt es wertvolle Kunstschätze

Von Manfred Amann, Emmering

Erhöht über der Hofanlage des Versuchsgutes Roggenstein in Emmering an der Gemeindegrenze zu Eichenau steht am östlichen Rand einer eiszeitlichen Endmoräne die mittelalterliche Kapelle Sankt Georg. Das Gotteshaus liegt versteckt zwischen Bäumen und wurde der Sage nach mit Hilfe des Teufels errichtet. Westlich des Bergsporns auf der Emmeringer Leite stand dereinst eine Burg, die Aufzeichnungen zufolge mal Rocken-, Rucken-, Ruchen- oder Rückenstein (-stain) hieß. Im Innern des Burghügels wurde schon vor mehr als hundert Jahren ein Erdstall entdeckt, der mittlerweile vermessen und kartiert ist, und ebenfalls viel Stoff für Legenden bietet.

Eines ist sicher: Der Erdstall, der vermutlich in keinem Zusammenhang mit der Burganlage steht, endet nach etwa hundert Metern ohne Ausgang. Ob er einst als Lager oder Versteck diente, ist nicht bekannt. Den im Volksmund kursierenden unterirdischen Gang zum Nikolausberg südlich von Fürstenfeldbruck am westlichen Ende der Emmeringer Leite gibt es also nicht. Auf dem Nikolausberg stand einst ebenfalls eine Burg, von der aus nach der Gründung von Bruck die Salzstraße mit der Zollbrücke über die Amper und der Markt überwacht wurden. "Nach der unterirdischen Verbindung der beiden Burgen werden wir bei Führungen immer wieder Mal gefragt", verrät Ursula Mosebach aus Eichenau, die den Verein für die Erhaltung der Kapelle Sankt Georg Roggenstein leitet. Manche Gäste seien sogar enttäuscht, dass man den etwa zwei Meter hohen Stollen aus Sicherheitsgründen nicht mehr besichtigen kann und der Eingang deswegen dauerhaft verschlossen wurde.

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(Foto: Johannes Simon)

Von außen wirkt die Kapelle unscheinbar. Dafür birgt das Innere Kunstschätze wie die Fresken und eine bemalte Holzdecke.

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(Foto: Johannes Simon)

Im Sommer werden einmal im Monat Führungen angeboten, unter anderem mit der Kunsthistorikerin Ursula Mosebach (rechts).

Zwischen den Burgställen gibt es zwar keinen Stollen, aber eine Verbindung in Form einer verwandtschaftlichen Beziehung. Beide Burgen waren im Mittelalter lange in Besitz der Adeligen von Gegenpoint, die in der Region, vor allem in Emmering, reich begütert und von Heinrich dem Löwen als Ministeriale eingesetzt worden waren, nachdem Kaiser Barbarossa ihm 1156 das Herzogtum Bayern überantwortet hatte. In einer Urkunde von 1317 ist Roggenstein als Besitz einer Agnes von Gegenpoint erstmals erwähnt. Nach mehreren Besitzerwechseln wurden 1371 "Burgstall, Gesäß und die Höf" an das Zisterzienserkloster Fürstenfeld verkauft. Dieses richtete in Roggenstein ein "Oeconomie-Gut" ein, das anfangs von den Mönchen selbst verwaltet, später auf Erbpacht an Bauern zur Bewirtschaftung vergeben wurde. Man nimmt an, dass die Burg schon verfallen war, als das gesamte Gut vom Kloster übernommen wurde, sodass heute keinerlei Gebäudereste mehr vorhanden sind.

Nur anhand von Geländespuren und dem Verlauf von zwei Gräben lässt sich die Ausdehnung der Abschnittsburg noch erahnen. Bis zur Säkularisation 1803 verblieb Roggenstein im Besitz des Klosters, dann wurde es verstaatlicht und zusammen mit dem Kloster an den böhmischen Tuchfabrikanten Ignaz Leitenberger verkauft. 1817 kaufte das Königreich Bayern das Gut Roggenstein samt Georgskapelle zurück und errichtete dort einen Militär-Fohlenhof. Heute ist Roggenstein ein staatliches Versuchsgut der Technischen Universität München, Fachbereich Landwirtschaft und Gartenbau in Freising-Weihenstephan.

Sieht man von den Verwüstungen ab, die Gegner von Gentechnikversuchen zum Beispiel auf einem Kartoffelfeld anrichteten, gilt das Interesse der Besucher in erster Linie der unter Denkmalschutz stehenden Kapelle, die mit ihrem Glockengiebel recht einfach aussieht, im Innern aber wertvollste Wandmalereien aufweist. "Wir machen auch Führengen mit Schulklassen, da kann es schon Mal vorkommen, dass das Interesse relativ schnell abklingt. Wenn wir dann vom Erdstollen oder vom Teufel erzählen, der die Steine zum Bau der Kapelle hochtragen musste, weil er ein Wette verloren hatte, dann werden die Schüler wieder ganz hellhörig", erzählt die Vorsitzende des Fördervereins mit einem Lachen in der Stimme.

Eher selten würden sich Erwachsene für die Teufelslegende oder für die Sage von den drei Jungfrauen interessieren, die hier einmal auf einem Schloss gewohnt, Preziosen aus einem Goldschatz verteilt haben sollen - und die man angeblich noch singen hören kann. Vermutlich steht die Jungfrauensage im Zusammenhang damit, dass die Kapelle früher der heiligen Margarethe geweiht war, wie ein Schriftstück aus dem Jahre 1524 belegt. "Margaretha mit dem Wurm, Barbara mit dem Turm, Katharina mit dem Radl, das sind die drei heiligen Madl", sagt der Volksmund. In einem Wandfresko in der Kapelle sind Bildnisse der drei heiligen Jungfrauen, die zu den vierzehn Nothelfern zählen, fragmentarisch erhalten. Historisch bedeutsam sind neben den Wandmalereien die mit blauen, roten und ockerfarbigen Ranken bemalte gotische Fichtenholzdecke, der um 1686 entstandene Holzaltar, sowie die Mondsichelmadonna aus dem 18. Jahrhundert und die in Öl gemalten Kreuzwegbilder des frühen Klassizismus.

Die Kapelle ist nur jeden ersten Sonntag der Monate Mai bis Oktober von 15 bis 17 Uhr und bei Sonderführungen zugänglich. An diesen Tagen geben Mitglieder des Vereins Auskunft über Kunst und Geschichte der Kapelle. Führungen außerhalb der Öffnungszeiten können beim Verein gebucht werden. Telefon: 08141/70 577. Zur Georgskapelle kommt man mit der S 4 Richtung Geltendorf, Haltestelle Eichenau. Vom Bahnhof führt ein Fuß- und Radweg entlang dem Bahndamm bis Gut Roggenstein (ca. 1 km).Mit dem Auto fährt man von der B 2 (München - Fürstenfeldbruck) nach Eichenau und dort rechts entlang des Starzelbaches bis zum Ende der Roggensteiner Allee. Über die letzte Brücke geht es auf eine Anhöhe zur Kapelle Sankt Georg und zum Gut Roggenstein.

Ein Goldschatz und Engelsgesang

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(Foto: mythen)

Dem Teufel ist jeder Kirchenbau zuwider, heißte es, so wollte er auch den Bau von St. Georg einst verhindern und dachte, den Maurermeister, der die Kapelle erbauen sollte, dranzukriegen, weil dieser gerne und viel fluchte. Doch der Baumeister war auch nicht dumm und konnte den Teufel überlisten. Sie wetteten darauf, dass es der Maurer nicht schafft, einen Tag ohne fluchen zu überstehen. Sollte er es ihm aber doch gelingen, sollte der Teufel je Tag ohne Fluch drei Tage lang die Steine für die Kapelle den Berg hochtragen. Am ersten Tag ging bis mittags alles gut. Nachmittags aber entwich dem Maurer dann doch wegen der Hitze ein: "Sakrament, is des heid hoaß". Er verbesserte sich aber gleich, indem er schnell nachschob "... das heilige sei hochgelobt". Der Teufel hatte das nicht so recht mitbekommen, lachte erst, war dann aber doch etwas beunruhigt. Am zweiten und dritten Tag klappte es mit der Selbstbeherrschung des Maurers ohne Zwischenfall, da wollte sich der Teufel schnell davonmachen, um die Wette nicht einlösen zu müssen. Aber der Baumeister hielt ihn fest. Nun musste der Teufel neun Tage lang Steine schleppen, der Maurermeister hatte das Fluchen verlernt und der Teufel, war sauer und ist seither nie wieder in die Nähe von Roggenstein gekommen. Eine zweite Sage rankt sich um den Ort: Dieser zufolge stand einst ein Schloss auf dem Roggensteiner Berg, in dem ein Graf mit seiner Frau und seinen drei Töchtern lebte. In dessen Keller lag ein wertvoller Goldschatz. Eines Nachts gab es ein schweres Gewitter mit Blitz und Donner, die Erde tat sich auf und das Schloss verschwand. Viele Jahre später gingen Eichenauer in einer dunklen Novembernacht am Fuß der Anhöhe spazieren und hörten einen wunderschönen Gesang. Plötzlich tat sich der Berg auf und es kamen drei wunderschöne Mädchen in weißen Kleidern, begleitet von einem Schwarzen hervor und beschenkten die Spaziergänger mit Blumen. Gleiches geschah ein anderes Mal, als arme Leute vorbeikamen. Denen schenkten die Mädchen einen Teil von dem wertvollen Goldschatz. Kamen junge Mädchen vorbei, bekamen sie von den Grafentöchtern Tücher und Stoffe und sie lehrten ihnen Liedern, die einem Engelsgesang glichen. mann Quelle: Sagen und Legenden um Fürstenfeldbruck und Germering, Gisela Schinzel-Penth, Ambro Lacus- und Bildverlag 1996

© SZ vom 31.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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