Puchheim:Herzliche Aufnahme

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Am Puchheimer Gymnasium begrüßen Mitglieder des örtlichen Asylhelferkreises die Flüchtlinge. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Puchheimer Asylhelferkreis empfängt die Flüchtlinge in der Schulturnhalle mit Kaffee und Kuchen

Von Peter Bierl, Puchheim

Das Buffet ist üppig bestückt mit Kuchen, Kaffee, Tee und Obst. Im Schatten sitzen Asylhelfer und Flüchtlinge auf Bierbänken, unterhalten sich, soweit die Sprachbarrieren es zulassen, und knüpfen erste Kontakte. Die Kinder erfreuen sich an Süßigkeiten und Kuscheltieren. Der Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) heißt die Flüchtlinge, die am Montag in die Turnhallen von Realschule und Gymnasium eingezogen sind, auf Deutsch und Englisch willkommen. Die kleine Feier ist die erste Aktion des Puchheimer Asylhelferkreises und durchaus gelungen.

"Ich hoffe, Sie kommen hier etwas zur Ruhe", sagt der Bürgermeister in seiner kurzen Rede. Er bittet um Rücksichtnahme, weil es nicht ganz einfach ist, wenn knapp 200 Leute ohne jede Privatsphäre in einer Halle leben müssen. Die Asylhelfer fordert er auf, sich ihre Kraft "so lange wie möglich zu bewahren" und sich im Rathaus zu melden, falls es Schwierigkeiten oder Burn-out-Symptome gibt.

Die Stimmung unter den etwa 40 Helfern und knapp 50 Flüchtlingen ist gut und offen bei diesem ersten Zusammentreffen an einem heißen Nachmittag im Schatten der großen Turnhalle, während nebenan Fuhrleute Waschmaschinen abliefern, die in der Turnhalle neben den Betten aufgebaut werden. Die Sicherheitsleute wirken entspannt. Alle bedienen sich am Kuchenbuffet, wobei einige sich die Teller reichlich vollschaufeln, und kommen miteinander ins Gespräch. Die Flüchtlinge aus Pakistan und Nigeria sprechen Englisch, auch mit einem der jungen Somalier kann man sich unterhalten. Unter den Helfern ist ein Mann, der Albanisch spricht.

Man bekommt einen Eindruck davon, was diese Menschen erlebt haben müssen. Abdifatah Jamac stammt aus Somalia. Seinen Vater hätten Al-Qaida-Terroristen ermordet, seine Mutter sei verschwunden, erzählt der 20-Jährige. Zu Fuß und per Anhalter hat er sich bis an die libysche Küste durchgeschlagen, gelangte dort auf ein Schlauchboot und wäre beinahe gestorben. Er fiel ins Meer und wurde von der Besatzung eines großen Handelschiffs aus dem Wasser gezogen. "Ich habe gesehen, wie einige ertrunken sind", sagt er. Vor sechseinhalb Wochen ist er in Bad Tölz angekommen, am Montag wurde er mit dem Bus nach Puchheim gebracht. Jamac möchte hier endlich in Frieden leben und seinen Schulabschluss nachholen. Eine Frau aus Nigeria ist mit vier Kindern unterwegs. Die Kleinen genießen Kuchen und Saft. Zuhause hat sie als Friseurin gearbeitet. Ihr Vater sei erschossen worden, erzählt sie. Die Halle in Puchheim ist für die Familie das fünfte Lager in Deutschland. "Deswegen muss ich jeden Tag weinen", sagt die Frau. Erst waren sie in Dortmund, dann wurden sie nach München verlegt.

Stadtrat Wolfgang Wuschig (UBP) hat Karten von Puchheim, Deutschland und der Welt aufgehängt, damit sich die Flüchtlinge orientieren können. Viele machen von den Informationen über Bus- und Zugverbindungen Gebrauch. Etwas Ärger gibt es um eine große Plastiktüte mit Stofftieren, als sich ein Kind gleich mehrere nehmen will. Jeder bekommt eines, den Rest sammelt die Helferin erst mal wieder ein. Am Vormittag hatte Rosemarie Ehm, Rektorin der Grundschule Süd und Leiterin des Helferkreises, mit einer Tüte Süßigkeiten ähnliche Erfahrungen gemacht. Sie ist zufrieden mit der Willkommensfeier nach den vielen Monaten der Vorbereitung. "Wir fangen endlich an", sagt sie.

Die Arbeit werde schwierig, weil die Menschen, die in die Turnhalle kommen, nicht lange bleiben werden. Da könne man keine Beziehungen aufbauen. Es ist für diese Flüchtlinge nur eine Durchgangsstation, anders als die Unterkunft in der Siemensstraße in Puchheim.

© SZ vom 05.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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