Politik:Kandidaten auf Achse

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2017 ist ein Wahljahr. Für erste Auftritte eignen sich die Neujahrsempfänge. Mittlerweile gibt es so viele davon, dass manche Partei schon wieder darauf verzichten will - so wie die CSU Puchheim

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Wie steht es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland? Verändert sich der Zustand der Demokratie? Fragen dieser Art werden bei den zahlreichen Neujahrsempfängen erörtert werden, die den ganzen Januar über stattfinden. Seit Jahren erfreuen sich die politischen Empfänge mit kultivierter Rhetorik und kulinarischen Köstlichkeiten vom Buffet großer Beliebtheit. Dass 2017 wieder ein Wahljahr ist, kommt dabei zum Ausdruck: CSU-Bundestagskandidatin Katrin Mair wird auf zwei Empfängen sprechen, auch der Kandidat der Freien Wähler für das Amt des Bundespräsidenten, Alexander Hold, stattet dem Landkreis Fürstenfeldbruck einen Besuch ab.

Für die Freien Wähler ist es zumindest seit langer Zeit ein erster, wenn nicht sogar der allererste Neujahrsempfang, der am Mittwoch, 18. Januar, im Germeringer Hotel Mayer stattfinden wird (Beginn 19 Uhr). Er könne sich nicht an einen solchen erinnern, sagt Hans Friedl, der seit zwei Jahren Kreisvorsitzender ist und zuvor 15 Jahre lang Kreisgeschäftsführer der Freien Wähler war. Bei einem Dreikönigstreffen in Niederbayern sei man im Vorjahr auf die Idee eines eigenen Empfangs gekommen, erzählt er. Und die Freien Wähler können dazu gleich ein bekanntes Gesicht aufbieten: Alexander Hold, 54 Jahre alter Jurist und Stadtrat von Kempten, ist mit der SAT-1-Gerichtsshow Richter Alexander Hold bekannt geworden, die seit 2001 ausgestrahlt wird. Hold stehe für die bürgerliche Mitte, und "in Zeiten, da bei manchen Bürgern Zweifel wachsen, ob Recht und Gesetz geachtet und verteidigt werden", sei seine Kandidatur "ein Zeichen für den Rechtsstaat", hatte FW-Bundeschef Hubert Aiwanger gesagt, als Hold als Kandidat für die Bundespräsidentenwahl am 12. Februar nominiert worden war. In Germering spricht er darüber, wie das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen ist.

In Fürstenfeldbruck wird am Samstag, 14. Januar, Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, beim Neujahrsempfang der CSU im Kurfürstensaal des Klosters die Herausforderungen nennen, "vor denen wir stehen, wenn wir Zukunft gestalten wollen", sagt der Brucker CSU-Vorsitzende Andreas Lohde. Nicht zuletzt mit der Erstaufnahmeeinrichtung im Fliegerhorst sei Fürstenfeldbruck "seit gut zwei Jahren enger an das Weltgeschehen herangerückt". Das soll auch mit den Gästen der Neujahrsempfänge zum Ausdruck kommen. Im Vorjahr hatte dort US-Generalkonsulin Jennifer Gavito Einblick in Entwicklungen im Nahen Osten gegeben, nun also der Entwicklungshilfeminister, der im übrigen im Vorjahr bereits in Maisach zu Gast war.

Auch den Germeringer Sozialdemokraten ist der Zustand der Gesellschaft ein Anliegen. In der Stadthalle wird Thies Marsen, Journalist beim Bayerischen Rundfunk und dort Experte für das Thema Rechtsextremismus, am Sonntag, 29. Januar, die Frage erörtern, ob die Gesellschaft nach rechts rückt und ob dies eine Gefahr für die Demokratie darstellt (11.15 Uhr).

"Was Deutschland 2017 bewegt" wird beim Dreikönigstreffen der Kreis-FDP Daniel Föst erörtern und dabei am 5. Januar im Germeringer Restaurant Egomio (19.30 Uhr) auf die Themen Sicherheit, Bargeld und Digitalisierung zu sprechen kommen. Der passionierte Whiskysammler und Saxofonspieler ist seit drei Jahren Generalsekretär der bayerischen FDP, Beisitzer im Bundesvorstand und beruflich als Marketingberater tätig und, wer weiß, vielleicht gibt es ja auch ein paar Aussagen dazu, wie sich die FDP für die Bundestagswahl positioniert. Den Freien Demokraten werden durchaus Chancen auf den Wiedereinzug in den Bundestag eingeräumt.

Auch wenn der SPD-Landtagsabgeordnete und frühere Bürgermeister von Puchheim, Herbert Kränzlein, seinen Finanzempfang am Montag, 9. Januar, in der Olchinger Kulturwerkstatt am Mühlbach (Kom) nicht unbedingt unter die Neujahrsempfänge einreihen würde, so passt die Veranstaltung als politischer Diskussionsabend doch gut dazu. Kränzlein bringt den Kämmerer der Stadt München, Ernst Wolowicz, und den Jesuitenpater Jörg Alt mit nach Olching. Alt forscht seit drei Jahren am Projekt "Steuergerechtigkeit und Armut". Dabei geht es um ein Problem, das Deutschland, Kenia und Sambia gemein sei, so die Forscher: Es sei schlecht um die Steuergerechtigkeit bestellt. In allen drei Ländern trage der Mittelstand die Last, Reiche und Konzerne rechneten derweil ihre Steuerlast herunter oder verschöben ihr Geld in Steueroasen. Mit der Folge, dass die erzielten Steuereinnahmen nicht reichten, um Schuldenberge abzubauen, Zukunftsaufgaben zu bewältigen oder Benachteiligte zu fördern.

Beliebte Neujahrsredner werden immer wieder gebucht. Wie Erzabt Wolfgang Öxler von der Benediktinerabtei Sankt Ottilien. Vor zwei Jahren war er bei der CSU in Germering, im Vorjahr bei der CSU in Egenhofen zu Gast, heuer lädt ihn die Kreis-Frauen-Union für Sonntag, 29. Januar, ins Emmeringer Bürgerhaus ein (11 Uhr). Bei den FU-Frauen referierte vor zwei Jahren Ursula Münch, Professorin für Politikwissenschaft und Leiterin der Akademie für politische Bildung in Tutzing. Am Sonntag, 8. Januar, wird sie bei der CSU Germering im Roßstall sprechen (11.15 Uhr). Nur vor geladenen Gästen reden wird der ehemalige Militärberater der Bundeskanzlerin, Brigadegeneral a. D. Erich Vad, am 8. Januar bei der Gröbenzeller CSU. Am 10. Januar lädt die CSU in Maisach zu ihrem alljährlichen Empfang für Ehrenamtliche und Gäste in die Turnhalle Gernlinden (19.30 Uhr).

Die SPD im westlichen Landkreis strukturierte sich 2016 neu und fasste unter anderem einzelne Ortsvereine zum Ortsverein VG Mammendorf zusammen. Dieser veranstaltet am Donnerstag, 26. Januar, im Mammendorfer Bürgerhaus einen Neujahrsempfang mit Maria Noichl, Mitglied des Europäischen Parlaments (19 Uhr). Die Puchheimer Sozialdemokraten sind nach Angaben ihrer Vorsitzenden Marga Wiesner auf der Suche nach "Themen, die berühren". Nach dem Münchner G'schichten vom Vorjahr geht es am Freitag, 27. Januar, in der Aula der Schule Süd um "ein bisserl Hoffnung", die Uwe Hinsche vom Verein Biss (Bürger in sozialen Schwierigkeiten) verbreiten möchte (19 Uhr).

Auch für Katrin Mair hat der Wahlkampf begonnen. Die 35-Jährige will im Herbst versuchen, die langjährige CSU-Bundestagsabgeordnete Gerda Hasselfeldt zu beerben. Die Pressesprecherin der Hypo-Vereinsbank wird am Mittwoch, 18. Januar, beim Empfang der Allinger CSU im örtlichen Bürgerhaus über "Auswirkungen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank" sprechen. Am Sonntag, 22. Januar, ist sie bei der CSU in Mittelstetten zu Gast (18 Uhr, Gasthof zur Post). Darüber hinaus veranstalten auch Kommunen wie Eichenau (9. Januar, 19 Uhr, Bürgerzentrum), Fürstenfeldbruck (26. Januar, 18.30 Uhr, Veranstaltungsforum) oder Türkenfeld (19. Januar, 19.30 Uhr, Schule) eigene Neujahrsempfänge. Weil die Zahl fast unüberschaubar geworden ist, will die CSU Puchheim auf eine eigene Veranstaltung verzichten. Zudem sei es schwierig geworden, gute Redner zu finden, sagt ihr Ortsvorsitzender Markus Hammer. Man werde stattdessen im Frühjahr eine entsprechende Veranstaltung ausrichten.

© SZ vom 03.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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