Premiere:Absolute Gleichberechtigung

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Mit einer Beziehungsgeschichte überzeugt das Ensemble der Puchheimer Taschenoper in diesem Jahr. (Foto: Günther Reger)

Sehenswerte Aufführung von "Rita" durch die "Puchheimer Taschenoper"

Von Klaus Mohr, Puchheim

Die Gleichberechtigung der Geschlechter hat viele Facetten. Zumindest in der Theorie ist das für uns heute eine Selbstverständlichkeit. Ein eindrucksvolles Beispiel für die Gleichberechtigung in der Mitte des 19. Jahrhunderts hatte im Rahmen des 20-jährigen Bestehens des Puchheimer Kulturzentrums Puc am Freitag Premiere. In einer Inszenierung der "Puchheimer Taschenoper", die es seit 15 Jahre gibt, war die einaktige Oper "Rita" von Gaetano Donizetti in deutscher Sprache zu erleben. Wohl keiner der Besucher im ausverkauften Béla-Bartók-Saal hat das Werk bereits auf einer anderen Bühne erlebt. Das ist auch nicht weiter verwunderlich, denn von den etwa siebzig Opern Donizettis hat sich nur ein ganz kleiner Teil auf den Spielplänen halten können.

Das Stück, in dem nur die drei Personen Rita (Silke Wenzel, Sopran), Beppe (Markus Schmid, Tenor) und Gasparo (Florian Dengler, Bariton) vorkommen, mutet auf den ersten Blick wie eine klassische Dreiecksgeschichte an, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen: Hier geht es nicht darum, dass zwei Männer um die Liebe der gleichen Frau buhlen, sondern darum, welcher der beiden Ehemänner sie behalten muss. Zugleich typisieren die beiden Sänger diametral entgegengesetzte Männervorstellungen: Während Gasparo als viriler, welterfahrener Lebemann auftritt, verkörpert Beppe die Spezies eines verweichlichten, erfolg- und glücklosen Männerbilds.

Musikalisch war das Opernorchester Donizettis auf ein aus sieben Personen bestehendes Ensemble einschließlich Dirigentin geschrumpft. Die Kammermusikalität die dadurch entstand, kam der filigranen Melodieführung des Komponisten sehr entgegen und erwies sich als erfrischend originell und zudem äußerst flexibel. Unter der Leitung von Sonja Lachenmayr musizierten Johanna Sandhäger (Violine), Saskia Ederle (Flöte), David Jäger (Sopran- und Tenorsaxophon), Simon Japha (Akkordeon), Helge Japha (Kontrabass) und Michael Sachs (Klavier).

Das minimalistische Bühnenbild mit dem Postkartenidyll des Wirtshauses "Zum Donizetti" als Rückwand lenkte die Aufmerksamkeit des Publikums ganz auf die Aktionen der Protagonisten. Als Gasparo sich dozierend auf einem Stuhl breit machte und Beppe das Geheimnis einer guten Ehe nahe zu bringen versuchte ("Der Mann schlägt seine Frau und die Frau bewundert ihn dafür"), da ließ er keinen Zweifel an seiner Überzeugung aufkommen. Auch die Konkretisierung "man kann seine Frau zwar schlagen, aber man schlägt sie nicht tot" wirkte da nicht unbedingt beruhigend. Umgekehrt zeigte auch Rita eine vergleichbare Entschlossenheit, wenn sie gegenüber Beppe nach dem Motto handelte, "doch jetzt mache ich es umgekehrt".

Solche haarsträubenden Ansichten wurden musikalisch oft konterkariert durch duftig schwingenden Wohlklang und den besonderen Reiz der hier möglichen Kombination von Instrumenten. Auf diese Weise entstand eine zweite Schicht, die dieses Werk erst zur "opéra-comique" werden ließ. Das Orchester musizierte nicht nur höchst zuverlässig und mit wunderbarer Noblesse, sondern auch stets in der richtigen Balance. Silke Wenzel mimte die gewalttätige Wirtin stimmlich beeindruckend. Mit seinem profunden Bariton glückte Florian Dengler seine Rolle ohne jeden Abstrich. Den schwersten Part hatte wohl Markus Schmid, doch changierte er geschickt zwischen den Polen der Partie.

Am Ende musste man sich fragen, ob Donizetti seine "Rita" quasi in weiser Voraussicht auf die "Puchheimer Taschenoper" komponiert hat. Die Personenkonstellation und die experimentelle Instrumentation schienen wie geschaffen für den Rahmen und die Musik Donizettis. Das legte auch der große Beifall am Ende nahe. Kleine Anleihen aus anderen Bühnenwerken ergänzten die Musik. Verantwortlich waren Silke Wenzel für den Bereich Musik und Michael Kaller für die Regie. Noch treffender wäre es gewesen, wenn die Texte jeweils auch im ganzen Saal verständlich gewesen wären. Manche Reaktion des Publikums ließ erkennen, dass nicht alle treffend gesetzten Pointen auch gleich verständlich waren.

© SZ vom 20.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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