Prominenter Besuch:Mia san immer noch mia

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In Bayern ist alles besser als anderswo. Sagt Markus Söder. Der Ministerpräsident macht Wahlkampf in Maisach. 1500 Besucher sind begeistert und huldigen ihm wie einem Popstar - mit Autogrammwünschen und Selfies

Von Heike A. Batzer, Maisach

Drinnen sitzen 1500 Besucher, draußen warten die engeren Parteigänger samt Junger Union, die einheitlich in "Söder-Team"-Shirts auftritt. Der bayerische Ministerpräsident kommt nach Maisach, es sieht nach Heimspiel aus für den CSU-Politiker am Mittwochabend, auch wenn er eigentlich ein Franke ist. Söder entsteigt seinem Dienstwagen - fünf Minuten ist er zu spät dran -, streift das Jackett über, begrüßt und lässt sich begrüßen, schreitet die Umstehenden ab, als würde er eine Parade abnehmen, und schüttelt viele Hände. Auch die der Helfer von Polizei, Feuerwehr, Sicherheitsdienst. Eine gute Gelegenheit, wenn das Volk mal so nah ist.

Zusammen mit der Entourage zieht Söder ins Festzelt ein, diskret begleitet von vier Personenschützern, weniger diskret vom bayerischen Defiliermarsch, den die Blaskapelle Maisach so zu intonieren versteht, dass der Rhythmus die Schrittfrequenz der Festgäste unterstützt. Söder grüßt ins Volk, das das 1500 Besucher fassende Festzelt von Maisach bis in die hintersten Reihen gefüllt hat, und trägt sich ein ins Goldene Buch der Gemeinde, das man ins Bierzelt mitgebracht hat. Dann darf er Platz nehmen am Tisch in der ersten Reihe, wo schon das Brotzeitbrettl wartet, zwischen Katrin Staffler, die seit einem Jahr Bundestagsabgeordnete ist, und Benjamin Miskowitsch, der in acht Wochen für den Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost in den Landtag einziehen möchte. Just in dieser Konstellation waren sie schon vor exakt einem Jahr zusammengekommen, damals in Mammendorf, als Miskowitsch ein Gespräch zwischen Staffler und Söder moderierte. Jetzt macht Söder nicht nur Wahlkampf in eigener Sache, sondern auch für Miskowitsch: "Ich bin ausdrücklich da, um Dich zu unterstützen", wird er dem Bewerber nachher von der Bühne herab zurufen.

Knapp eine Stunde wird seine Rede dauern, die im Kern eine Aussage hat: In Bayern ist alles besser als anderswo. "Deutschland ist nur so stark, weil es uns Bayern gibt". "Ohne die Bayern würde nichts vorangehen in Deutschland". "Wir zeigen, wie's geht - weil wir's können und weil Bayern funktioniert." Bayern sei das einzige Land, das Verstand und Herz, Modernität und Tradition vereine habe. "Bayern ist mit Abstand das schönste Land der Welt." Mia-san-mia vom Feinsten.

Die meisten Besucher sehen das genauso, 33 Mal unterbrechen sie Söders Rede mit Applaus, das ist statistisch gesehen etwa alle zwei Minuten. Dann gibt es lobende Worte für die wichtigsten lokalen Würdenträger der CSU: für Reinhold Bocklet, der nach 24 Jahren im Landtag nicht mehr kandidieren wird ("Respekt vor deiner Lebensleistung, du wirst ein Stück weit fehlen"), für den Langzeitabgeordneten Thomas Goppel, der noch einmal als Listenkandidat antritt ("Du gehörst zu den ganz Großen der bayerischen Politik"), für Alex Dorow, den Landtagsabgeordneten aus dem Stimmkreis Landsberg/Bruck-West, mit dem Söder mal beim Bayerischen Rundfunk zusammengearbeitet hatte ("Du warst damals erfolgreicher als ich"), für Bezirkstagskandidatin Gabriele Off-Nesselhauf ("großartig und charmant") und den Landtagskandidaten Benjamin Miskowitsch ("einer mit Mut") sowie für Landrat Thomas Karmasin ("einer der besten und schönsten Landräte in Oberbayern").

Die Botschaft in Söders Wahlkampfrede ist eindeutig: Bayern soll so gut bleiben, wie es ist, und keinesfalls so werden wie das Land Berlin, das mehrmals als schlechtes Beispiel herhalten muss. Für das Bierzeltpublikum hat er einprägsame Schlagworte parat: "Ich sage ja zu Bayern." Oder in Anlehnung an einen Werbespruch des Bayerischen Fernsehens: "I bin da Markus, do bin ich dahoam und do will i bleiben." Überall will Bayern die Nummer eins sein, wenn es nach Söder geht: bei der Pflege (mit 1000 Euro Pflegegeld), bei der Förderung von Wohneigentum für junge Familien mit Baukindergeld und Eigenheimzulage, bei der Bildung ("Wer in Bayern Abitur hat, weiß am Ende mehr"). Er wiederholt sein Ansinnen, die Amtszeit des Ministerpräsidenten auf zehn Jahre begrenzen zu wollen und erteilt der FDP - in Anspielung auf die gescheiterten Verhandlungen in Berlin - als möglichem Koalitionspartner für Bayern eine Absage: "Wer nicht den Mut zur Verantwortung hat, kann nicht erwarten, sich in München an den gedeckten Tisch zu setzen!" Wichtig ist ihm, "die eigenen Leute nicht zu vergessen", auch Normalverdiener müssten ein schönes Leben führen können, findet Söder.

Und dann natürlich die Zuwanderung, ein Thema, das die Massen bewegt, wie sich an der Intensität des Händeklatschens erkennen lässt. "Wir brauchen eine Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung. Alles muss seine Balance haben!", fordert Söder. Und am Beispiel des nach Auffassung der Gerichte zu Unrecht abgeschobenen Sami A.: Dass es zwölf Jahre gedauert habe, bis er außer Landes geschafft wurde, man ihn aber "keine zwei Stunden später freiwillig wieder ins Land holen muss, das versteht niemand", ruft Söder in das volle Bierzelt hinein, das ihm mit größtmöglichem Beifall zu verstehen gibt, dass es diese Auffassung teilt. Der Schutz der einheimischen Bevölkerung stehe an erster Stelle, sagt Söder noch, und wer sich gewalttätig verhalte, könne "doch nicht ernsthaft eine Bleibeperspektive fordern".

Am Ende erhebt sich das Publikum zur Huldigung. "Ein bisschen populistisch sei die Rede schon gewesen, findet einer aus dem Volk, "aber schlecht ist er nicht". Söder verbeugt sich, winkt in die Menge und nimmt noch auf der Bühne einen Schluck aus einer der mit Maisacher Bier gefüllten Bügelflaschen, die ihm die örtliche CSU überreicht. Gemeinsam singt man noch Bayern- und deutsche Nationalhymne. Dann wollen viele noch ein Foto mit dem Ministerpräsidenten, wie die drei Maisacher Bürgermeister Hans Seidl, Roland Müller und Waltraut Wellenstein, die SPD-Frau. Bereitwillig schreibt Söder noch ein paar Autogramme. Wie ein Popstar.

© SZ vom 24.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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