Protestkation in Kottgeisering:Unlautere Bloßstellung

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Dass die Bürger ihren Unmut äußern ist nachvollziehbar und ihr gutes Recht. Allerdings ist die Form problematisch - ebenso wie die Rolle der Politik

Kommentar von Manfred Amann

Große landwirtschaftliche Hallen im Außenbereich sind fast immer ein Ärgernis. Doch wenn der Bauer begründen kann, dass er das Gebäude für die Entwicklung seines Betriebes diese benötigt, muss der Bau nach Maßgabe der landwirtschaftlichen Privilegierung in der Regel auch genehmigt werden. So ist es auch beim geplanten Hühnerstall, den der Bio-Bauer Erich Klas in einer Entfernung von etwa 800 Metern zur Kottgeiseringer Wohnbebauung errichten will. Dass die Gemeinde der scheibchenweisen Zersiedelung der schönen Landschaft Einhalt gebieten will, ist ebenso rechtlich begründet und mehr als verständlich. Doch wie die Erfahrung zeigt, wiegen die Argumente des Bauwerbers bei der Abwägung durch die Genehmigungsbehörde meist mehr. Rechtlich betrachtet sticht eben der Ober den Unter.

Darüber kann man verärgert sein, protestieren, und wenn dies nicht hilft, auch klagen, wobei die Chancen für einen Sieg eher gering sein dürften. Dass eine Bürgerinitiative (BI) nun mittels Plakatierungen versucht, auf das "Dilemma" aufmerksam zu machen, ist auch ein Weg, Missfallen auszudrücken, aber sicher nicht der Beste. In Kottgeisering vor allem deswegen nicht, weil mit Namennennung und Verurteilungsparolen der Eindruck erweckt wird, der Bio-Bauer würde rechtswidrig handeln. Da es dafür keine Bestätigung gibt, ist die öffentliche Bloßstellung absolut unlauter und ohnehin ein fragwürdiges Vorgehen. Und weil zumindest indirekt dem Landratsamt unterstellt wird, "Tomaten auf den Augen" zu haben und nicht genau hinzuschauen, was Klas wirklich macht, ist die Plakataktion auch rechtlich nicht ganz sauber.

Dass der Gemeinderat der BI nun erlaubt, auf öffentlichen Flächen aufzustellen, ist überdies mehr als bedenklich. Selbst wenn die Plakattexte mit der Gemeinde abgestimmt werden, impliziert die Genehmigung ihrer Aufstellung in Korrespondenz mit den bereits vorhandenen Transparenten, dass die unberechtigte, öffentliche Verurteilung von Erich Klas und von der Kommune toleriert oder sogar unterstützt wird. Eine Haltung, die bei einer rechtsaufsichtlichen Untersuchung wohl Probleme machen dürfte. Selbstverständlich kann die Gemeinde ihre Meinung kundtun. Dafür gibt es Möglichkeiten genug. Sie sollte oder darf es aber nicht, in dem sie sich so mit einem Teil der Bürger solidarisiert. Besser wäre es, nach außen hin Neutralität zu wahren. Die Gemeinde hat Entscheidungen übergeordneter Behörden trotz aller Unzufriedenheit zu akzeptieren und darf sich auf keinen Fall in irgendeiner Weise von einer Bürgerinitiative quasi instrumentalisieren lassen. Die Gefahr, sich dem Vorwurf einseitiger Parteinahme auszusetzen, ist groß und der Dorfgemeinschaft sicher nicht förderlich.

© SZ vom 14.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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