Puchheim:Der Form halber

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Auch bei Innenminister Joachim Herrmann schlug das Puchheim-Herz höher. (Foto: Johannes Simon)

Im Jahr 2011 ist Puchheim Stadt geworden. Anlässlich des Jubiläums zieht der Bürgermeister sein Resümee

Von Peter Bierl, Puchheim

Einiges hat sich schon verändert in Puchheim in den vergangenen fünf Jahren. Die Einwohnerzahl ist gestiegen, wegen der Neubaugebiete und weil leer stehende Wohnungen in den Hochhäusern der Planie vermietet wurden. Es gibt ein neues, schönes und größeres Jugendzentrum, die Pläne für eine neue Ortsmitte gedeihen, bald dürfte der Spatenstich folgen. Die Stadt hat neue Kinderhäuser gebaut, Schulen erweitert, die Hundesteuer erhöht. Es gibt eine neue Wohnungsgesellschaft, geplant sind Häuser für Obdachlose und Flüchtlinge. Demnächst könnte hier das erste Geothermie-Projekt im Landkreis starten.

Währscheinlich wäre all das auch gekommen, wenn Puchheim 2011 nicht zur Stadt erhoben worden wäre. Denn mit diesem Titel sind keine neuen Kompetenzen oder Rechte verbunden wie einst im Mittelalter mit dem Stadtrecht. "Es ist eine informelle und symbolische Sache, die man mit Leben füllen muss. Aber das war vor fünf Jahren schon klar", sagt Bürgermeister Norbert Seidl (SPD). Es sei eine Debatte angestoßen worden, über das Selbstverständnis der Bürger und ihrer Kommune. Sicher sei der Titel manchen egal, aber viele hätten diesen inzwischen ganz gerne.

Das war nicht von Anfang an so. Als der damalige Bürgermeister Herbert Kränzlein die Idee 2008 erstmals öffentlich äußerte, wurde das als eher wagemutig aufgefasst. Drei Jahre später, als es ernst wurde, sammelte eine Initiative über 1500 Unterschriften für einen Bürgerentscheid gegen die Stadterhebung. Der Gemeinderat lehnte das Plebiszit als unzulässig ab und die Gruppe verzichtete darauf, die Rechtmäßigkeit vor Gericht klären zu lassen. Die Freien Wähler waren als einzige Partei dagegen und verloren ihre beiden Mandatsträger, die anderer Meinung waren.

Allerdings bringe Puchheimer Stadtluft nicht mehr Freiheit als Gröbenzeller Gemeindeduft, räumte Seidl bei seiner Ansprache zu einer kleinen Feier im Rathaus vor einigen Tagen ein. Da gab es vor der Sitzung des Stadtrates ein paar Häppchen und Getränke. Den größten Nutzen hatte man für das Gewerbe erwartet, zusätzlich mit der Münchner Vorwahlnummer können Briefköpfe mit dem Stadttitel geschmückt werden. Direkte Auswirkungen hätten sich aber nicht ergeben. Was sich verändert habe, sei die Sprache. "Die Bürger sprechen von der Stadt und dadurch gestalten sie dieses Puchheim. Denn Sprache macht Wirklichkeit", sagte Seidl.

Spricht jemand heute noch von der Gemeinde oder dem Gemeinderat fühlt es sich inzwischen falsch an. Der Bürgermeister überlegt jedesmal, ob er den Betreffenden korrigieren oder darüber hinweggehen soll. Für Seidl bedeutet der Titel ein Bekenntnis zur Urbanität und zu dem politischen Programm, mit dem er 2012 die Nachfolge Kränzleins antrat. "Stadtsein drückt sich insbesondere durch Vielfalt aus, alle Generationen, arm und reich, Tradition in Puchheim-Ort und Migration in der Planie. Diese Verschiedenheit der Lebensentwürfe als Bereicherung zu verstehen und zu entdecken, dafür versuche ich einen Teil beizusteuern", sagt er.

Die einzige materielle Veränderung ist, dass Puchheim vom Bayerischen Gemeindetag in den Städtetag gewechselt und dort zwei Sitze in den Ausschüssen hat. Im Landkreis spiele die Kommune eine gewichtige Rolle, findet Seidl. Aber auch das vermutlich eher aufgrund ihrer schieren Größe, Steuerkraft und dem Engagement ihrer Bürger und Kommunalpolitiker. Auch bloß symbolisch, aber irgendwie doch handfest, ist ein weiterer Vorzug des Stadttitels: Der Distinktionsgewinn gegenüber den Nachbarn in der stolzen Gartenstadt Gröbenzell.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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