Puchheim:Beitrag gegen Verschwendung

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Puchheims Bürgermeister Norbert Seidl im Gespräch mit der "Lebensmittelretterin" Sabine Kemmet. (Foto: Günther Reger)

Veranstaltung stellt Arbeit der Brucker "Lebensmittelretter" vor

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Eine Frau kommt während der Gesprächsrunde in der Puchheimer Puc-Gaststätte vorbei und bringt selbstgemachte Lebkuchen als Geschenk für Lebensmittelretterin Sabine Kemmet vorbei. "Ich bewundere Sie", sagt die spontane Besucherin in der Annahme die richtige Person getroffen zu haben. Wie viele andere, die zur Diskussionsveranstaltung "Café und Croissant" von Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) gekommen sind, denkt auch sie, dass Kemmet eine der beiden Frauen - Caro oder Franzi - ist, die Lebensmittel bei Supermärkten nach gängigem Recht illegal aus Containern gefischt hat. Kemmet versteht sich indes ausdrücklich auch als Lebensmittelretterin, aber anders.

Die 48-jährige Mutter von zwei Kindern beschafft sich legal Lebensmittel von Supermärkten und verteilt sie an Menschen, die diese brauchen oder auch nicht. "Es kann auch die BMW-Managerin vorbeikommen", sagt Kemmet zur Überraschung der 20 Besucher der Veranstaltung. "Die will vielleicht aus ideologischen Gründen, dass keine Lebensmittel weggeworfen werden." Kemmets Gruppe nennt sich "Interessengemeinschaft Lebensmittelretter Fürstenfeldbruck". Eine Vereinsgründung ist uns zu bürokratisch gewesen", so Kemmet. Etwa 15 aktive "Retter" gibt es. Die Gruppe organisiert sich über Facebook. Auch die Verteilung der Lebensmittel erfolgt darüber. Das erfordert Flexibilität. "Die Verteilzeiten und Orte werden tagesaktuell verabredet", so Kemmet. "Ich rette zum Beispiel am Freitag bei Edeka in Maisach." Andere verteilen in Fürstenfeldbruck am Volksfest-, in Emmering am Rathaus- und in Olching am Bahnhofsparkplatz.

"Ich mache dann mein Auto auf und verteile Brot, Milchprodukte, Obst, Gemüse und anderes", erläutert die Emmeringerin. Dabei spielt natürlich das Datum der Mindesthaltbarkeit (MHD) eine Rolle. Aber nicht nur das MHD ist Kemmets Maßstab: "Alles, was ich nicht mehr essen würde, verteile ich nicht." Vorher ist sie beim Supermarkt gewesen und hat eine halbe Stunde Lebensmittel aussortiert." "Da stehe ich im Müll", sagt sie anschaulich. Die Lebensmittelbezieher müssen sich ebenfalls über Facebook verbindlich anmelden. Kommt jemand zweimal unentschuldigt nicht, fliegt er aus der Bezieherliste. "Das klappt sehr gut." Sie erlebe, dass die Supermärkte viele Artikel drei- oder vierfach vorhalten müssen und Mengen an Lebensmitteln übrig bleiben, die auf den Müll kämen. Seit zwei Jahren gibt es die Gruppe. Kemmet ist als Arbeitslose selbst betroffen gewesen und hat die Retteridee im Landkreis umgesetzt. Inzwischen haben sich persönliche Kontakte zu den Marktleitern entwickelt: "Die rufen uns an und fragen, ob wir dieses oder jenes haben wollen."

Was ist nun der Unterschied zur "Tafel"? "Bei uns braucht niemand einen Bedürftigkeitsnachweis", erklärt Kemmet. Die Tafel verteilt ihre Lebensmittel nur an einem bestimmten Tag in der Woche. Die Rettergruppe verteilt 25 Mal pro Woche Lebensmittel. Die Beziehung zu den Tafeln laufe nicht spannungsfrei, räumt Kemmet ein. Ein gewisses Konkurrenzdenken habe sich eingeschlichen. "Das Verhältnis könnte sich noch stark verbessern." Kemmet bietet an, dass sich ihre Gruppe in den Ferien, in denen die Tafeln teilweise geschlossen sind, zusätzlich engagieren könnte. Den Veranstaltungsbesuchern gefällt, was Kemmet und andere auf die Beine stellen. Einen Dissens in der Runde gibt es auf Nachfrage von Bürgermeister Seidl in Sachen "Containern". "Sie holen es aus den Containern, aber es fehlt ihnen an Verteillogistik", kritisiert Kemmet. "Ich gehe lieber vorne zur Tür rein und hole die Lebensmittel ab."

© SZ vom 16.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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