Performance:1. Akt: Der Tanz

Martin Stiefel und sein Kochtopfdeckelkleid

Scheppern. Klirren. Unter tosendem Lärm purzelt Martin Stiefel aus einer alten Blechwanne. Am Körper trägt er sein Kostüm aus Kochtopfdeckeln. Sein Gesicht ist von einer gelben Maske verdeckt. Nur die rot geschminkte Nase und der Mund sind zu sehen. Langsam zieht er sich an der Wanne hoch, hält sich fest. Plötzlich flitzt er auf allen Vieren durch den Raum. Ebenso abrupt stoppt er. Behäbig erhebt er sich, trampelt über den Boden, hüpft beidbeinig voran. Ständig begleitet von einem fast unerträglichen Lärm. Dann wird die Wanne zur Tanzpartnerin, Stiefel rollt sie über den Boden, gibt mit ihr den Takt vor, bis sie zum Stehen kommt und kippt. Wie ein wilder Gorilla springt er nun auf den Boden der Wanne, flüchtet in die Ecke des Raumes, wiederholt den Vorgang. Es ist eine Performance, die zwischen rituellem Tanz, verunsichertem Zusammentreffen und Blödelei oszilliert. Archaisch und ästhetisch. In der Ausstellung ist die Entstehungsgeschichte des Kostüms dokumentiert: Vor mehr als 20 Jahren hat Stiefel ein Holzkreuz mit eben diesen Deckeln dekoriert. Ein Video zeigt, wie er - splitterfasernackt - das Kreuz zersägt und die Deckel abnimmt. Aus den Nägeln hat er ein kinetisches Objekt gemacht, das ebenfalls zu sehen ist. Alles ein großes Sakrileg. Oder doch ein Akt der Befreiung und Selbstfindung?

© SZ vom 04.12.2018 / flha - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: