Puchheim:Hörenswerte Raritäten

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Ein Kammermusikabend im Puc fesselt die Zuhörer

Von KLAUS MOHR, Puchheim

Der erste Teil des Mottos des Kammermusikabends im Puchheimer Kulturzentrum am Montag: "Unerhört?", machte neugierig, enthielt aber auch eine Art Vorwurf. Mit dem zweiten Teil: "Hörenswert!", war nicht nur eine Aufforderung, sondern zugleich eine Wertung verbunden. Die zahlreichen Zuhörer ermunterte Johannes Overbeck zu Beginn, sich selbst ein Urteil über die ihnen bis dahin weitgehend unbekannten Werke zu bilden. Zur Urteilsfindung trug ein knappes Dutzend Musiker aus dem Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz bei, die mit großem Engagement, zuweilen auch geradezu Enthusiasmus, die Kompositionen aus dem 19. und 20. Jahrhundert zum Klingen brachten. Dabei haben alle vier vertretenen Komponisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts einige Jahre gleichzeitig gelebt, doch liegt die Entstehungszeit der Werke trotzdem über 130 Jahre auseinander. Alle Stücke ließen einen klaren Bezug zur Tradition erkennen und waren in ihrem Kern dem 19. Jahrhundert verhaftet.

Drei Divertissements für drei Fagotte von Eugène Bozza aus dem Jahr 1954 eröffneten das Programm. Im ersten Stück (Allegro moderato) entwickelten sich homogene Klänge auf gleichem Atem. Sie waren nicht dissonant, sondern lebten mehr von ihren mäandernden Harmonien, die sich im weichen Legato-Klang gut entfalten konnten. Ein singendes und zwei dazu brummelnde Fagotte gab es im Adagio, während sich im Allegro-Finalsatz, ganz der Bezeichnung "giocoso" entsprechend, Spielwitz breit machte.

Am Ende des 1849 komponierten Septetts in Es-Dur op. posth. von Max Bruch kamen Bravo-Rufe auf. Die spontane Begeisterung des Publikums mag viele Ursachen haben, doch trug sicher die ganz überzeugend gelebte klassische Anlage des Stücks dazu bei. Mit großer symphonischer Geste wurde der Kopfsatz Andante maestoso eröffnet. Wunderbare Kantilenen einzelner Solisten auf dem Hintergrund der anderen Instrumente lösten sich anschließend ab. Das Adagio stellte einerseits Streicher und Bläser einander gegenüber, andererseits wirkte der Satz wie eine Opernouvertüre, in der mit viel Ausdruck die einzelnen Arien eingeführt wurden. Unterhaltsam im besten Sinn waren die beiden folgenden Sätze, wobei das Scherzo ein effektvolles Miteinander zelebrierte und das Finale auf unbeschwerte Heiterkeit setzte.

"Musique" lautete der Titel des 1982 entstandenen Stücks für Klarinette, zwei Violinen, Viola und Violoncello von Alexandre Tansman, das nach der Pause erklang. In der Canzone suchten die Musiker zunächst nach einer klanglichen Schnittmenge in ihrem Spiel und fanden dann quasi in einer gegenseitigen Integration der Töne zusammen. Scheinbares Durcheinander steigerte und verdichtete sich im Scherzo und klärte sich dann überraschend, wobei die Verwirrtheit an späterer Stelle wie eine Reminiszenz noch einmal zurückkehrte.

Jean Françaix ist immer für unkonventionelle Überraschungen gut. Auch sein Octuor von 1972 für zwei Violinen, Viola, Violoncello, Kontrabass, Klarinette, Horn und Fagott lieferte dafür veritable Beweise. Von meditativer Entspannung entwickelte sich der Kopfsatz hin zu motorischer Aufgeregtheit, wobei der Eindruck von Zirkusmusik zu Zupfbass entstand. Knallige Klänge und faszinierende Raffinesse, die sich aus der spottenden Karikatur des zuvor Gehörten ergab, kennzeichneten den Finalsatz Mouvement de Valse.

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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