Podiumsdiskussion:Ökologie und ihr Preis

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Die Puchheimer CSU entdeckt die Umwelt als Thema

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Wie passen Artenschutz, Baumpflege und Baumkontrolle, ökologische Landwirtschaft und gesunde Ernährung zusammen? Die Puchheimer CSU verknüpfte diese Themen zu einem Vortragsabend über Ökologie - moderiert von CSU-Stadträtin Ramona Fruhner-Weiß. Die 40 Besucher der Veranstaltung im Puchheimer Kulturzentrum (Puc) erlebten vier Referenten, die durch faktenreiche Vorträge bestachen. Doch nicht nur das: die Redner unterstrichen ihre Anliegen durch eindeutige persönliche Positionierung.

Besonders Georg Huber, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes, redete sich mit großer Empathie seinen Frust von der Seele. "Hackfleisch für 66 Cent pro hundert Gramm wurde angeboten, habe ich gerade im Auto gehört", empörte sich der Landwirt aus Puchheim-Ort. "Wir geben dem Lebensmittel zu wenig Wert", sagte Huber und ergänzte selbstkritisch, "auch wir Landwirte machen das." Die Menschen würden über Mastställe von 40 000 Hühnern klagen, "aber das Hendl für 3,50 Euro will ich schon." Da hielt Richard Bartels von Slow Food Fünfseenland dagegen. "Der Verbraucher ist schon lange nicht mehr schuld", zitierte er einen Satz aus dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt von vor 20 Jahren. Bartels konnte die 66 Cent pro hundert Gramm Fleisch sogar noch unterbieten und zeigte eine Schnitzel-Werbung für 44 Cent für die gleiche Menge Fleisch: "Das Kilo Fleisch müsste 20 Euro kosten."

Georg Huber ist jedoch kein Zulieferer für Billigfleisch. Er betreibt keine Viehwirtschaft, sondern Ackerbau in Puchheim-Ort und auf gepachteten Äckern in Puchheim-Bahnhof. Dazu hält er Pensionspferde auf seiner Weide an der B 2. Seit einem Jahr hat er seinen Betrieb, der in der Huber-Tradition auf 1834 zurückgeht, von konventioneller auf ökologische Landwirtschaft umgestellt. "Ich habe beschlossen, so will ich nicht weitermachen", meinte Huber. Er will aber auch die konventionelle Landwirtschaft nicht in die böse Ecke stellen. Bis vor einem Jahr habe er seine Kartoffelpflanzen achtmal mit Fungiziden gespritzt, teilte er den Anwesenden die Normalität intensiver Landwirtschaft mit. "Ich habe die Pommes frites in der verlangten Qualität geliefert, aber ich bin von der Gesellschaft dafür geächtet worden", zog Huber für sich ein trauriges Fazit. Trotzdem will er als Ökolandwirt weitermachen. Ob das auch finanziell eine Zukunft hat, müsse sich noch zeigen. "Mais kann man zum Beispiel ökologisch nicht vermarkten", erläuterte Huber die Probleme. Was den 44-jährigen Landwirt aufregte, war der Vorwurf der Bienen-Volksbegehren-Betreiber gewesen: "Ihr Landwirte habt bisher alles falsch gemacht." Dabei habe er schon immer auf breite Blühstreifen an seinen Äckern geachtet. "Doch dann laufen ständig die Puchheimer mit ihren Hunden in diese Blühsteifen", klagte Huber, der für seinen engagierten Vortrag mit viel Applaus bedacht wurde.

Dass Blühstreifen alleine ausreichen werden, die Artenvielfalt zu erhalten und das Insektensterben aufzuhalten, bezweifelte Toni Schmid vom Puchheimer Bund Naturschutz. Die Statistik, die er vortrug, stimmte bedenklich. Schon eine ältere Schmetterlingsstudie habe ergeben, dass von 1971 bis zum Jahre 2000 insgesamt 226 Schmetterlingsarten verloren gegangen sind, in den 200 Jahren davor aber nur 191 Arten. Die "Krefeld-Studie" von 2017 führte den Besuchern den Rückgang der Insekten noch drastischer vor Augen, betrug der nämlich 76,6 Prozent. "Die Funktionsfähigkeit und Stabilität von Ökosystemen könnte kippen", befürchtete Schmid. Für ihn ist Artenschutz auch Menschenschutz. "Weniger düngen und die Wiesen aufwerten", forderte er und mehr wilde Gärten und Höfe. Schmid sicher: "Gabionen und Rasenmähroboter sind katastrophal und können nur zur Ausrottung von Insekten beitragen." Dass falsche Ernährung der Spezies Mensch sehr schaden kann, unterstrich Slow Food-Referent Bartels nachhaltig. "Industrielle Backwaren sind ganz schlimm", nannte Bartels ein negatives Beispiel und forderte zu "zivilen Ungehorsam" auf: "Ich kaufe Brot und Semmeln nur beim Bäcker." Baumexperte Horst Blein erinnerte die Besucher an den schonenden Umgang mit Bäumen. So sollte das Schneiden der Bäume nicht im Winter, sondern jetzt in der Vegetationsphase erfolgen. In der Wachstumsphase könnten die Bäume ihre "Wunden" besser korrigieren.

© SZ vom 02.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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