Aufgrund des regen Interesses am neuen Grafrather Gemeinderat war es bei der konstituierenden Sitzung im Bürgerstadel nicht leicht für die Besucher, die nötige Corona-Distanz einzuhalten. Verteilt im Saal und auf der Empore verfolgten etwa drei Dutzend Bürger die Vereidigung und die Vergabe der Referate und Posten. In seiner zweiten Amtsperiode wird der in Hattenhofen lebende parteifreie Bürgermeister Markus Kennerknecht nunmehr von zwei Frauen vertreten.
Neuzugang Silvia Dörr von der Grafrather Einigkeit (GE) wurde zur Zweiten Bürgermeisterin gewählt und als weitere Stellvertreterin fungiert Gabriele Oellinger, die für die Frauenliste Grafrath (FLG) als einzige wieder im Gemeinderat mitwirkt. Beide Frauen hatten keinen Gegenkandidaten. Bei der geheimen Wahl bekam Dörr 16 Stimmen, eine ging an Oellinger. Als Dritte Bürgermeisterin erhielt Oellinger 15 Stimmen, je eine gingen an Gerald Kurz von der CSU/Bürgervereinigung (CSU/BV) und an Manfred Heilander (GE). Beide Kandidatinnen waren von Kurz, dem Sprecher der mit fünf Sitzen stärksten CSU/BV-Fraktion, und von Thomas Prieto Peral, dem Fraktionschef von Bündnis90/Die Grünen, die mit vier Sitzen die zweitstärkste Kraft bilden, vorgeschlagen worden. In der vorherigen Wahlperiode hatte Kennerknecht nur eine Stellvertreterin.
Aus Sicht der BfG-Fraktion (Bürger für Grafrath) mit Sprecher Altbürgermeister Hartwig Hagenguth und Martin Söltl, sollte es auch bei einer Vertretungskraft bleiben - "mangels Bedarf und um Kosten zu sparen". "Die Termine werden immer mehr und gerade die Corona-Krise zeigt, dass schnell eine Vertretung erforderlich sein könnte", befand dazu Bürgermeister Kennerknecht. Der BfG-Antrag wurde schließlich mit 15 gegen zwei Stimmen abgelehnt. Der Gemeinderat, der seit dem 1. Mai im Amt ist, hat neun neue Mitglieder. In den Fraktionen der Grünen sowie der GE (drei Sitze) findet sich kein Mandatsträger der vergangenen Amtsperiode mehr und bei der CSU/BV sind zwei Neue im Team. In "zuweilen nicht ganz einfachen Vorverhandlungen" wurde vereinbart, statt acht nun zehn Referate zu besetzen. Die Wahlen hierfür erfolgten einstimmig. Vier Referate werden von CSU/BV-Gemeinderäten betreut. Für den Aufgabenbereich Katastrophenschutz und Rettungsdienste ist Karlheinz Dischl zuständig, für Kultur weiterhin Sybilla Rathmann, für Vereine und Sport Karl Ruf und für Gewerbe sowie Energie Fraktionschef Kurz. Die Referenten für Umwelt (Heilander) und Senioren (Dörr) werden von der GE gestellt, die Grünen kümmern sich um Verkehr (Arthur Mosandl), Jugend und Familie (Begona Prietro Peral) sowie um Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit (Monika Glammert-Zwölfer). Referent für Soziales und Kinderbetreuung ist SPD-"Einzelkämpfer" Josef Heldeisen. Ferner wurde beschlossen, neben dem Pflicht-Rechnungsprüfungsausschuss weitere drei einzurichten. Je acht Gemeinderäte plus Bürgermeister als Vorsitzender werden in den Ausschüssen für Hauptverwaltungs- und Finanzangelegenheiten, für Familie, Soziales, Kultur und Sport sowie für Umwelt, Bau, Planung und Wasserversorgung mitwirken. Damit Oellinger und Heldeisen, die als Einzelvertreter ihrer Wählergruppe keinen Fraktionsstatus haben, in den Gremien mitarbeiten können, wurde eine FLG/SPD-Ausschussgemeinschaft gebildet. Gegen die Stimme Hagenguths wurde die neue Geschäftsordnung angenommen, die Ausschüssen und Bürgermeister mehr Kompetenzen gibt. Der Bauausschuss kann nun im Bauleitverfahren auch Satzungsbeschlüsse fassen. Ausschüsse können bis zu einer Höhe von 50 000 Euro selbständig beschließen.
"Die Corona-Krise und ihre Folgen werden uns noch lange beschäftigen, wir stehen vor großen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam meistern können", sagte Kennerknecht und appellierte dafür, "nicht die große Politik", sondern Grafrath im Blick zu haben.