Asylbewerber-Unterbringung:Puchheim bereitet sich auf Flüchtlinge vor

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Thomas Karmasin, Norbert Seidl und Elisabeth Baumgartner (von links) bei der Bürgerversammlung. (Foto: Günther Reger)

Zur Sonderbürgerversammlung mit Bürgermeister Seidl und Landrat Karmasin kommen 220 Einwohnern

Von Peter Bierl, Puchheim

Das Thema Asylbewerber bewegt viele in Puchheim. Mehr als 220 Einwohner kamen zu einer Sonderbürgerversammlung am Donnerstag ins Kulturzentrum Puc, doppelt so viele wie sonst. Etwa ein Dutzend meldete sich zu Wort. Die meisten fragten nach Details der Unterbringung, eine Frau sorgt sich vor Anschlägen auf die Unterkunft. Nur bei wenigen klangen Vorbehalte an. Die meisten spendeten Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) Beifall, als er die Veranstaltung nach zweieinhalb Stunden mit den Worten beendete: "Ich bin mir sicher, dass wir das alle miteinander schaffen."

Im Herbst werden 160 Flüchtlinge in eine Unterkunft im Gewerbegebiet Nord einziehen. Das zweistöckige Gebäude direkt an der FFB 11 wird derzeit umgebaut. Dort wird es ziemlich eng. Den Menschen stehen in den Zimmern, die sie zu zweit, dritt oder viert bewohnen, jeweils etwa acht Quadratmeter zur Verfügung. Die Küchen werden gemeinsam benutzt. Im Außenbereich gibt es einen Spielplatz, Sitzgelegenheiten, Abstellplätze für Räder und Müllcontainer. Ein Sicherheitsdienst wird im Einsatz sein, die Diakonie richtet ein Büro für Beratung und Betreuung ein. Es gibt keine direkten "Wohnnachbarn", sondern Gewerbebetriebe sowie Bauhof und Feuerwehr daneben, so dass eine gewisse soziale Kontrolle gewährleistet sei, sagte Seidl.

Der Bürgermeister rechnet damit, dass sich etwa 20 Kinder unter den Flüchtlingen befinden werden. Die Kleineren können in den Kindergarten gehen, für die Größeren herrscht Schulpflicht. In der Grundschule Süd sind zwei Übergangsklassen eingerichtet, in denen die Kinder Deutsch lernen. "In einem Viertel- oder halben Jahr beherrschen sie die Sprache meist so gut, dass sie eine Regelklasse besuchen können", sagte Rosemarie Ehm, die Rektorin, die mit auf dem Podium im Puc saß. Für Erwachsene gibt es keine Sprachkurse, abgesehen von dem, was der Asylhelferkreis organisieren kann. Dort gibt es bereits eine Arbeitsgruppe mit dreizehn Personen, die Kurse leiten werden. "Das Spektrum ist ziemlich groß. Einige sind Analphabeten, andere kennen die lateinische Schrift nicht, manche sprechen Englisch und lernen sehr schnell mit Hilfe des Internets", erklärte Elisabeth Baumgartner-Werner von der Diakonie.

Mehrere Besucher fragten nach dem Zusammenleben der Geschlechter. Einer wollte wissen, wie die Frauen von der Diakonie mit überwiegend männlichen Flüchtlingen zurechtkämen, von denen doch einige aus Ländern stammten, in denen Frauen nicht ernst genommen würden. "Das passiert mir mit oberbayerischen Männern auch", antwortete Baumgartner und erntete dafür großen Applaus und Gelächter. "Wir erklären Muslimen, dass es hier üblich ist, einer Frau die Hand zu geben. Sie entscheiden dann selber, ob sie unhöflich sein wollen", sagte die Sozialarbeiterin. Übergriffe auf Frauen kämen in den Unterkünften seltener vor als im deutschen Alltag.

"Was kostet uns als deutsche Steuerzahler eine vierköpfige Flüchtlingsfamilie im Monat", wollte ein Mann von Landrat Thomas Karmasin (CSU) wissen, der die Frage nicht exakt beantworten konnte. Erwachsene bekämen 143 Euro als Taschengeld und 216 Euro für Lebensmittel, Kleidung, Gesundheit und Körperpflege, erklärte er. Rechne man die Kosten für die Unterkunft dazu käme man im Durchschnitt auf 915 Euro pro Person im Monat, dazu kämen Verwaltungskosten. Auf die Frage, wie lange die Unterkunft bestehen würde, antwortete Karmasin, er rechne mit etwa zehn Jahren. "Selbst wenn die Flüchtlingswelle abebbt, dauert es eine Zeit, bis alle Fälle abgewickelt sind", sagte der Landrat. Ein Mann warf dem Bürgermeister vor, falsche Zahlen zu nennen, in Anspielung darauf, dass es wohl nicht bei 160 Flüchtlingen bleiben wird. "Das ist die Zahl, mit der wir momentan arbeiten", beharrte Seidl.

© SZ vom 18.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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