Puchheim:Erinnerung an die Anfänge

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Der Fagottist Johannes Overbeck ist Initiator und Motor der Reihe, die sich mittlerweile etabliert hat. (Foto: Reger)

Jubiläumskonzert mit Werken von Prokofjew und Schubert im Puc

Von Klaus Mohr, Puchheim

Dass das Jubiläumskonzert anlässlich des zehnjährigen Bestehens der Kammermusikreihe im Puc ausverkauft war, verwundert nicht. Viele der Konzertbesucher, die regelmäßig zu den Veranstaltungen kommen, wollten auch bei diesem Anlass dabei sein. Aber auch Musikfreunde, die noch nie hier waren, fanden den Weg in den Béla-Bartók-Saal. In der Popmusik würde man vielleicht von einem Revival sprechen, wenn die gleichen Musiker, die vor zehn Jahren im ersten Konzert der Reihe Franz Schuberts großes Oktett in F-Dur D 803 gespielt haben, dieses nun wieder interpretieren. Allerdings waren von den Musikern aus dem Staatstheater am Gärtnerplatz in München nur zwei der acht Künstler die gleichen wie damals, die anderen sechs haben ihre Stellen im Orchester erst seitdem angetreten. Insofern könnte es sein, dass der Prozentsatz der Konzertbesucher, die im Januar 2006 da waren und jetzt wieder zu den Zuhörern zählten, deutlich höher war.

Johannes Overbeck, Fagottist, Initiator und Motor der Reihe, bedankte sich zu Beginn nicht nur bei seinen Musikerkollegen aus dem Orchester dafür, dass sie immer wieder nach Puchheim kommen. Insbesondere dankte er dem Publikum, dessen Treue dafür ausschlaggebend sei, dass die Konzertreihe inzwischen zum festen Bestandteil des Puchheimer Kulturlebens gehört. Diese Wertschätzung fand ihren Ausdruck auch in einem Glas Sekt, mit dem die Besucher am Eingang willkommen geheißen wurden.

Das erste Stück des Abends wurde den Gepflogenheiten der Reihe insofern gerecht, als es sich mit Sergej Prokofjews Sonate in C-Dur für zwei Violinen op. 56 aus dem Jahr 1932 um ein nur sehr selten gespieltes Werk handelt. Der Komponist findet darin ein in vielerlei Hinsicht neues Miteinander der zwei Stimmen, ohne dass durch scharfe Dissonanzen spannungsvolle Trennlinien gezogen würden. So hatte es im Kopfsatz (Andante cantabile) zunächst den Anschein, als seien die Linien der beiden Instrumente kaum aufeinander bezogen, doch konnte man bald feststellen, dass sie sich an Phrasenenden immer im Unisonoklang trafen. Eine Art Jagd, musikalisch auch als Imitation zu beschreiben, veranstalteten die beiden Geigen mit entschlossenem Bogenstrich im Allegro. Im Comodo nahmen die Stimmen mit extrovertiertem Ausdruck sensibel aufeinander Bezug und traten in feinsinnige Dialoge.

Fast eine Stunde Spieldauer hat Franz Schuberts Oktett für zwei Violinen, Viola, Violoncello, Kontrabass, Klarinette, Horn und Fagott aus dem Jahr 1824, das nach der Pause erklang. Das Werk ist an den heiteren Divertimenti Mozarts und Beethovens Septett op. 20 orientiert. Für Schubert selbst war es zudem eine Art Vorbereitung auf seine große C-Dur-Symphonie, weshalb es gut zum Motto des Abends "Klassiker" passte. Den Musikern gelang hier der Spagat zwischen einem symphonisch austarierten Gesamtklang einerseits und der kammermusikalischen Führung der einzelnen Stimmen andererseits sehr überzeugend, wenngleich die Intonation nicht immer ganz einwandfrei geriet.

Den größten Anteil an der melodischen Führung hatten im ganzen Stück die erste Violine und die Klarinette, die oft als gut verzahnte Dialogpartner und Wettstreiter um die schönste Kantilene auftraten. Eine Stärke des Ensembles lag darin, eine beeindruckende Balance herzustellen, bei der pointierte Klangraffinesse ebenso ihren Platz hatte wie ein romantisch-schwärmerischer Ton. Mit den bedrohlichen Tremoli und den dynamischen Kontrasten zu Beginn des Finalsatzes Andante molto kippte die sonst meist unterhaltend-unbeschwerte Stimmung für einen Moment ins Tragische und öffnete so ein veritables Tor zum Charakter mancher Spätwerke Schuberts. Der liedhafte Duktus auf der Grundlage einer duftig verpackten Harmonie führte in der zweiten Satzhälfte zu einem vielseitig instrumentierten Verlauf, der immer wieder virtuose Spielfiguren exponierte.

Das Ende des Konzerts war so, wie es für diese Reihe typisch ist: Egal, wie groß der Beifall ausfällt, die Musiker verzichten auf eine Zugabe. Und das hat einen offensichtlichen Grund: Da immer unterschiedliche Besetzungen in einem Konzert zu hören sind, würde die Zugabe immer nur den im letzten Stück spielenden Künstlern zufallen.

© SZ vom 01.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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