Pädagogisches Marionetten-Theater:Kobolde fürs Selbstbewusstsein

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Die Puppe Paula ist ein Kindergartenkind. Sie erzählt den anderen Figuren, dass Gefühle völlig in Ordnung sind. (Foto: Günther Reger)

Gemeinsam mit der Augsburger Puppenkiste vermittelt das Projekt "Papilio" Kindergartenkindern soziale Kompetenzen. Dadurch sollen sie frühzeitig vor Sucht- und Gewaltproblemen geschützt werden

Von Julia Kiemer, Puchheim

Die Kinder starren gebannt auf die Bühne, als Heulibold aus der Kiste springt. Heulibold ist ein Kobold und sehr weinerlich, aber später erklärt ihm Paula, ein Kindergartenkind, dass es okay ist, manchmal traurig zu sein. Der Kobold ist einer der vier Kobolde aus der Geschichte "Paula und die Kistenkobolde", die von der Augsburger Puppenkiste in Zusammenarbeit mit "Papilio", einem Programm zur Vorbeugung gegen Entwicklung von Sucht und Gewalt, entwickelt wurde. Am Donnerstag war die Puppenkiste mit ihrer Erzählung im Puc zu Gast. Rund 280 Kindergartenkinder schauten sich die Vorstellung, die drei Mal gezeigt wurde, an.

Die Geschichte ist ein wesentlicher Bestandteil des Kindergartenprogramms. Mithilfe der vier Kobolde Zornibold, Heulibold, Bibberbold und Freudibold sollen die Kinder lernen, mit ihren eigenen und den Gefühlen von anderen umzugehen und zu verstehen, dass es völlig in Ordnung ist manchmal zornig oder traurig zu sein. Die Marionetten seien dabei ganz bewusst als Medium gewählt worden, da so ein tiefes und integriertes Lernen stattfinde, sagt Heidrun Meier, geschäftsführende Vorsitzende und Gründerin von "Papilio". Mit den Tourtagen des Marionettentheaters möchte man die Kindergärten auf das Projekt aufmerksam machen.

Das Ziel des Projekts ist die frühzeitige Prävention von Sucht- und Gewaltentwicklung. Studien haben ergeben, dass Fehlentwicklungen im Vorschulalter, etwa Verhaltensprobleme wie Aggression oder mangelnde soziale und emotionale Kompetenzen, oft mit Sucht und Gewalt, die meist erstmalig im frühen Jugendalter auftreten, einhergehen. "Papilio" fördere die sozial-emotionalen Kompetenzen und vermindere dadurch Verhaltensauffälligkeiten, erklärt Meier. "Durch Steigerung dieser Kompetenzen im frühen Alter können die Kinder eine eigene Identität und Selbstwertgefühl aufbauen". Dies wirke dann als Schutzfaktor vor problematischen Entwicklungen. Was in diesem Zeitraum versäumt oder falsch gelernt werde, sei später nur schwer zu korrigieren.

Das Programm läuft über den Kindergarten mit den Erzieherinnen als Bezugspersonen. Mithilfe der pädagogischen Fachkräfte wolle man die Kinder und auch Eltern erreichen. Das Projekt ist keine einmalige Aktion, es wird in den teilnehmenden Kindergärten eingeführt und bleibt dann fester Bestandteil des Alltags. Im Rahmen von "Papilio" gibt es drei Maßnahmen: Einen Spielzeug-macht-Ferien-Tag, das Meins-deinsdeins-unser-Spiel und eben die Geschichte "Paula und die Kistenkobolde". Im Juli startet in Puchheim die erste Fortbildungsgruppe.

Dass "Papilio" aufgrund des Personalmangels in Kindergärten nicht entsprechend umgesetzt werden könne, habe man bis jetzt nicht gemerkt. Vielmehr würden die teilnehmenden Erzieherinnen viel Unterstützung in der laufenden Arbeit erhalten und so entlastet werden. Zudem versuche man nun ausländischen Kindergärtnerinnen, die vermehrt nach Deutschland kämen, "das pädagogische Handwerkszeug" unter Einbindung von "Papilio" an die Hand zu geben, um so dem Personalmangel entgegen zu wirken.

© SZ vom 26.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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