Betrugs-Prozess:Altenpflegerin bestiehlt 80-Jährige

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Eine Pflegerin hebt mehrfach Geld vom Konto einer hilfsbedürftigen Seniorin ab, angeblich in deren Interesse. Eine Nachbarin bekommt Zweifel und zeigt die Betreuerin an. Vor dem Amtsgericht gibt die Angeklagte die liebevolle Nachbarin.

Von Ariane Lindenbach, Puchheim

Keine schöne Vorstellung: Man ist 80 Jahre alt, körperlich so gebrechlich, dass dreimal täglich Hilfe ins Haus kommen muss - und genau diese Hilfe betrügt einen um rund 10 000 Euro. Bei einer 80-Jährigen Puchheimerin ist es nicht bei der Vorstellung geblieben: Eine über die Caritas angestellte Altenpflegehelferin erschlich sich Vollmachten ihres Schützlings und entwendete deren EC-Karte samt Personalausweis.

Mit diesen Mitteln ausgestattet, schaffte es die 47 Jahre alte Pflegerin in einem guten halben Jahr etwa 9500 Euro vom Konto der alten Dame abzuheben. Vor dem Amtsgericht wurde die nicht vorbestrafte Angeklagte am Montag wegen Betrugs zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt, die für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Die Staatsanwältin warf der ebenfalls in Puchheim lebenden Angeklagten vor, im Dezember 2013 die EC-Karte und den Personalausweis der 80-Jährigen gestohlen zu haben. Zum einen habe sie sich dann noch den Pin-Code für die EC-Karte verschafft und damit in vier Einzelaktionen 2200 Euro vom Konto der alten Frau abgehoben.

Zum anderen habe sie die 80-Jährige wiederholt unter einem Vorwand Vollmachten unterschreiben lassen. Mit diesen hob die 47-Jährige vom Konto ihrer Schutzbefohlenen innerhalb weniger Monate 7250 Euro ab. Deshalb warf ihr die Staatsanwaltschaft nun Computerbetrug in vier und Betrug in zwölf Fällen vor.

Die Angeklagte gibt die liebevolle Nachbarin

Die Altenpflegehelferin, deren Beschäftigung bei der Caritas inzwischen mittels eines Aufhebungsvertrags beendet wurde, bestritt jegliche Handlung, die der 80-Jährigen in irgendeiner Weise geschadet hätte. Stattdessen gab sie die besorgte, liebevolle Nachbarin, die sich mehr oder weniger aus reiner Menschlichkeit um die alte Dame gesorgt hatte.

"Ich kenne sie seit 1987." Tag für Tag habe sie für sie gekocht und sich um sie gekümmert. Auch Tätigkeiten wie Einkaufen oder Medikamente vom Arzt oder Apotheke abholen übernahm die Helferin. Wie sie zugab, hatte sie tatsächlich mit Vollmachten der 80-Jährigen Geld von deren Konto abgehoben. Allerdings in deren Auftrag. Und natürlich sei das Geld nur für deren Bedürfnisse - Essenseinkäufe und gelegentlich ein neues T-Shirt - verwendet worden.

Die Frage von Richter Johann Steigmayer, ob sie sich Quittungen habe geben lassen, wenn sie der 80-Jährigen wieder einmal 1000 Euro abgehoben habe, verneinte die Angeklagte. "Weil ich blöd bin", lautete ihre Begründung. Die verwendete sie auch dafür, warum sie denn überhaupt Geld für die Seniorin abgehoben hatte, wenn sie dazu von ihrem Arbeitgeber aus gar nicht befugt gewesen war.

Eine Nachbarin der Seniorin überprüft die Konotauszüge

Eine Nachbarin der inzwischen verstorbenen Seniorin war misstrauisch geworden, als sie einmal dabei war, als die Angeklagte eine Unterschrift von der 80-Jährigen für Arzneimittel forderte. Zwei Tage später hakte sie nach, die Angeklagte konnte weder eine Quittung noch Medikamente in entsprechender Menge vorweisen, wie die Zeugen nun vor Gericht schilderte. Daraufhin sei sie die Kontoauszüge mit der 80-Jährigen durchgegangen.

"Sie war auf jeden Fall nicht damit einverstanden, dass soviel Geld ausgegeben wurde", betonte die Nachbarin, die die Unregelmäßigkeiten bei der Polizei anzeigte. Das bestätigte auch ein Polizeibeamter, der die Seniorin vernommen hatte. Zur Reaktion der Angeklagten auf die Vorwürfe erklärte er, dass sie erst eingeräumt habe, Geld für die Seniorin abgehoben zu haben, als sie wusste, dass es Fotos vom Geldautomaten und Zeugen bei der Bank gibt.

Mit Zustimmung der Staatsanwältin beschränkte der Vorsitzende die Anklage auf den Betrugsvorwurf, da der Computerbetrug bei einer Verurteilung keine große Rolle mehr spielen würde. Doch auch mit reduzierter Anklage beantragte die Staatsanwältin für die nicht Vorbestrafte eine 20-monatige Bewährungsstrafe.

Richter Steigmayer verhängte 18 Monate. "Es kann nicht annähernd erklärt werden, wie in einem Monat 2500 Euro verbraucht werden", sagte er in der Begründung. Als Auflage verhängte er 300 Stunden gemeinnützige Arbeit.

© SZ vom 17.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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