Puchheim:Auf der Suche nach Facharbeitern

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In Puchheim treffen sich Unternehmer und Experten auf der Suche nach Informationen und zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Fachkräfte fehlen, das beklagen Unternehmen überall. Personalsicherung, Personalentwicklung und vor allem Personalbeschaffung sind die Themen, die die Firmen bewegen. In Puchheim scheint das Problem nicht ganz so gravierend zu sein, aber es gibt es auch. Sonja Weinbuch vom Amt für Wirtschaftsförderung im Rathaus hat mit ihren Kollegen unter den Titel "Personal P" etwa 25 Puchheimer- und Landkreisunternehmen mit Kommunalpolitikern und Fachleuten für Personalarbeit- und beschaffung im Puchheimer Kulturcentrum (Puc) zusammengebracht. Einige Firmen haben die Möglichkeit genutzt, per Informationsstand sich ins Gespräch zu bringen.

Am Stand von Stemmer Imaging, ein Unternehmen das industrielle Bildverarbeitung anbietet, steht Personalleiter Jürgen Fehr und kann über Nachwuchs im Bereich Bildbearbeitung nicht klagen. "Da bekommen wir genügend Leute", sagt er. Das Personalproblem stelle sich vor allem in der Informationstechnologie, in der IT-Abteilung. Diese Fachkräfte sind schwer zu kriegen, weil sie überall gesucht sind und sich quasi das Unternehmen, selbst auswählen könnten. Diese Arbeitskräfte sind teuer mit steigender Tendenz. "Die Preise sind gestiegen, die da aufgerufen werden", beschreibt Stemmer-Personalchef Fehr die Lage. IT-Kräfte selbst auszubilden oder in diesem Bereich aus einer Hilfskraft eine Fachkraft zu machen, ist schwierig. Deshalb geht der gut gemeinte Vortrag von Anke Kühn zum gleichen Thema an der Realität in vielen Firmen vorbei.

Kühn ist die Leiterin der Agentur für Arbeit in Fürstenfeldbruck und erläuterte im Puc das "Qualifizierungschancengesetz" von 2019. "Im Großraum München fehlen aktuell 82 000 Fachkräfte, bis 2030 werden es 137 000 Fachkräfte sein", wusste Kühn aus entsprechenden Studien zu berichten und auch, dass "90 Prozent der Unternehmen Fachkräfte suchen". Sie erläuterte den anwesenden Firmen, wie sie über die Weiterbildung von Hilfskräften zu Fachkräften neues Personal mit Unterstützung der Arbeitsagentur selbst schaffen können. Das erst 2019 verabschiedete Qualifizierungs-Chancengesetz bietet hier Weiterbildungszuschüsse je nach Betriebsgröße bis zu hundert Prozent. In gleicher Höhe gibt es einen Zuschuss zu den Lohn- und Gehaltskosten. "Das ist eine Investition in die Zukunft", resümierte Kühn und appellierte an die Anwesenden: "Geben sie diesen Arbeitnehmern eine Chance. Geld sei genügend da, weil im Bundeshaushalt für diese Arbeitsförderungsmaßnahme insgesamt 1,9 Milliarden Euro bereit stünden. Doch seit 1. März gibt es auch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Damit will Deutschland gezielt Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern abwerben, die diese Länder dringend selber brauchen.

Die Wirtschaftsjournalistin Ina Reinsch fragte anschließend danach, wie es um Attraktivität der Unternehmen für ihre Arbeitnehmer steht. "Spaß, Geld und Selbstverwirklichung" ist die Reihenfolge der Antworten in einer Studie mit 2000 Arbeitnehmern, die diese für wichtig halten. "Work-Life-Balance" ist die Zauberformel. Das bedeute flexible Arbeitszeiten und die Möglichkeit zum Homeoffice, wenn zum Beispiel die Kinder krank sind. Auch ein Zuschuss des Arbeitgebers zur Kinderbetreuung mache sich gut. Ute Schaeberle von der Michl-Group aus Eichenau berät Unternehmen "beim Wettbewerb um gute Mitarbeiter", auch mit Coaching und Trainingsmaßnahmen. Dieses Szenarium gilt allerdings besonders in Zeiten eines Arbeitsmarktes, in dem die Unternehmen Fachkräfte suchen müssen und die Arbeitnehmer die Wahl haben.

So weit ist es bei vielen Firmen im Landkreis noch nicht. Christine Scholz, die Inhaberin des "Schokolädchens", steht vor ihrem sehr einladenden Pralinenstand im Puc und sucht seit einiger Zeit erfolglos eine Auszubildende zur Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk mit dem Schwerpunkt Konditorei. "Das ist ein sehr kreativer Beruf", bekräftigte Scholz, die ihr Geschäft seit nunmehr 15 Jahren in der Lochhauer Straße in Puchheim hat. Bauunternehmer Thomas Vilgertshofer aus Alling, der insgesamt 160 Arbeitnehmer beschäftigt, sind die Fachkräfte quasi per Mundpropaganda zugelaufen. "Ich hatte einen Trupp kroatischer Mitarbeiter, die haben das zuhause weitererzählt. Jetzt sind über 30 da", berichtete Vilgertshofer, der sich über den Zuwachs an Maurern und Kranführern freute.

© SZ vom 12.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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