Puchheim:Mut statt "German Angst"

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Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl spricht in der Kirche

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

"Armut, Zensur, Gefängnis": Mit diesen drei Begriffen fasste Norbert Seidl die Beweggründe der Flüchtlinge aus Eritrea zusammen, die auch in Puchheim untergekommen sind. Der Puchheimer Bürgermeister sprach am Sonntag von der Kanzel der Auferstehungskirche zum Thema "Flüchtling sein". Zur Kanzelrede hatten ihn die Gemeinde und Pfarrer Markus Ambrosy eingeladen. Sie hatten sich den Themenschwerpunkt Eritrea gegeben. Katholik Seidl erinnerte an die Übereinstimmung der Bibelstelle: "einen Fremden sollst du nicht ausbeuten ... Ihr selbst seid in Ägypten Fremde gewesen", mit dem Grundgesetzartikel, der garantiert, dass politisch Verfolgte Asylrecht in Deutschland genießen. "Machen wir uns gemeinsam auf den Weg und verbreiten wir die Erfolge der Integration", appellierte Seidl an die Gottesdienstbesucher, die die Kirche bis auf den letzten Platz füllten.

Bibelstelle und Grundgesetz seien zwei Rechtssysteme mit gleichen Prinzipien. Dafür gab es Beifall der Gläubigen, die sich offenbar in diesem Vergleich wiedergefunden hatten. "Wie können Integration und Zuwanderung gelingen?", fragte der Puchheimer Bürgermeister. Eine Million Flüchtlinge hätten in Deutschland "Abwehr und Schutzmechanismen in dem ach so wehrlosen Land ausgelöst". Seidl brachte dafür kein Verständnis auf: "Die German Angst vorm Untergang scheint lächerlich." Natürlich sei die große Zahl der Flüchtlinge eine Nagelprobe fürs Land. "Überlegen Sie genau, wann wir die Grenzen zumachen sollen und was mit dem passiert, der als erstes die Obergrenze überschreitet", forderte Seidl zum Nachdenken auf. Die Nagelprobe, ob die Integration gelingt, gelte auch für die Puchheimer Bürger.

Seidl dankte allen Helfern für ihr Engagement: "Sie sind ein Geschenk für unsere Stadt." Die Auferstehungskirche habe auch eine Wohnung für Asylbewerber angeboten. Seidls Appell: "Vielleicht können Sie selbst eine Wohnung anbieten oder Sie kennen jemanden, der eine anzubieten hat." Er habe aber auch dafür Verständnis, dass der Deutsche Ordnung und Sicherheit wolle. Er plädierte dafür, dass sich Flüchtlinge ordnungsgemäß registrieren lassen, dass man wisse, wer mit uns lebt: "Es gibt die Pflicht zur eindeutigen Identität." Die kulturelle Integration werde wohl zwischen den Extrempolen der Integrationsverweigerer von Pegida und den Kölner Straftätern erfolgen müssen, zeigte sich der Bürgermeister überzeugt.

Integration werde, so Seidl, über Sprache und Begegnung sowie über Schule und Arbeit erfolgen müssen. Damit habe dieses Land ja auch einige positive Erfahrungen gemacht. "Wir machen das nicht zum ersten Mal", sprach Seidl allen Anwesenden Mut zu, zum Gelingen der Eingliederung von Flüchtlingen beizutragen. Beiden christlichen Kirchen bescheinigte Seidl, eine positive Rolle zu spielen. Verständigung und Verhandlung über die Art und Weise der Integration müssten stattfinden. "Aber gegenseitige Vorwürfe sind Gift", sagte er. Das Geschachere über Obergrenzen lehnt er ab.

© SZ vom 22.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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