Puchheim:Auf Tuchfühlung mit Rind und Pferd

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Schwarzes Schaf und doch sooo süüüß: Die sechs Monate alte "Finja" kann von den Streicheleinheiten sicherlich noch Monate zehren. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Eröffnung des "Kindertags auf bayerischen Bauernhöfen"

Von Raphael Knipping, Puchheim

Selbstverständlich habe er schon einmal ein Pferd gestriegelt. Mit diesen Worten legt Paul Schlitz sofort los und fängt an, das Fell von Pferd Apollo zu bürsten. "Ich war schon oft auf dem Bauernhof" erzählt der Drittklässler stolz. Schließlich hat ein Freund seines Vaters einen eigenen Hof. Auch sein Freund Nicolas Gahr ist schon in den Ferien geritten und weiß sofort was zu tun ist: "Man darf niemals hinter dem Pferd stehen, sonst kann man von den Hufen getroffen werden", warnt er Paul. Die beiden Buben und ihre Klassenkameraden der Laurenzer Grundschule stehen am Dienstagmorgen auf dem Hof der Familie Unglert in Puchheim-Ort und sind sichtlich froh, das heiße Klassenzimmer für zwei Stunden verlassen zu dürfen. Sie dürfen dabei sein bei der Eröffnungsveranstaltung des "Kindertags auf bayerischen Bauernhöfen".

Bereits zum elften Mal haben die Landfrauen des Bayerischen Bauernverbands den landesweiten Erlebnis- und Schnuppertag für Kindergärten und Grundschulen organisiert. Er findet alle zwei Jahre statt und wird dieses Jahr mehr als 36 000 Kinder zwei Wochen lang Einblick in etwa 600 bayerische Höfe geben. Vor zahlreichen Gästen, darunter Bürgermeister Norbert Seidl, der stellvertretende Landrat Johann Wieser und Landtagsabgeordnete Kathrin Sonnenholzner, eröffnet Landesbäuerin Anneliese Göller den Kindertag und setzt sich gleich zu Beginn mit dem diesjährigen Motto "Wo wächst mein Mittagessen? - Lebensmittel vom Bauernhof" auseinander. Sie weiß, dass viele Kinder die Landwirtschaft nur noch aus Bilderbüchern mit teils realitätsfernen Illustrationen kennen. Immer seltener besteht die Möglichkeit, Landwirtschaft direkt zu erleben und "im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen". Ein Problem, dessen sich auch der diesjährige Schirmherr der Kindertags, Bernhard Fleischmann, bewusst ist. Für den Bayern-3-Moderator, der sich selber nach eigenen Worten eine Zeit lang nur aus Tankstellen-Shops ernährt hat, ist es wichtig, dass Kinder Berührungspunkte zur Erzeugung von Lebensmitteln bekommen. Der Puchheimer Hof eignet sich hierfür bestens: Seit 35 Jahren bewirtschaftet die Familie Unglert den Hängbüchlhof und arbeitet seit 1989 nach den Richtlinien des Bioland-Verbandes. Er habe öfter Schulklassen auf dem Hof, so Josef Unglert, da liege es nahe, auch beim Kindertag mitzumachen. Auch für die Tochter Michaela Höfel, die den Betrieb irgendwann einmal übernehmen wird und seit Dezember 2016 ausgebildete Erlebnisbäuerin ist, war die Entscheidung klar: Es gebe Kinder, die glauben, "die Kühe sind lila" oder "das Ei kommt aus dem Supermarktregal. Dagegen müsse man aktiv werden. Mit entsprechendem Enthusiasmus führt sie auch deshalb die Schüler über den Hof und hat sich ein abwechslungsreiches Programm ausgedacht: Zuerst bringt die Schulklasse 55 Pinzgauer Rinder auf die Weide und erfährt dort einiges über Zucht und Elektrozäune. Daraufhin müssen die Pferde Apollo und Atlantis gestriegelt werden. Nachdem sich jeder als Pferdepfleger ausprobieren durfte, geht es zum Schafstall. Dort wartet schon ein sechs Tage altes Lamm auf die Kinder, das während ausgiebiger Streicheleinheiten kurzerhand Finja getauft wird. Um wirklich kein Detail der Tierhaltung auszulassen, werden die Gäste und Schüler auf zwei Traktoranhängern zur nahegelegene Schafweide gefahren und können sich als Hirten probieren. Abschließend überreicht die Landesbäuerin Göller jedem Kind ein Päckchen Kressesamen, damit "jeder daheim noch mal hautnah erlebt, was es bedeutet, Landwirt zu sein".

© SZ vom 21.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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