Puchheim:Musizierfreude

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Gelungenes Doppelkonzert im Puc

Von Klaus Mohr, Puchheim

Wer von zwei Spitzenorchestern in einem Konzert liest, vermutet einen musikalischen Konkurrenzkampf. Der Begriff "Spitzenorchester" bezieht sich dabei auf das Prädikat "mit hervorragendem Erfolg teilgenommen", das die beiden Ensembles beim Deutschen Orchesterwettbewerb 2016 erzielt haben. Allerdings handelt es sich um verschiedene Kategorien, in denen die beiden angetreten sind: Das "Puchheimer Jugendkammerorchester" (PJKO) unter seinem Leiter Peter Michielsen startete in der Kategorie "A4 Jugendkammerorchester", die "Neue Kammerphilharmonie Rhein-Neckar" unter ihrem Dirigenten Thomas Kalb in der Kategorie "A3 Kammerorchester". Während die Mitglieder des PJKO im Durchschnitt etwa 15 Jahre alt sind, handelt es sich bei der Kammerphilharmonie Rhein-Neckar um ein Ensemble mit jungen Erwachsenen, die entweder noch Schüler oder Studierende sind.

Jetzt trafen sich die beiden Ensembles auf Einladung des PJKO zu einem gemeinsamen Konzert im gut besuchten Saal des Puc. Eine Konkurrenz war aufgrund der unterschiedlichen Gesamtsituation also in keiner Weise gegeben, vielmehr handelte es sich um eine Begegnung auf musikalischer wie menschlicher Ebene.

In der ersten Konzerthälfte musizierte das PJKO mit seinen knapp dreißig Streichern. Zu Beginn erklang die 1804 entstandene Streichersonate Nr. 1 in G-Dur von Gioachino Rossini, ursprünglich komponiert für die Besetzung mit zwei Violinen, Violoncello und Kontrabass. In der Bearbeitung mit Bratschen und ohne Kontrabässe offenbarte sich der filigrane Witz in Rossinis Musik in gleicher Weise. Die heikle Vorschlagsfigur zu Beginn des Kopfsatzes Moderato gelang präzise, intonationsrein und transparent im Charakter. Die darauf folgende sonore Melodie der Viola war ebenso wie die sehnsuchtsvolle Kantilene der Violine in einen samtenen Begleitteppich eingebettet.

Zwei Sätze aus der Streicherserenade in e-Moll op. 21 des heute nahezu vergessenen Komponisten Robert Fuchs aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts schlossen sich an, wobei den Klangraum nach unten hier wunderschön ein vom Partnerorchester "ausgeliehener" Kontrabassist abrundete. Im Adagio entwickelte sich sorgsam ein weicher Legatoklang, der zu Spannungsbögen verdichtet wurde. Der Ton hatte viel Intensität und auch in den hohen Lagen noch eine sehr schöne Klangqualität. Tänzerisch leicht und mit klarer Phrasierung waren die Stimmen in zupackender Spielweise im nächsten Satz gut verzahnt und zu einer überzeugenden musikalischen Aussage vereint.

Nach der Pause musizierte die aus etwa zwanzig Streichern bestehende Neue Kammerphilharmonie Rhein-Neckar, im Gegensatz zum PJKO nicht sitzend, sondern stehend. Musikalisch manifestierte sich hier, was auch für die Haltung im Orchester gelten dürfte: Die Streicher setzten in ihrem Programm fast ausschließlich auf Fugen und damit auf eine Kompositionsweise, die durch die vielfältigen Imitationen Strenge und Disziplin erfordert. Beides dürfte auch für die erfolgreiche Arbeit in den Ensembles unerlässlich sein. Der Eindruck, dass trotz der Mühe die Freude am gemeinsamen Musizieren dominierte, stellte sich dennoch wie selbstverständlich ein.

Felix Mendelssohns Streichersinfonie Nr. 12 in g-Moll stand als erstes auf deren Programm. Wie eine dramatische Szene voll Inbrunst und Impetus war die langsame Einleitung zum schnellen Kopfsatz inszeniert. Sehr differenziert und fast überdeutlich artikuliert erklang das chromatische Fugenthema in kraftvoller Transparenz. Intensiv vibriert war der Legatoverlauf im Andante, klar strukturiert das abschließende Allegro molto. Am Ende vereinten sich beide Orchester in einer Melodie in a von Astor Piazzolla zu einem weich fließenden Sound, wie man ihn aus der Filmmusik kennt. Der berühmte Abendsegen aus Engelbert Humperdincks Oper "Hänsel und Gretel" setzte in choralartiger Größe einen wirkungsvollen Schlusspunkt. Großer Beifall und Bravo-Rufe waren den Ensembles sicher.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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