Pfeilschnelle Hunde:Flokis Sensationslauf

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Der Whippet-Rüde legt im ersten Finallauf bei den Wettkämpfen des Windhund-Rennvereins Bayern mit einer Rundenzeit von gut 23 Sekunden vor. "Eine Rakete", sagt der Moderator. In Mammendorf sind am Sonntag 50 Vierbeiner am Start

Von Stefan Salger, Mammendorf

Mit einem Schlag öffnet sich das Gitter der Startbox und vier Tiere schießen heraus auf die Grasbahn. Es sind Whippets, die zu den schnellsten Rennhunden zählen. Sie fliegen förmlich über die 380 Meter, wie Pfeile, die spitzen Schnauzen vorgereckt, manchmal scheinen die Hinterbeine die Vorderbeine zu überholen. Es ist ein echtes Spektakel, das sich am Sonntagnachmittag den Besuchern bietet. Der in Mammendorf ansässige Windhund-Rennverein Bayern feiert mit den Meisterschaften sein 70-jähriges Bestehen. Die meisten Starter kommen aus München, viele haben aber auch eine Anreise von mehreren Hundert Kilometern hinter sich. In elf Finalläufen werden die Sieger in den jeweiligen Gruppen ermittelt.

Whippet Floki in seinem Solo-Finallauf. (Foto: Günther Reger)

Manches erinnert an ein Pferderennen, nur dass die Bahn kürzer ist und hier vor den Schnauzen der Starter mit einem metallischen Sirren eine Hasenattrappe aus bunten Flatterbändern hergezogen wird. Es werden Geschwindigkeiten von um die 65 Kilometern pro Stunde erreicht - erst im Ziel dürfen die Windhunde den "Hasen" kurz beschnüffeln und ins Maul nehmen.

Mangels echter Konkurrenz läuft einer der gut kniegroßen Whippets solo. Sein rotes Leibchen fliegt förmlich um den Rundkurs, er schießt an den zweibeinigen Zaungästen vorbei, die ihm aus kurzer Distanz kaum mit den Augen folgen können und nur noch seine Hinterläufe sehen. "Wie eine Rakete" laufe er, tönt es aus der Lautsprecheranlage, "ein sensationeller Lauf". Ganze 23,35 Sekunden braucht Floki im roten Leibchen mit der Nummer eins für die "Kurzstrecke" von 370 Metern. Diese Zeit wird nicht unterboten - es bleibt der Rekord des Tages. Doch spannender wird es, wenn vier nahezu gleichwertige Windhunde gegeneinander antreten, so wie im vierten Finallauf. Der schnellste Hund der beiden Vorläufe kommt diesmal nicht über den dritten Platz hinaus - in der zweiten Kurve wird er auf der Außenbahn überholt. Der Moderator wertet das als Beleg, dass es nicht nur auf die Höchstgeschwindigkeit ankommt, sondern im Laufe eines anstrengenden Renntags auch auf Ausdauer. Etwas später geht die wilde Hatz im Sechsergespann weiter: Die Basenjis schießen Schulter an Schulter aus der Startbox.

Sabine Waltz aus Aufkirchen ist der Erfolg nicht so wichtig. Aber die beiden Galgos sollen sich mal so richtig austoben können. (Foto: Günther Reger)

Eine kleine Überraschung gibt es bei diesem ersten großen Rennen seit elf Jahren auf der Mammendorfer Anlage mit 50 angetretenen Windhunden dann auch noch: Es sind zwei Greyhounds gekommen. Die großen, schlanken Tiere sind die schnellsten Hunde, sie erreichen bis zu 70 Kilometer pro Stunde. Tempo und Platzierung von Ustinov, 3, und Greta, 5, sind an diesem Tag für Dominik Rudolph, 47, aus München aber zweitrangig. Die Hunde sollen einfach ihren Spaß haben und sich austoben dürfen. Außerdem geht es, wenn sich die Szene trifft, natürlich auch ein bisschen um Sehen und Gesehen werden und die entsprechenden Fachgespräche unter Experten. Die beiden Tiere sind mehrfach ausgezeichnete "Show-Greyhounds", die vor allem für Ausstellungen gezüchtet wurden, also nicht für Rennen. Bei diesen tierischen Schönheitswettbewerben geht es darum, eine möglichst makellose Anatomie vorweisen zu können - Größe, langer Rücken, langer Kopf, tiefe Brust - also möglichst athletisch und gleichzeitig stromlinienförmig. Greta nimmt die Sache denn auch locker: Eine halbe Bahn rennt sie, dann sucht sie sich ein anderes Ziel, springt elegant über den Zaun, läuft quer über den Fußballplatz zwischen Toren und Auswechselbank hindurch, springt auf der anderen Seite mit einem eleganten Satz erneut über den Maschendraht und lässt sich von einem lachenden Herrchen wieder in die Arme schließen. "Die Hunde wollen schon auch verwöhnt werden", sagt der Moderator. Windhunde gelten als sehr ausgeglichen, anhänglich und familienfreundlich. Manche Besitzer lassen die Tiere sogar mal im Bett schlafen, zumindest aber auf ein paar Sofakissen. Trotz des kurzen Fells sei es aber ein Irrtum, dass Windhunde nicht haarten.

Vier Windhunde sprinten aus der Startbox, um auf den nächsten 370 Metern den Sieger zu ermitteln. (Foto: Günther Reger)

Fricka und Freya sind an diesem Tag außer Konkurrenz da. Sie verfolgen die Rennen durchaus interessiert, stecken dann aber die Schnauze lieber unter die Hecke - da riecht es vielversprechend. Windhunde können es also nicht sein. Denn die sind zwar auch Jagdhunde, spüren ihrer Beute aber nur "auf Sicht" nach - sie haben keinen guten "Riecher", um einer Fährte zu folgen. Die beiden ein Jahr alten Geschwister sind Rauhaardackel, deren Beine nun doch etwas zu kurz wären für ein spannendes Schnauze-an-Schnauze-Rennen. Willi Burkhardt hat aus Himmelwies im Bayerischen Wald auch den Afghanen mit dem klangvollen Namen Bhanu el Qasir mitgebracht. Der hat bereits ein für Windhunde fortgeschrittenes Alter von acht Jahren erreicht und darf bald nicht mehr bei Rennen antreten. Sein Spezialgebiet ist eigentlich auch eher das Coursing, auf dem die Hunde eine Art Hindernisparcours bewältigen müssen. Um so beeindruckender ist sein vierter Platz in den Vorläufen.

Zwei Hunde führt Sabine Waltz aus Aufkirchen im Landkreis an der Leine. Sportlichen Ehrgeiz hat sie nicht. Es soll einfach ein schöner und ausgelassener Nachmittag werden für die beiden schlanken Galgos, für die zehn Jahre alte Shiva und den zwei Jahre alten Weeko. Auch wenn hier Dabeisein alles ist, siegt Weeko ganz nebenbei in zwei Vorläufen. Die beiden für die Hasenjagd gezüchteten Tiere habe sie aus Spanien gerettet, erzählt Sabine Waltz. Regelmäßig ist sie mit dem Fahrrad unterwegs, um ihren Hunden genügend Auslauf zu verschaffen. Früher, in der Stadt, sei das eher leichter gewesen, da durften sie im Stadtpark toben. Auf dem Land sei es gar nicht so optimal. Denn ganz von der Leine lassen könne man die Tiere kaum, nicht nur wegen der Jäger oder Bauern - sähen sie einen Hasen, wären sie auf und davon. Da nämlich gibt es keine so tolle Bahn, auf der die Hunde noch so schnell laufen können und doch immer wieder an den Startpunkt zurückkehren, wo ihre zweibeinigen Begleiter sie erwarten.

Am 31. August findet in Mammendorf eine Ausstellung ("Schönheitswettbewerb") statt, am 1. September dann ein "Jederhunderennen"

© SZ vom 29.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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