Protest mit Erfolg:Bahnhofsumbau gestoppt

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Ingo Laberer, Timo Sporwien (DB Netz), Bürgermeister Seidl, Frank Kutzner (Ministerium), Richard Ullmann (Behindertenbeirat) und Karl-Heinz Türkner (Seniorenbeirat) diskutieren über den barrierefreien Umbau. (Foto: Voxbrunner Carmen)

Das Verkehrsministerium geht auf die Kritik der Beiräte für Senioren und Behinderte in Puchheim ein. Die Bahn AG soll nun prüfen, ob ein barrierefreier Außenbahnsteig sinnvoll ist

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Der umstrittene barrierefreie Umbau des Puchheimer Bahnhofs ist gestoppt. Das bayerische Verkehrsministerium will prüfen lassen, ob ein neuer Außenbahnsteig auf der Nordseite nicht die bessere Lösung wäre. Der Protest von Behinderten- und Seniorenbeirat scheint sich auszuzahlen. "Es ist noch nichts gewonnen, aber ein Schritt in die richtige Richtung", kommentierte Richard Ullmann, der Vorsitzende des Behindertenbeirates.

Knapp 100 Zuhörer kamen am Donnerstagabend zu einer Podiumsdiskussion ins Rathaus. In den Wochen davor hingen die Pläne der DB Netz im Foyer aus. Diese sahen vor, dass der südliche Außenbahnsteig und der Mittelbahnsteig auf S-Bahn taugliche 96 Zentimeter angehoben werden und eine kleine Fußgängerunterführung gebaut wird, von der aus ein Lift zum Mittelbahnsteig führen soll. Diese Lösung hatte das Ministerium der Kommune 2014 aufgenötigt. Die Beiräte lehnten sie von Anfang ab, weil Aufzüge störanfällig sind und die Rampen in die Unterführung 75 und 90 Meter lang werden würden. Der Tunnel wurde als "Angströhre" gerügt.

Ullmann und der Seniorenbeiratsvorsitzende Karl-Heinz Türkner hatten am Dienstag erst einmal ihre Argumente vorgetragen, weil die Vertreter der Bahn und Frank Kutzner vom Ministerium wegen einer Störung im Stellwerk am Ostbahnhof, die die S-Bahn lahmgelegt hatte, deutlich zu spät kamen und von gestählten Pendlern im Publikum mit ironisch gemeintem Applaus empfangen wurden.

Ein sichtlich genervter Kutzner eröffnete dem Publikum, die Pläne seien gestoppt und die Bahn habe den Auftrag, neue Varianten zu prüfen. Den Beifall des Publikums quittierte er mit dem Satz: "Jetzt fangen wir wieder ganz von vorne an." Bis 2021 werde der Umbau jedenfalls nicht vonstatten gehen. Etliche Zuhörer warfen ihm Erpressung und einen "unverschämten Tonfall" vor. Was den Sinneswandel im Ministerium ausgelöst hat, erklärte Kutzner auch auf Nachfrage nicht.

Vor einer Woche hatten Bürgermeister Norbert Seidl (SPD) und die Beiräte an einer Besprechung im Ministerium teilgenommen. Dabei verkündete ihren Angaben zufolge der leitende Beamte den Kurswechsel. Laut Ullmann sei davon die Rede gewesen, dass sich der Umbau um etwa ein Jahr verschiebt, auf keinen Fall aber in der Prioritätenliste ganz nach hinten zurückfällt. "Das würden wir auch nicht akzeptieren", sagte Seidl. Ullmann ist zuversichtlich, weil der barrierefreie Umbau des Bahnhofs mit dem dreigleisigen Ausbau der Strecke verbunden ist.

Zwar soll dieser Ausbau erst verwirklicht werden, wenn die zweite S-Bahn-Röhre in München fertig ist, aber der Ausbau im Bereich Puchheim sollte mit dem barrierefreien Umbau des Bahnhofs verknüpft und vorgezogen werden. Unter der die Brücke der Kreisstraße FFB 11 im Osten des Bahnhofs passen nur zwei Gleise hindurch. Deshalb will die Bahn die Gleise verschwenken und Weichen verlegen. Der südliche Bahnsteig müsste um zwei bis drei Meter nach Süden verlegt werden, ebenso der angrenzende Parkplatz, das Bahnhofsgebäude und die vorhandene Unterführung für Fuß- und Radfahrer müssten angepasst werden. Ob das bis 2021 zu schaffen ist, war immer umstritten.

Kritiker wenden ein, dass ein viertes Gleis notwendig wäre, um den Verkehr zu bewältigen. In diesem Fall müsste sowieso ein barrierefreier Außenbahnsteig im Norden errichtet werden. Der Bürgermeister will auf jeden Fall eine zweite Fußgängerunterführung im Osten der Bahnsteige haben, um die Umwege etwa für Bewohner der Planie abzukürzen. Ein einziger Aufgang auf der Westseite ist zu wenig, sagte Seidl. Puchheim ist mit mehr als 10 000 Fahrgästen täglich der am meisten frequentierte Bahnhof im Westen von München. Prognosen gehen von 15 000 Menschen in naher Zukunft aus.

© SZ vom 01.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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