S-Bahnausbau:Stadtrat stimmt gegen Außenbahnsteig

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Solange der Ausbau der S 4 nicht entschieden ist, geht auch beim barrierefreien Umbau des Bahnhofs in Puchheim nichts voran. (Foto: Voxbrunner Carmen)

In Puchheim soll der Bahnhof so behindertengerecht ausgebaut werden, wie das bayerische Verkehrsministerium vorschlägt. Dafür will die Stadt aber an den Planungen beteiligt werden

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Die große Mehrheit des Puchheimer Stadtrates hat sich überzeugt gezeigt, dass der behindertengerechte Außenbahnsteig für die S-Bahn im Norden des Puchheimer Bahnhof sich nicht verwirklichen lässt und in seiner Sitzung am Dienstag gegen fünf Stimmen für die Variante des bayerischen Verkehrsministeriums gestimmt. Diese stellt den barrierefreien Ausbau des Bahnhofs auf einem Mittelbahnsteig in Aussicht. Gleichzeitig forderte der Stadtrat, dass das Ministerium die Stadt Puchheim an der Ausbauplanung des Bahnhofs, der im Bedarfsfall vier Gleise haben soll, beteiligen solle.

An der Frage, ob das Ministerium eine Beteiligung Puchheims überhaupt zulässt, schieden sich die Geister. "Es wird keinen Dialog geben", meinte Michaela von Hagen, die Fraktionssprecherin der Freien Wähler, fest überzeugt. Es habe vom Ministerium bisher keine Antworten gegeben, auch nicht warum die S-Bahn in der Mitte fahren soll. Von Hagen sicher: "Wir haben das zu schlucken." Sie stimmte zusammen mit ihren Parteikollegen Gudrun Horn und Michael Peukert, sowie Martin Koch (FDP) und Wolfgang Wuschig (UBP) gegen den gefassten Beschluss. SPD-Fraktionssprecher Jean-Marie Leone glaubte an einen Dialog und an die Puchheimer Einflussnahme auf die Ausbauplanung des Ministeriums. "Wir dürfen die Tür nicht zuschlagen", warnte Leone. Koch qualifizierte den Beschlussvorschlag als "Jein" und sprach sich für die Ablehnung Ausbauvariante des Ministeriums aus, um dann in den Dialog einzutreten. Thomas Hofschuster (CSU), der dritte Bürgermeister, hielt nichts von weiteren Petitionen, wie kürzlich die vom Brucker Verkehrsforum an den Bayerischen Landtag. Er wollte im Beschluss konkrete Ausbauforderungen, zum Beispiel Überdachung der Rampen für Behinderte, verankern. Das "Nachschärfen" des Beschlusses gefiel auch UBP-Fraktionssprecher Jürgen Hunold, doch die Ratsmehrheit samt Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) wollte keine konkreten Forderungen verankern. Seidl gestand in der Beschlussformulierung, die Ministerin Kerstin Schreyer zugeleitet wird, lediglich zu, "bitten" gegen "fordern" auszutauschen. Er zeigte sich zufrieden über die breite Zustimmung. "Es ist Eile geboten, sonst fällt der vorgezogene Ausbau hinten runter", so Seidl überzeugt.

In der Bürgersprechstunde zu Beginn der Sitzung hatte Ingrid Kroppen für den Behinderten-, Senioren- und Umweltbeirat nachdrücklich gefordert, dass der Stadtrat der Mittelbahnsteig-Variante nicht zustimmt. "Das Ministerium hat uns in den vergangen zehn Jahren immer vor vollendete Tatsachen gestellt und keine Transparenz hergestellt, das wird sich nicht ändern", bezweifelte Kroppen, dass die Stadt zukünftig Einfluss nehmen kann. "Wenn wir die vorgeschlagene Lösung des Ministeriums ablehnen, gibt es überhaupt keinen barrierefreien Ausbau", hielt Lydia Winberger (Die Grünen) eingangs der Debatte dagegen. "Fakt ist", so Winberger, "die Deutsche Bahn hat seit April dieses Jahres den Ausbauauftrag." Sie erinnerte daran, dass das jahrelange Engagement für den Ausbau des nördlichen Außenbahnsteigs und die Puchheimer Petition von 3300 Bürgerinnen und Bürger nicht zum Erfolg geführt habe. Ähnlich argumentierte Leone, der noch einmal erwähnte, dass niemand im Stadtrat für einen barrierefreien Mittelbahnsteig sei, aber der Außenbahnsteig nicht erreichbar sei. Michael Peukert (Freie Wähler) hatte zuvor versucht, den Stadtrat davon zu überzeugen, dem Mittelbahnsteig nicht zuzustimmen, weil das Ministerium keine Begründung gegeben hat, warum der Außenbahnsteig nicht möglich sei. "Passiert das bei uns, ist der Mittelbahnsteig ein Muster für alle anderen Bahnhöfe an der S 4", warnte Peukert. CSU-Fraktionssprecherin Karin Kamleiter widersprach. "Wir müssen in den sauren Apfel beißen", sagte sie und schloss sich der Meinung von SPD und Grünen an. "Wir wollen den behindertengerechten Ausbau jetzt, nicht in 20 Jahren."

© SZ vom 30.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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