Puchheim:Erst einmal ein Dach über dem Kopf

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Alternativen zum Standort an der Schwarzäckerstraße interessieren die etwa 200 Besucher genauso wie die Frage, wie die Integration gelingen kann. (Foto: Günther Reger)

Bei einer Informationsveranstaltung zur Unterbringung von Flüchtlingen in Puchheim äußern Anwohner ihre Sorgen. Bürgermeister Norbert Seidl versucht die Lage mit Fakten zu beruhigen

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

"Können wir zum Thema kommen", rief ein Besucher von hinten im Pfarrheim in Puchheim-Ort ungeduldig. Ihm dauerte der Vorspann mit Einführungen von Jimmy Liu, der im Brucker Landratsamt für das Asyl-Immobilienmanagement zuständig ist und von Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) zu lange. Das Interesse an der Informationsveranstaltung der Stadt zur Unterbringung von Flüchtlingen war riesig. Der Pfarrsaal konnte die etwa 200 Besucher kaum fassen. Sie wollten von Seidl vor allem wissen, wie viele Asylbewerber und Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung in der Schwarzäckerstraße untergebracht werden sollen.

"173 Menschen leben dort und 200 Flüchtlinge sollen kommen", mutmaßte eine Besucherin aus der Schwarzäckerstraße und hielt das für nicht ausgewogen genug. Seidl erklärte, dass 2017, so die Planung der Stadt, dort, am Rand von Puchheim-Ort, lediglich 50 bis 60 anerkannte Flüchtlinge in zwei Häusern wohnen sollen. Die Zahl 200 hatte der Bürgermeister selbst in Spiel gebracht. Rechnet Seidl doch damit, dass von den 350 Asylbewerbern in Puchheim etwa 200 anerkannt werden und dann aus den Gemeinschaftsunterkünften in der Siemensstraße und in der Turnhalle als so genannte "Fehlbeleger" ausziehen müssen. "Dann ist die Stadt gesetzlich verpflichtet, Wohnraum zur Verfügung zu stellen", so der Rathauschef.

200 Flüchtlinge mit einem Anerkennungsstatus würden dann auf ganz Puchheim verteilt, versprach Seidl. In der Schwarzäckerstraße plant die Stadt zunächst lediglich zwei Häuser zu bauen, um Flüchtlinge dort unterzubringen. Eine Bebauungsplanänderung soll jedoch weitere zwei Häuser ermöglichen. Ob die gebraucht werden, hänge von den zukünftigen Flüchtlingszahlen ab, teile Seidl mit. Von der ursprünglichen Idee sogar sechs Häuser dort zu bauen, hat der Stadtrat Abstand genommen. "Wir wollen dort eine gute bauliche Substanz in Holzbauweise errichten, aber mit einfachem Wohnstandard", erläuterte der Bürgermeister. Die zweigeschossigen Häuser sollen zum umliegenden Erscheinungsbild passen. Der einfache Standard mit Wohnungsgrößen von 60 Quadratmetern solle mit etwa fünf Personen belegt werden, so dass in einem Haus maximal 30 Personen wohnen könnten. "Wir wollen dort keine Komfortzone errichten", so Seidl. "Die Bewohner sollen sich auf die Socken machen und sich nach etwas anderem umschauen." Werden dort weniger Flüchtlinge wohnen als erwartet, sollen auch andere Wohnungssuchende einziehen können.

Bisher sind in der Alten Bergstraße in Puchheim-Ort in einem Haus 31 Asylbewerber aus Syrien untergebracht, darunter auch eine Großfamilie mit 16 Personen. Elf Kinder, vier davon gehen zur Schule, würden dort auch wohnen. Sie werden von einem Helferkreis um Stadträtin Barbara Ponn (Die Grünen) betreut. Ponn richtete die Bitte an die Anwesenden keine Sachspenden direkt dort vorbeizubringen, sondern dies über den Helferkreis laufen zu lassen, damit es zu keinen Streit zwischen den Familien komme. Nach Asyl-Managers Lius Berechnungen müsste Puchheim zu den bereits vorhanden 240 in diesem Jahr weitere 240 Asylbewerberplätze vorhalten und kommt damit auf mehr als die von Seidl genannten 360. Dass die Turnhalle des Gymnasiums bald wieder frei wird, konnte er nicht versprechen. Falls notwendig stellte Seidl in Aussicht, dass man das alte Schulhaus in Puchheim-Ort mit einer Küche, Dusche und Feldbetten ausstatte und dort kurzfristig Flüchtlinge unterbringe. Auch Jugendgruppen könnten das Haus nach einem Umbau später nutzen.

Ein Anwohner der Schwarzäckerstraße sprach von Ängsten, die dort herrschten. Die zerstreuten sich, als Seidl die Zahl 200 nochmals auf 60 reduzierte. Polizeiinspektionschef Karlheinz Pangerl konnte von keinen Auffälligkeiten in den Puchheimer Unterkünften berichten. Andere Besucher fragten noch nach Standortalternativen für die geplanten Häuser. Seidl konnte ihnen keine nennen. "Für freie Wohnungen bin ich immer dankbar", betonte der Bürgermeister. "Auch das ist ein menschlicher Zug." Andere Besucher hatten Bedenken, ob die Integration gelinge. "Wenn die sich abschotten, müssen wir handeln", meinte Seidl. "Aber erst einmal müssen sie ein Dach über den Kopf haben."

© SZ vom 18.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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