Puchheim:Energiegeladenes Multitalent

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Lisa Fitz überzeugt bei ihrem Auftritt in Puchheim

Von Edith Schmied, Puchheim

"Kasperl sein und nicht Gretl", eine klare Ansage von Lisa Fitz, die sie in ihren Kabarettprogrammen konsequent auslebt. Als aufrechter Hanswurst spricht sie so wie ihr der Schnabel gewachsen ist. Sie teilt aus, knüppelt auf die Obrigkeit ein und sagt grundsätzlich allen wo's lang geht. Das ist bisweilen sehr witzig, doch oft genug gerät ihre bissige Kritik ins Fahrwasser einer echten Botschaft nach dem Motto, "Hey Leute wacht auf, lasst euch nicht verarschen". Dass der Abend im Puc bei aller Nachdenklichkeit trotzdem nicht zu sehr in die Depriphase abdriftet, liegt an der unglaublichen Bühnenpräsenz von Lisa Fitz, ihrem geerdeten, handfesten Charme, und an ihrer wunderbaren, sonoren Stimme. Gefühlvolle, nachdenkliche Songs von Tom Waits oder Konstantin Wecker begeistern ebenso wie die Komposition ihres Vaters vom einsamen Kamel in der Wüste. Die Zugabe würzt sie mit kabarettistischen Einlagen und unterstreicht damit den dadaistischen Nonsens des Liedes. Wellness fürs Gehirn als Ausklang eines abwechslungsreichen Abends.

"Weltmeisterinnen - gewonnen wird im Kopf" heißt das aktuelle Programm von Lisa Fitz. Dafür schlüpft sie in vier verschiedenen Rollen, ein Klacks für die gelernte Schauspielerin. Beim Warmlaufen als Putzfrau Hilde Eberl schleichen sich allerdings noch einige Kalauer und Klischees ein, und nicht mehr ganz taufrische Themen. Dagegen nimmt die Kabarettistin als Feministin Inge von Stein Fahrt auf. Schwarze Lederkluft und rote Haare signalisieren Renitenz, ohne Rücksicht auf Parteien oder Konfessionen. Fitz bringt's auf den Punkt, und das recht deutlich.

Das Bonsai Englisch der Politiker, der Überwachungsstaat, "wir sind nachwachsende Rohstoffe, Laborratten mit Kreditkarten". "Wir verrotten kampflos vorm Bildschirm", so sieht sie die Welt von heute. Für ihren Appell zitiert sie Brecht, "lasst euch nicht verführen, lasst euch nicht vertrösten". Als Geheimagentin Olga Geheimniskowa macht sie sich russisch gurgelnd Sorgen um uns, vor allem um unsere USA-Hörigkeit. Nun, auf ihre Verschwörungstheorie von Nine Eleven hätte man gerne verzichtet, aber ihre intelligente Kritik an der "Geostrategie" der Amis stimmt nachdenklich. In deren Adern fließe Öl statt Blut, sie züchten sich CIA-Vogelscheuchen mit Ray-Ban Sonnenbrillen. "Wir brauchen Männer mit Herz, keine testosterongesteuerten Bombenwerfer". Präsident Obama - eine Marionette mit Friedensnobelpreis. "Yes, we can", da falle die ganze Welt reihenweise um. Damit die Sache nicht zu eingleisig wird streut sie anschauliche Metaphern ein. Beispiel: "Wenn vier Füchse und ein Hase abstimmen, was gibt es zum Abendessen, das ist Demokratie".

Die Rolle der Domina ist Lisa Fitz auf den Schwarz gelackten Leib geschrieben. Mit einem "Domina vobiscum" erteilt sie der Puc-Gemeinde Gruß und Segen und animiert sie zu ziemlich unpriesterlichen Aktivitäten mit der Lederpeitsche.

Bayern und die CSU, das ist ein gefundenes Fressen für die angriffslustige Kabarettistin. Trachtenkostüm und eine Kopfbedeckung aus festem CSU-Filz, als Untermalung einen Landler, juchhe, das ist die Abgeordnete Gerda Wimmer. Sie schwärmt von der zukunftsweisenden Regierungsform "Horstifat", erklärt die Doppelmoral des Zweikammersystems - in der einen die Familie, in der anderen, quasi in der Dienstbotenkammer, das Gschpusi. Fracking in der bayerischen Politik bedeute das Messen von Miniintelligenzpartikeln. Als Vorsitzende der Frauenunion lobt sie den Entwurf der Trachtenburka, standesgemäß mit Edelweiß und anderem heimeligen Schickschnack.

Lisa Fitz zeigt sich an diesem Abend vielseitig, frech, unkonventionell, musikalisch, komödiantisch, dann wieder kritisch und ernsthaft, ein Multitalent mit viel Power und einem ausgewogenen Gespür fürs Publikum.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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