Puchheim:Geisterspiel vor Kameras

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Musikschulkonzert aus Puchheim auf Youtube

Von Sonja Pawlowa, Puchheim

In diesem erneut ungewöhnlichen Jahr dauert das Weihnachtskonzert der Musikschule Puchheim zwei Wochen lang, nämlich bis Silvester. Das ist möglich, weil die Zuschauer nicht an Zeit und Raum gebunden sind. Seit dem 17. Dezember steht für das geneigte Publikum auf dem Youtube-Kanal des Puchheimer Kulturzentrums eine zauberhafte Vertonung des Kinderbuchs "Der nette böse Wolf" von Julie Bind bereit. Schülerinnen und Schüler liefern die musikalische Bebilderung zu den wunderschönen Illustrationen von Michaël Derullieux. Als Vorleserin fesselt Ines Neuland mit ihrer abwechslungsreichen und mitreißenden Erzählstimme.

Die Geschichte von Papa Wolf, der seine hungrige Familie mit einem leckeren Sonntagsfrühstück versorgen will, begleiten junge Streicher, Querflötisten und Cellisten aus Puchheim. Die Begegnungen mit geeignetem Futter wie einem Kaninchen, einer Ziege und sogar einem Rentier kommentieren - mitunter kontrapunktisch im übertragenen Sinne - die Solo-Auftritte, Mini-Orchester und Duette. Titel der Stücke wie "Lucky Schildkröte" von Johann Zeller oder "Pony Race" von Krogmann/Sassmannshaus betonen den humoristischen Aspekt und nehmen den kleineren Kindern die eventuelle Angst vor der Gefahr. Mit Akkordeon, Geigen und dem Klavier führen die jungen Musiker die Story vom vermeintlich bösen Wolf zu einem friedlichen Happy End.

Leider ist dieses unterhaltsame Hörspiel nur noch bis zum 31. Dezember abrufbar. Das liegt an den Verlagsrechten. Die Erlaubnis, das Buch und die Bilder zu verwenden, wurde vom schweizerischen Nord Süd Verlag bereitwillig an Ines Neuland erteilt, denn das Format "musikalisches Konzert für alle Sinne" geht auf sie zurück und wird vom Verlag unterstützt. Mit der Idee, die Schüler nicht einfach nur vorspielen zu lassen, sondern Bilder zu zeigen und ein Gesamtwerk mit einer Erzählung zu formen, erzielt sie seit Jahren große Erfolge. Zu den bebilderten Konzerten kommen daher nicht nur das typische Verwandte- und Freunde-Publikum. Auch Musikschul-Fremde sind begeistert. Ganz zu schweigen von den Virtuosen an den Instrumenten, die sich nach anfänglicher Skepsis - "Wir sind zu groß für Bilderbücher" - einen Riesenspaß haben und sich nun schon auf die nächste musikalische Bilderbuch-Bebilderung freuen.

Ursprünglich war für den 11. Dezember ein Live-Auftritt der 19 Mädchen und drei Buben beim diesjährigen Weihnachtskonzert im PUC geplant. Doch bereits am 8. Dezember beschlossen die Lehrkräfte und Ines Neuland als Leiterin der Musikschule gemeinsam, dass die 2 G-plus-Corona-Regel für das Publikum ab 12 Jahren bei der generationsübergreifenden Zuschauerschaft zu einer Vielzahl von Problemen führen würde. Ungeimpfte Geschwisterkinder, geboosterte Senioren und junge Familien bedeuten Stress und voraussehbar schwierige Situationen. Deshalb und auch um überraschenden Regelverschärfungen vorzubeugen, beschloss das Gremium auf ein Online-Konzert auszuweichen. Mit der bereits vorhandenen Erfahrung mit Online-Bilderbüchern aus den vergangenen war das machbar. Die jungen Musiker erschienen quasi zu einem Geisterspiel ohne Publikum, das mit zwei Kameras aufgezeichnet wurde. Das aufwendige Drumherum ist dem fertigen Werk gar nicht anzumerken. Mit Julian Klein, dem Techniker vom Puc, hatte Ines Neuland bei der Aufzeichnung einen Meister an ihrer Seite. Ihre langen ehrenamtlichen Nachtschichten im Schneideraum formten schließlich ein hochprofessionelles Vergnügen, das hoffentlich noch viele Abrufe erreichen wird.

Weihnachtsfrau Ines Neuland plant bereits das nächste Bilderbuchkonzert bei der Bücherschau Junior. Das gedruckte Buch hält ja zusätzliche Freuden bereit, das kann die studierte Forstwirtin, Buchhändlerin und dreifache Mutter sozusagen vom Baum zum Buch kinderleicht bestätigen.

© SZ vom 27.12.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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