Lahnstein hat es, Bamberg hat es, Hamburg, Osnabrück und Kiel haben es. Und seit dem vergangenen Wochenende hat es Puchheim auch: Ein eigenes Bluesfestival. Vorsichtig aber selbstbewusst wurde vor fünf Jahren der Keim gelegt - nun ist die Saat aufgegangen. Zwei Abende Blues im Puchheimer Kulturcentrum Puc, traditionell, modern, begeisternd. Was sich hier vor den Toren Münchens langsam aber kontinuierlich entwickelt hat, ist keines dieser hochkarätig besetzten Prestigefestivals, die, finanziell gefördert durch namhafte Sponsoren und gespickt mit namentlich großen Stars, wie Pilze aus dem Boden schießen. Hier, vor den Toren Münchens, geht es allein um die Musik und um ein Publikum, das sich noch am Blues berauscht und mit seiner Begeisterung ein großartiges Konzert erst adelt. Wie am Freitag, als das 1. Puchheimer Bluesfestival mit den "Down Home Percolators" eröffnet wurde.
Dieses Bluesduo aus Frankfurt am Main, der einstigen Blueshauptstadt Deutschlands, widmete sich mit Gitarre (Bernd Simon) und Mundharmonika und Vocals ( Klaus "Mojo" Kilian) den frühen Jahren des Blues. Country-, Delta-, Ragtime-, oder Chicago Blues - alles hatten die beiden im musikalischen Gepäck dabei. Sie interpretierten die Songs aus dieser Hochzeit des Blues in der Haltung von Sonny Terry & Brownie McGhee. Ungeschliffen ihr Ansatz, wirkungsvoll ihr Ausdruck, voller Leidenschaft im Inhalt. Kein Arrangement wurde geglättet. Blues bleibt bei beiden die Ausdrucksform einer unterdrückten Klasse, mit all der zum Leben gehörenden Freude und der Lust.
Eine gewisse Sparsamkeit beim Einsatz der musikalischen Mittel ist deutlich - nicht aber in der Diktion ihrer Gefühle. Die stehen im Zentrum eines jeden Songs. Dabei sind es weniger analytische Zusammenfassungen, als musikalische Zustandsbeschreibungen, die messerscharf die Realität schildern und dann wieder von der Hoffnung auf das ganz persönliche Glück erzählen. Die "Down Home Percolators" waren für viele in ihrer Authentizität eine, wenn nicht sogar die Entdeckung des Festivals.
Verantwortlich für das Programm zeichnet sich Peter Crow C., der schon seit der ersten Puchheimer Bluesnacht 2011 sehr eng mit dem Leiter des Puc, Michael Kaller, zusammenarbeitet. Crow ist nicht nur brillanter Kenner der Szene, sondern zugleich die Hälfte des Duos "Black Patti", das mit seinem akustischen Pre-War Blues den zweiten Abend eröffnete, gefolgt von Nick Woodland, dem Münchner Lokalmatadoren, von dem in den nächsten Tagen das neue Album "Street Level" erscheinen wird.
Bemerkenswert der Auftritt von Dr. Will & The Wizards. Inhaltlich erinnert er mit seiner Band an ein Zitat von David Harrison, dem englischen Journalisten und Kenner der Szene: "Wenn Musik eine Weltsprache ist, dann ist Blues das Esperanto der Musik". Blues als die Wiege der populären Musik, damit kommt man Dr. Will und seiner Voodoo-Blues-Show recht nahe. Will ist ein exaltierter, voller Temperament agierender Hohepriester des Blues, der gekonnt die Verbindung zu Soul und Rock 'n' Roll, Klamauk und Cajun knüpft. Mancher Song klingt bei ihm wie ein Tom- Waits-Original, dann galoppiert das Quartett in einem Shuffle direkt in Richtung Robben Ford. Zwischendurch Verkleidungs- und Voodoo-Verrücktheiten eines Dr. John, mit dem sich Dr. Will wohl am ehesten verwand tfühlt. Eine derartige Mardi-Gras-Party begeistert, holt das Publikum der fast ausverkauften Halle von den Sitzen, lässt es ausgelassen tanzen. Dr. Will die ernstzunehmende Stimmungskanone des Blues - wunderbar.
Und was bleibt als Fazit? "Erfolg verpflichtet" - möchte man den Machern laut zurufen. Das zweite Puchheimer Bluesfestival sollte für das nächste Jahr zur Pflicht werden.