Puchheim:David gegen Goliath in der Planie

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Schimmel in der Wohnung und defekte Heizungen sind nur zwei von mehreren Mängeln in den Wohnungen in der Planie in Puchheim. (Foto: Günther Reger)

Architekt verklagt die Hausverwaltungsfirma Integra, weil er für die Erstellung einer Mängelliste in den Wohnungen in Puchheim seit fünf Jahren auf sein Honorar wartet. Die Beklagte bestreitet, einen Auftrag erteilt zu haben

Von Peter Bierl, Puchheim

Viele Mieter in den Wohnblöcken in der Puchheimer Planie müssen mit Schimmel an den Wänden, Wasserschäden und kaputten Heizungen leben. Einige haben Anwälte und Verbraucherzentrale wegen hoher und undurchsichtiger Nebenkostenabrechnungen eingeschaltet. Am Amtsgericht Fürstenfeldbruck wurde nun über die Klage eines Architekten verhandelt, der 2010 eine Übersicht über die Schäden im Auftrag der Hausverwaltung erarbeitete. Bis heute wartet er auf sein Honorar in Höhe von mehr als 4000 Euro. Der Richter ließ am Ende der Verhandlung durchblicken, dass er die Darstellung des Klägers für nachvollziehbar hält. Ein Urteil wird er jedoch erst im Januar fällen.

Bernd Maisel war schon öfter in der Planie tätig, bevor der Architekt im Sommer und Herbst 2010 die Wohnungen des norwegischen Fonds Hyresbostäder untersuchte. "Ich bin tagelang durch die Anlage gelaufen und habe die Mängel zusammengetragen. Der Zustand ist desolat", sagte er der SZ. Bei den mehrstöckigen Häusern handelt es sich um Bauwerke aus den Siebzigerjahren. Schließlich verfasste er eine Mängelliste, die er bei der Hausverwaltung Integra abgab. "Dann habe ich nichts mehr von denen gehört." Als er seine Honorarabrechnung schickte, bekam er zur Antwort, er habe gar keinen Auftrag gehabt. Maisel klagte, ein Vergleich scheiterte und nun traf man sich vor Gericht wieder.

Der Geschäftsführer der Hausverwaltungsfirma Integra, Volker Trautmann aus Dresden, konnte sich an die Vorgänge kaum noch erinnern. Er behauptete, Maisel nur einmal in der Münchner Niederlassung der Firma gesehen zu haben. "Ich habe auf Ihren Wunsch eine Prioritätenliste erarbeitet", hielt ihm Maisel entgegen. Einen Auftrag an den Architekten habe er nicht vergeben, dazu wäre er gar nicht befugt gewesen, beharrte Trautmann. "Das war ganz schwierig, weil wir für jede Maßnahme jenseits der Kloschüssel einen Beschluss aus Norwegen brauchten. Es lag nicht in unserer Zuständigkeit, jeden zu beauftragen", sagte er. Nötig sei eine Entscheidung direkt von Hyresbostäder oder von deren beiden Beauftragten, einem Architekten und einem Asset-Manager in Frankfurt am Main, gewesen. Dass es einen Rückstau bei den Instandhaltungen gegeben habe, bestätigte der Hausverwalter.

Ganz anders erinnert sich die frühere Objektverwalterin, die als Mitarbeiterin von Integra die Wohnungen betreute. Sie berichtete, dass der Frankfurter Architekt von Hyresbostäder ihr Maisel empfohlen habe, weil der die Planie schon kannte. "Es war Gefahr im Verzug. Bei einigen Flachdächern regnete es durch und die Mieter wurden rebellisch", erklärte sie. Hausmeister Jürgen Wedler, inzwischen pensioniert, erzählte, Maisel auf ihre Weisung durch Wohnungen in Adenauer-, Heuss- und Kennedystraße geführt habe. Dann habe Maisel einen ersten Überblick über notwendige Arbeiten erstellt und dem Chef der Hausverwaltung und ihr beim Treffen in München vorgestellt, so die ehemalige Verwalterin. "Von mir und Trautmann wurde Maisel beauftragt, eine Prioritätenliste zu erarbeiten", betonte sie.

Auf Nachfrage des Richters erklärte die Zeugin, jeder Objektleiter habe im Rahmen des Budgets, das Hyresbostäder vorgab, sowohl Reparaturen und Sanierungen, als auch solche Aufträge vergeben können. Das Budget für die Wohnungen in der Puchheimer Planie bezifferte sie auf damals etwa 980 000 Euro im Jahr. Bis zu 25 Prozent seien für Instandhaltungen vorgesehen gewesen. Die Maßnahmen, die Maisel vorschlug, hätten etwa 100 000 Euro gekostet. Im August 2010 habe ihr der Integra-Chef von einem Tag auf den anderen gekündigt, aber ihr noch bis Jahresende das Gehalt überwiesen. Dass es einen Zusammenhang mit den Vorgängen in Puchheim gab, konnte sie nicht belegen.

Der Anwalt von Hyresbostäder zielte darauf ab, dass Maisel für die erste Ortsbesichtigung gar keinen Auftrag gehabt habe Doch darauf ließ sich der Richter nicht ein. Er fand die Darstellung der Zeugin "überzeugend". Ein entsprechendes Architektenhonorar sei bei dem Budget "locker mitenthalten" gewesen. Der Anwalt stellte aber die Basis der Honorarabrechnung in Frage und möchte zu neuen Aspekten, die sich aus den Zeugenaussagen ergeben hätten, noch schriftlich Stellung nehmen. Eine gütliche Einigung, bei der der Architekt Maisel 80 Prozent des Honorars bekommen hätte, lehnten beide Seiten ab. Das Urteil soll am 8. Januar verkündet werden.

Im Frühsommer hat Hyresbostäder mehr als 400 Wohnungen an die Patrizia Immobilien AG verkauft. Bereits zum Jahreswechsel 2015 hatte der Fonds die Zusammenarbeit mit Integra beendet und die Firma Pecunia aus Kiel mit der Hausverwaltung betraut. Der Stadtrat von Puchheim hat das Planie-Viertel in das Projekt Soziale Stadt einbezogen. Mit Zuschüssen aus Städtebauförderungen, Geld der Kommune sowie Investitionen der Hauseigentümer sollen die Häuser renoviert und das Viertel aufgewertet werden. Das Projekt tritt allerdings auf der Stelle, wenn die großen Immobilienbesitzer nicht mitmachen.

© SZ vom 03.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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