Puchheim:Musikalischer Empfang vor der Tür

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Die Mitglieder des Streetnoise Orchestras wollen nicht bis zum Auftritt warten. Sie empfangen die Zuhörer schon vor dem Puchheimer Kulturzentrum. (Foto: Günther Reger)

Das Bigband-Festival in Puchheim beginnt schon vor der Bühnenshow. Die 300 Besucher spenden spontan Applaus

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Reinhard Friedl merkt man die Anspannung vor dem Auftritt der Bigband des Puchheimer Gymnasiums an. 18 Musikstücke stehen auf Friedls Setliste für den einstündigen Auftritt beim Bigband-Festival im Puchheimer Kulturzentrum (Puc). "Swing, Latin, Rock, Pop - es wird alles dabei sein", kündigt der Musiklehrer und langjährige Leiter der Bigband an. Obwohl die 50 jungen Musiker um ihre jeweilige Aufgabe wissen, muss er beim Aufbau auf der Bühne immer noch die eine oder andere organisatorische Unklarheit ausräumen. Erleichtert ist Friedl, als auch noch Dominik Schneider ins Puc kommt. Der Pianist der Band musste kurz zuvor noch in die Augenklinik. Jetzt sitzt er mit Sonnenbrille am Piano. "Unser blonder Ray Charles" wird Dirigent Friedl ihn später launig dem Publikum vorstellen.

Vor dem ersten Bühnenauftritt einer Bigband haben Musiker schon die Straße vor und das Foyer im Puc erobert. Die etwa 300 Besucher, die später den großen Saal bis auf den letzten Platz füllen, zeigen sich beeindruckt, was alles eine Bigband sein kann. Empfangen wurden sie vor der Tür vom Streetnoise Orchestra aus Innsbruck. Schon vor dem Puc ernten die Österreicher für ihren Auftritt berechtigten spontanen Szenenapplaus. Während die Bigband aufbaute, spielten sie im Foyer zusammen mit dem Puchheimer Streichorchester Bluestrings, Tassilopreisträger von 2016, auf - eine Art vorgezogene Jam-Session. Das Streetnoise Orchestra versteht sich auch als Marching Band mit eigener Bewegungs-Choreografie. Dafür nutzen sie alle Blasinstrumente: Posaune, Horn, Holzblas-Saxofone, Trompete, Melodika und eine Tuba. Die ist gleichzeitig ein Sousafon, weil der Trichter beim Marschieren nach oben ausgerichtet werden kann.

Mit fetzigen Eigenkompositionen, Rasta Funk im New Orleans-Stil und "Watermelon Man" von Herbie Hancock unterhielt das Streetnoise Orchestra die Musikfans im Puc ganz großartig. Ihre Spielfreude begeisterte und animierte zu großem Applaus. 25 Musikerinnen und Musiker, alles Amateure, hat die Band, die in den Farben Orange und Grün auftritt. "Unser Format ist es vielfältig zu sein", erklärt Bandmitglied Boris, "wir bespielen vor allem die Zuschauerräume." In Innsbruck kommt es vor, dass sie spontan und unangemeldet durch die Straßen marschieren und musizieren. "Dafür gab es auch schon Strafen", erzählt Carole, eine Luxemburgerin, die in Tirol lebt. Auch bei politischen Demonstrationen ist die Band regelmäßig dabei. Die Band versteht sich als "basisdemokratische Einheit" und hat keinen Leiter. "Jeder ist aufgefordert, auch die Probenleitung zu übernehmen", bekräftigt Boris das Prinzip der Band.

Puchheims Kulturamtsleiter Michael Kaller beobachtete sie Szenerie im Puc an diesem Abend mit großer Genugtuung. Begeistert zeigte er sich von der Resonanz des Publikums bei der Premiere dieses Bigband-Festivals. "Mit Profibands könnten wir ein solches Festival nicht bezahlen", sagte Kaller. Ursprünglich sollte die Zusammenkunft nur ein Workshop der Blue-strings mit einem italienischen Orchester aus Florenz werden. Doch der italienische Dirigent wurde krank, und plötzlich sei die Idee des Bigband-Festivals entstanden, zu dem noch die Bigband aus Dachau unter Leitung von Tom Jahn hinzukam. Die beschloss den kurzweiligen Abend.

Zuvor hatte Friedl, seit 27 Jahren Musiklehrer am Gymnasium, seine Schüler erneut zu Höchstleistungen angetrieben. Die Schul-Bigband besteht seit 20 Jahren. Nachwuchssorgen gibt es dank des Engagements von Friedl offenbar nicht. Das Alter der Mitspieler bewegt sich immer zwischen zehn und 17 Jahren. Auch das dritte Konzert in einer Woche absolvierten alle mit Bravour. Immer wieder gab Friedl seinen Stimmführern der Instrumentengruppen Zeit zu ihren Soli. Auch Laura Keil und Joshua Joop überzeugten als Gesangssolisten bei "The Lady is a Tramp" von Richard Rodgers oder bei "Feeling Good" von Leslie Bricusse und Anthony Newley. Friedl schaffte es auch, mit mehrmaliger humoriger Aufforderung die Tanzfläche zu füllen: "Wenn sie tanzen, würden wir noch besser spielen."

© SZ vom 17.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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