Puchheim:Synthese vieler Gegensätze

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Aufgeführt wird in Puchheim auch Felix Draesekes 1901 komponiertes Quintett in F-Dur für Violinen, Viola und Violoncelli. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Kammerkonzert mit Gärtnerplatzmusikern

Von Klaus Mohr, Puchheim

"Gegensätze ziehen sich an", sagt der Volksmund. So war es auch beim Kammermusikabend im Puchheimer Kulturzentrum Puc am Montag: Quintette im ersten Teil kontrastierten mit Sextetten in der zweiten Konzerthälfte. In gleicher Weise galt dies auch für Streicher und Bläser. Alte und neue Werke standen einander gegenüber, allerdings waren hier die Trennlinien nicht so klar zu erkennen wie bei den vorhergehenden Parametern. Selbst mit Etikettierungen wie traditionell oder modern waren Unterschiede nicht eindeutig festzumachen. So, wie die beiden Silben des Mottos "Ama-deus" bei Mozarts Vornamen untrennbar zusammengehören, bildeten auch die Werke dieses Konzerts in aller Unterschiedlichkeit eine wunderbare Einheit. Zur Realisierung waren 13 Musiker aus dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München nach Puchheim gekommen.

Felix Draeseke gehört nicht zu jenen Komponisten, denen ein großer Nachruhm zuteil wurde. Der Stil seiner Werke passt in den Kontext des späten 19. Jahrhunderts, womit harmonische Weiterungen und klangvolle Expressivität zu den Kennzeichen gehören. Sein im Jahr 1901 entstandenes Quintett in F-Dur für zwei Violinen, Viola und zwei Violoncelli erklang in diesem Konzert. Der Kopfsatz - langsam und düster - fand über ein sich zum Thema entwickelndes Motiv ins Musizieren. In enger Verzahnung der Linien blieb die Musik zunächst immer fragil in ihrer Konsistenz. Erst später entwickelte sich aus dem gebundenen Verlauf ein dichter Klang, der nicht viel Luft ließ. Dennoch war der Eindruck stets hell und offen, was am eher höheren Klangraum lag, der hier Verwendung fand.

Gegensätze auf kleinem Raum entstanden im Scherzo durch abwechselnd gezupfte und gestrichene Töne sowie die motivische Verschränkung kreisender Figuren in präzisem Zusammenspiel. Mit der Helligkeit im Eingangssatz kontrastierte der tief timbrierte Klang im dritten Satz - langsam und getragen. Auf dieser Basis erhob sich eine intensiv vibrierte Kantilene der Viola. Sehr ausdrucksstark präsentierte sich der Finalsatz, der zwischen den zahlreichen Steigerungen nur wenig Raum für Entspannung ließ.

Das Quintett Nummer eins für die gleiche Besetzung mit dem Beinamen "Genesis" von Lucio Franco Amanti aus dem Jahr 2014 folgte. Wie das gleichnamige Buch aus dem Alten Testament beinhaltete es eine Art "Schöpfung", weil zahlreiche Bezüge aus der Musikgeschichte von Schubert bis in die Gegenwart zum Ausgangpunkt für eine Neubeleuchtung oder eine veränderte Kombination wurden. Die insgesamt vier Sätze erklangen ohne Unterbrechung, und der Hörer war intensiv damit beschäftigt, sich aufmerksam die verschiedenen Klangschichten aus Altem und Neuem klanglich zu erschließen. Die einführenden Worte des anwesenden Komponisten waren allerdings weder akustisch ausreichend verständlich noch im Hinblick auf die musikalische Wahrnehmung für Laien nachvollziehbar strukturiert.

Jean Françaix gehört als Komponist des 20. Jahrhunderts in eine eigene Kategorie: Sein Stil ist unverwechselbar und kombiniert Altes und Neues so genial miteinander, dass die Grenzen der Kategorien oft beinahe unkenntlich verwischt werden. Zusätzlich würzt er seine Werke mit Sinn für rhythmischen und klanglichen Witz, so dass sich ein stets erfrischend-überraschender Klang mit Raffinesse und Eleganz ergibt. Sein Sixtuor von 1992 für Flöte, Oboe, Klarinette, Bassklarinette, Horn und Fagott war im Puc zu hören. Im Kopfsatz (Risoluto) war zu Beginn ein scheinbares Durcheinander zu hören, dessen Ordnung der Hörer erst allmählich durchdrang. Dann aber gab es eine Kantilene, die wie ein schönes Bild wirkte, und für die die anderen Instrumente einen reich verzierten Bilderrahmen abgaben. Aufblitzende akustische Lichter gab es im Scherzo, hinter denen sich ein veritables Kokettieren und friedliches Wetteifern um die frechste Passage verbarg. Im Schlusssatz unterhielten sich die Instrumente vergnügt miteinander, und zwischen das Tirilieren von Flöte und Oboe tappte die Bassklarinette wie ein großer, dicker Bär.

Ganz zum Schluss gab es dann eine wunderbare Harmoniemusik in Gestalt der Serenade Es-Dur KV 375 von Mozart, die wie eine geglückte Synthese aller Strömungen wirkte.

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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