Puchheim:Chancenlos auf dem Wohnungsmarkt

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Auch in der Planie versucht die Stadt inzwischen selbst Wohnungen für Flüchtlinge anzumieten. (Foto: Günther Reger)

Anerkannte Asylbewerber stoßen bei Vermietern und Nachbarn häufig auf Ablehnung. Der Puchheimer Helferkreis appelliert an Hausbesitzer, die Stadt mietet inzwischen selbst geeignete Objekte an

Von Peter Bierl, Puchheim

Der Aufwand ist hoch, der Ertrag gering. 120 Wohnungsbewerbungen hat eine Bürgerin aus Puchheim in den vergangenen Monaten für anerkannte Asylbewerber unterstützt. Nur einmal hatte sie Erfolg und konnte drei Brüdern ein neues Zuhause verschaffen, die übrigen vier Mitglieder der Familie aus Damaskus sind auf zwei Einrichtungen verteilt. Systematisch hatte die Patin der syrischen Familie seit Sommer das Internet und Zeitungen nach Wohnungsinseraten aus dem Landkreisdurchforstet und die Immobilienbesitzer angeschrieben. "In den meisten Fällen bekamen wir nicht mal eine Absage, oft wurden wir wüst beschimpft", berichtet die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will.

Lässt sich einmal ein Vermieter erweichen, bedeutet das noch kein Happy End. Denn noch bevor die drei Flüchtlinge in die Wohnung in der Buchenau im Brucker Westen einzogen, gingen Nachbarn auf die Barrikaden. Der Eigentümer wiederum ist sehr zufrieden mit den neuen Mietern. "Das hat mein positives Vorurteil über den Orient und Zuwanderung aufs Schönste bestätigt", sagte er. Die feindseligen Reaktionen anderer erinnerten ihn an eine Parole, die auf antirassistischen Kundgebungen oft zu hören war: "Liebe Fremde, lasst uns mit diesen Deutschen nicht allein."

Die Geschichte ist symptomatisch für die Erfahrungen, die Flüchtlinge und Helfer machen. Der Puchheimer Asylhelferkreis hatte deshalb zu einem Gesprächsabend am Mittwoch ins Pfarrheim von Sankt Josef eingeladen, an dem etwa 100 Menschen teilnahmen, darunter viele Flüchtlinge. Die Arbeitsgruppe Wohnen der Initiative berichtete über ihre Aktivitäten und Erfahrungen. Als positives Beispiel präsentierte die Initiative die Firma Harbeck & Stieber Immobilien, die insgesamt rund 1000 Wohnungen in München, Bruck, Gröbenzell und Puchheim besitzt.

Das Unternehmen vermiete seit zwei Jahren auch an anerkannte Flüchtlinge, überwiegend Familien aus Syrien, aber auch Menschen aus Äthiopien, Afghanistan und dem Irak seien darunter, erzählte die Geschäftsführerin Laura Stieber. Die Erfahrungen mit den Nachbarn seien "sehr unterschiedlich". Bedenken würden überwiegend in Häusern laut, wo Bewohner sehr lange zusammenlebten und kaum Wechsel stattfinde. Ärger verursache immer wieder die Müllentsorgung, aber das sei eine "Frage der Kommunikation". Nicht bloß Flüchtlinge hätten Probleme, das komplexe System zu begreifen.

Sehr positiv äußerte sich ein Nachbar der Unterkunft in der Friedenstraße in Puchheim. "Die Kinder bringen viel Leben in die Straße und ernten unsere Mirabellen", berichtete der Mann. In der Unterkunft, einem alten, abbruchreifen Haus mit drei Wohnungen leben 23 Menschen. Der Mietvertrag mit dem Landratsamt läuft aus, die Stadt wird diesen übernehmen. Insgesamt sind in Puchheim derzeit 225 Flüchtlinge untergebracht, die meisten in der Unterkunft in der Siemensstraße. Anerkannte Asylbewerber, die keine Wohnungen finden, können nicht aus den Unterkünften ausziehen. 17 Menschen leben derzeit in der Obdachlosenunterkunft Brücke, die eigentlich nur für zwölf Personen vorgesehen ist. Für Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) steht fest, dass Flüchtlinge aus dem Wohnungsmarkt keine Chance haben. "Fordern Sie diejenigen auf, die heute Abend nicht gekommen sind, über ihren Schatten zu springen", sagte er mit Blick auf Immobilienbesitzer. Vertreter des Asylhelferkreises verwiesen darauf, dass viele Reihenhäuser nur von ein bis zwei Menschen bewohnt würden. Sie hoffen, dass sich manche bereit erklären, Flüchtlinge aufzunehmen, wissen aber auch um die Schwierigkeiten, etwa wenn sich Häuser und Wohnungen nicht aufteilen lassen. Die Stadt hat inzwischen selbst drei Wohnungen gemietet und verhandelt über ein weiteres Haus. Der Verwaltungsaufwand sei enorm, berichtete Seidl. Der Bürgermeister fürchtet, dass das Landratsamt auf die Idee kommen könnte, Unterkünfte aufzulösen. Dann wären anerkannte Asylbewerber auf einen Schlag obdachlos. "Dann müssten wir wieder Gemeinschaftsunterkünfte einrichten, am Ende wäre wieder die Turnhalle belegt", warnte Seidl.

© SZ vom 17.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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