Polizeibeamte verletzt:Strenge Auflagen für Germeringer

Lesezeit: 2 min

Gericht verhängt Unterbringung gegen schuldunfähigen 28-Jährigen

Von Andreas Salch, München/Germering

Die Nachrichten, die ein Staplerfahrer aus Germering im Sommer 2017 Bekannten über Instagram sandte, waren deutlich: Er werde "ins Paradies fahren" hatte er angekündigt und könne sie durchaus "mitnehmen". Außerdem verletzte der 28-Jährige drei Polizisten der Polizeiinspektion Germering schwer. Laut einer Gerichtspsychiaterin hatte der Staplerfahrer zum Zeitpunkt der Taten eine "Störung im Sinne eines religiösen Wahns". Da er somit strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, ordneten die Richter der 3. Strafkammer am Landgericht München II am Dienstag dessen Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik an. Allerdings wurde diese Maßregel unter strengen Auflagen zur Bewährung ausgesetzt. Sollte er dagegen verstoßen, müsse er mit dem Widerruf der Bewährung rechnen, sagte der Vorsitzende, Richter Martin Hofmann, zu dem Mann bei der Urteilsbegründung am zweiten und letzten Tag des Prozesses.

Der Germeringer leidet nach den Worten einer Forensikerin an einer sehr seltenen psychotischen Störung mit Symptomen einer Schizophrenie. Seit der Tat nimmt der 28-Jährige ein Medikament. Eine "weitere psychiatrische Behandlung" sei aber "dringend notwendig", so die Sachverständige. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass die Symptome, die zur Tatzeit bestanden, erneut auftreten. Er müsse akzeptieren, dass wieder etwas passieren könne, sollte er sich nicht behandeln lassen, sagte Richter Hofmann zu dem 28-Jährigen und verwies auf die schwerwiegenden Verletzungen, die die drei Polizisten der Polizeiinspektion Germering erlitten.

Als sie den Beschuldigten am 5. Juli 2017 in seiner Wohnung mit den Nachrichten konfrontieren wollten, die er über Instagram versandt hatte, war es zu seiner Rangelei gekommen. Dabei riss der Staplerfahrer den linken Oberarm eines Beamten so heftig nach unten, dass zwei Sehnen an dessen Schulter abrissen. Der Polizist geriet dadurch ins Straucheln und stieß gegen seine beiden hinter ihm auf einer Treppe stehenden Kollegen. Die Beamten fielen die Treppe hinunter und verletzten sich ebenfalls schwer. Einer von ihnen zog sich eine Fraktur am Kniegelenk zu. Der andere einen Sehnenabriss sowie eine Kapselverletzung am Daumen.

An den teils irreversiblen Folgen leiden die Beamten bis heute. Einer von ihnen wandte sich bei seiner Vernehmung vor Gericht direkt an den Staplerfahrer und sagte zu ihm: "Wissen Sie eigentlich, was Sie mir und meiner Familie angetan haben?" Die Verletzungen, die die Polizisten davontrugen, machten deutlich, was passieren kann, wenn wieder ein Krankheitsschub auftritt, sagte Richter Hofmann zu dem Staplerfahrer. Die Polizisten haben, wie am ersten Verhandlungstag bekannt wurde, Schadens- und Schmerzensgeldklagen in Höhe von 90 000 Euro gegen 28-Jährigen angemeldet.

Dessen Verteidiger, Rechtsanwalt Günter Reisinger, forderte, seinen Mandanten freizusprechen, da er zur Tatzeit schuldunfähig gewesen sei. Außerdem würden die Voraussetzungen für eine Unterbringung "nicht hinreichend bestehen." Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft schloss sich dem Gutachten der Gerichtspsychiaterin an und plädierte ebenso dafür, die Unterbringung unter Auflagen zur Bewährung auszusetzen. Da die psychotische Störung, an der der 28-Jährige leidet, in unbehandelten Zustand jederzeit wieder auftreten könne, stelle sich die Frage, ob er eine "tickende Zeitbombe ohne Zeitangabe" sei, so die Anklagevertreterin.

Vor der Urteilsverkündung erklärte der Germeringer, dass von ihm "natürlich keine Gefahr" ausgehe und er weder ein Islamist noch ein Terrorist sei. Man sollte ihm eine "zweite Chance" geben, bat der 28-Jährige. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: